"Historischer erster Schultag", schreibt Gazet van Antwerpen. "Unterricht beginnt vorsichtig", so De Morgen auf seiner Titelseite. "Die Schule ist plötzlich eine Welt aus Plexiglas und Handgel", hebt Het Laatste Nieuws ein Zitat auf Seite eins.
Montag beginnt im Rahmen von Phase zwei der Lockerung der Corona-Beschränkungen wieder der Unterricht. Zumindest teilweise. Und manche Schulen machen schon heute eine Art Testlauf.
Damit die Wiederaufnahme des Unterrichts sicher ablaufen kann, gibt es detaillierte Drehbücher für die Schulen, hält De Standaard fest. Aber deren strenge Umsetzung hat Direktoren und Lehrkräfte so viel Energie gekostet, dass fraglich ist, ob die Schulen ihre eigentlichen Aufgaben noch erfüllen können: zu unterrichten, intellektuell herauszufordern und soziale und emotionale Fähigkeiten zu lehren.
Es steht außer Frage, dass die Bildungseinrichtungen jetzt viel lernen können – aber als Modell für den Beginn des nächsten Schuljahrs taugt es nicht. Allein schon aus Platz- und Personalgründen. Wir werden kreativer werden müssen, um Ansteckungen zu vermeiden. Und wir werden akzeptieren müssen, dass es kein risikoloses Zusammenleben gibt. Tun wir das nicht, wird der kollaterale Schaden für unsere Jugend noch größer sein, als der durch das Virus selbst, appelliert De Standaard.
Für Het Nieuwsblad ist klar: Es gibt nur eine Richtung: mutig vorwärts! Der Schulneustart ist auch wichtig, um den Kindern eine Art Routine und Normalität zurückzugeben. Die Rückkehr ist seit Phase eins die einzige Lockerung, die ihnen gegönnt wird. Ansonsten gibt es nur sehr wenig, was ihr Leben wieder angenehmer macht. Und nicht vergessen: Es wird die junge Generation sein, die den größten Teil der Corona-Zeche zahlen muss. Und zwar für eine lange Zeit. Und als Belohnung dafür kriegen sie eben quasi nichts. Es wird höchste Zeit, dass wir ihnen mehr bieten als nur eine Rückkehr zur Schule, fordert Het Nieuwsblad.
Mut ist, zu beginnen, mit dieser Unsicherheit zu leben
La Libre Belgique denkt in ihrem Leitartikel an die etwas Älteren. Nämlich an die, die im Jahr 2020 20 Jahre alt werden. In diesem Alter hat man normalerweise verrückte Pläne, man reist um die Welt, man feiert. Man liebt, berührt, umarmt, umklammert sich. Corona hat dem ein Ende bereitet. Und nicht erst seit jetzt werden die jungen Menschen ausbaden müssen, was ihnen ihre Vorgänger eingebrockt haben. Obendrauf kommen nun Rezession, eine schwierigere Jobsuche, ein erzwungenermaßen schlichterer Start ins Leben.
Deshalb müssen wir uns um die Jugend kümmern. Auch wenn die Gesundheitskrise besorgniserregend und die wirtschaftliche beunruhigend ist – eine Krise der Hoffnung könnte ihren Lebenselan brechen. Aber diese schwere Zeit hat den Jungen auch klargemacht, dass man nicht ohne Solidarität, ohne gegenseitige Hilfe leben kann. Dass das Leben zerbrechlich ist. Dass man Projekte auch gegen Widerstände durchziehen kann. Mut ist, zu beginnen, mit dieser Unsicherheit zu leben, meint La Libre Belgique.
"Fuß vom Gas"
Für Het Belang van Limburg scheint derweil offensichtlich, dass die Lockerungen bei vielen ein falsches Gefühl der Sicherheit bewirken. Und das, obwohl Wachsamkeit wichtiger denn je ist. Solange es keinen Impfstoff gibt, werden wir ein ständiges Gleichgewicht zwischen der Exit-Strategie und der Ansteckungsrate halten müssen. Das bedeutet auch, dass wir den Mut haben müssen, um wieder Einschränkungen einzuführen. Und das trotz sicherlich mehr Kritik als beim Ausbruch der Krise. Es ist auch die Aufgabe der Medien, keine falschen Hoffnungen zu wecken, sondern die Realität abzubilden. Und die sagt: Fuß vom Gas, keine weiteren Lockerungen, mahnt Het Belang van Limburg.
Zur Vorsicht rät auch das GrenzEcho: Aktuell ist es überlebenswichtig, vom Schlimmsten auszugehen und die Risiken und eben nicht die Chancen in den Fokus zu rücken. Wir müssen uns zentimeterweise vorantasten, jeder Handgriff muss sitzen. In Corona-Zeiten hat man nicht den Luxus, aus Fehlern lernen zu können, sondern muss mit ihnen leben, so das GrenzEcho.
Ein riskantes Spiel
Je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr begreifen wir, wie lang das alles noch dauern wird, analysiert Gazet van Antwerpen. Wir wissen, wo wir herkommen, aber nicht, wo die Reise hingeht. Die Seuche wird noch viele Monate lang eine Bedrohung bleiben. Und bedrohlich sieht auch die wirtschaftliche Zukunft aus. Wer soll die Kosten der Krise bezahlen? Wie fangen wir die vielen Arbeitslosen auf? Wie stärken wir das Gesundheitssystem, während wir Millionen einsparen müssen? Und: Wann kriegen wir endlich wieder eine Regierung, die das alles in die richtigen Bahnen lenkt? Nach all den Anstrengungen der Bevölkerung ist es jetzt an der Politik, einen ernsthaften Beitrag zu leisten. Und damit ist nicht eine Diskussion über Wahlen gemeint. Sondern die Bildung einer vollwertigen Regierung, fordert Gazet van Antwerpen.
Auf die Politik blickt auch L'Avenir: Langsam aber sicher kommen wieder die politischen Gegensätze zum Vorschein, werden die Rufe nach der Bildung einer Regierung oder Neuwahlen lauter. Das ist riskant, gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen. Wären alternative Formeln für eine Regierung nicht denkbar? Im Sinne einer nationalen Einheit, um die medizinischen, menschlichen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen, die uns noch auf Monate begleiten werden? Es ist ganz und gar nicht sicher, dass der Bürger dem Wiederbeginn der politischen Spielchen auf dem Pausenhof oder gar einer Diskussion über die institutionelle Zukunft des Landes viel abgewinnen wird. Angesichts dessen, dass er nicht weiß, wie er seinen Job behalten soll, wie er morgen leben wird oder wie lange er noch sein ganzes Alltagsleben wegen des verfluchten Virus opfern müssen wird, warnt L'Avenir.
Boris Schmidt