"Die Krankenhäuser befürchten eine Überlastung", titelt besorgt Le Soir. "Unsere Krankenhäuser sind nahe an der Übersättigung", schreibt auch La Dernière Heure im Innenteil. In den letzten Tagen sind einige Zahlen sprunghaft angestiegen. Zum Beispiel die Zahl der Patienten, die neu in ein Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Die Zahl der Patienten, die stationär behandelt werden müssen, verdoppelt sich im Moment alle vier Tage, wie Le Soir weiter berichtet. Wenn das so weitergeht, dann wird es irgendwann zu viel.
Einige Zeitungen blicken denn auch schon nach vorn. Am Nachmittag wird der Nationale Sicherheitsrat zusammenkommen, um die Lage zu bewerten. Und um gegebenenfalls die getroffenen Maßnahmen nachzujustieren.
"Die Corona-Regeln stehen kurz vor einer Verlängerung", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen verlängert werden. Einige Blätter verzichten schon auf den Konjunktiv: "Die Maßnahmen werden verlängert, und das wohl nicht zum letzten Mal", titelt Het Laatste Nieuws.
De Morgen ist noch präziser: "Wir werden zwei Wochen länger zuhause bleiben müssen". Beide Blätter berufen sich auf Experten und Politiker, für die offensichtlich kein Zweifel daran besteht, dass an einer Verlängerung der Ausgangsbeschränkungen kein Weg vorbeiführt.
Jeder gewonnene Tag ist wichtig
"Und das haben wir wohl auch den Starrköpfen unter uns zu verdanken", meint anklagend Het Nieuwsblad. Bislang haben die Ausgangsbeschränkungen jedenfalls nicht das erhoffte Ergebnis gebracht. Das liegt teilweise an der Hartnäckigkeit des Virus. Ein Grund ist aber auch, dass die Regeln immer noch nicht konsequent genug befolgt werden.
Wie auch im Straßenverkehr gibt es immer eine Minderheit der Bevölkerung, die glaubt, dass die Regeln nur für die anderen gelten. Und wie so oft muss die Mehrheit wegen dieser Minderheit die Konsequenzen tragen.
Soziale Kontrolle ist zwar eigentlich ein Unwort. Aber in diesen Zeiten ist es wohl nicht verkehrt, den einen oder anderen offen darauf anzusprechen, wenn er sich unsozial verhält. Hier geht es um Menschenleben. Und der Staat kann dieses Problem nicht alleine lösen, so Het Nieuwsblad.
Ausgangsbeschränkungen sind in jedem Fall unsere beste Waffe gegen diese Krise, meint L'Avenir. Belgien steht im Vergleich zu anderen Ländern eigentlich noch recht gut da. Zwar ist es zu früh für eine Bilanz – aber eines steht fest: Jeder gewonnene Tag im Kampf gegen die Pandemie sorgt dafür, dass die Krankenhäuser entlastet werden. Und, wenn die Ausgangsbeschränkungen verlängert werden, dann ist das immer das kleinere Übel.
Der Nationale Sicherheitsrat könnte am Nachmittag auch einige Schrauben noch ein bisschen anziehen. Gestern hatte ja die Polizei klarere Regeln gefordert, etwa in der Frage, wie weit sich Fußgänger oder Radfahrer von ihrem Wohnsitz entfernen dürfen. Und da könnten Obergrenzen verhängt werden.
"Bitte nicht!", wendet sich Het Laatste Nieuws fast flehentlich an die Verantwortlichen. Klar: Jedem ist bewusst, dass wir uns in einer nie dagewesenen Krise befinden. Und jeder weiß, dass da strenge Maßnahmen absolut unerlässlich sind. Und es ist auch richtig, dass die Polizei hart durchgreift, wenn irgendwelche Unbelehrbaren sich offensichtlich nicht an die Regeln halten. Die Frage mag dennoch erlaubt sein, inwieweit ein einsamer Jogger oder Radfahrer zur Verbreitung des Virus beiträgt.
Das alles ist schon schwer genug. "Versucht doch bitte, uns so lange wie möglich noch einen letzten Rest Freiheit zu gönnen!", fordert die Zeitung Het Laatste Nieuws.
Transparenz und an einem Strang ziehen
Einige Zeitungen kommentieren die innenpolitische Lage, nachdem die Kammer ja gestern der Regierung Sondervollmachten übertragen hat. L'Echo ist absolut einverstanden: "Wir müssen schneller sein als das Virus", meint das Blatt.
Es geht hier in jedem Fall nicht darum, die politische Debatte abzuwürgen. Es ist nur so: Jedes Zögern, jede Verzögerung sorgen dafür, dass die Ausgangsbeschränkungen länger dauern, und vor allem, dass mehr Patienten sterben, schreibt L'Echo.
De Standaard fordert nichtsdestotrotz Transparenz: Das ist mindestens genauso wichtig wie schnelles Handeln. Ab jetzt werden die Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen.
In Krisenzeiten wirken gegenlaufende Meinungen offensichtlich störend. Für die Parlamentarier brechen jetzt harte Zeiten an. Sie sollten sich aber nicht darauf beschränken, den jeweiligen Parteistandpunkt herunterzubeten oder Lobeshymnen auf die Leistungen ihrer jeweiligen Minister anzustimmen. Vielmehr sollten sie versuchen, sich mit konstruktiven Vorschlägen einzubringen.
Das Ganze hat allerdings suboptimal angefangen, meint Le Soir. Gestern in der Kammer wurden die zuständigen Minister mit Kritik bombardiert. Und das auch von den Fraktionen, die der Regierung doch eigentlich das Vertrauen ausgesprochen hatten.
Wobei man zugeben muss: Es ist tatsächlich schwierig, angesichts der Nöte in den Krankenhäusern stillzuhalten. Dennoch sollten jetzt alle versuchen, die Nerven zu behalten, die Komplexität der Lage zu berücksichtigen, an einem Strang zu ziehen, so Le Soir.
Die 33-Milliarden-Euro-Frage
Und dann ist da noch der Haushalt: Durch die Krise wird aus dem ohnehin schon großen Haushaltshaltloch ein gigantisches. Die Rede ist von einem Defizit von 33 Milliarden Euro - allein in diesem Jahr.
An sich ist die Entscheidung richtig, meint De Tijd. Der Staat muss jetzt Geld in die Hand nehmen, um die Wirtschaft zu retten und die Kaufkraft der Bürger zu erhalten. Die Alternativen wären in jedem Fall noch schlimmer.
Diesen Schock kann man nur kollektiv auffangen. Die Frage ist nicht, ob das zu viel ist. Die wirkliche Frage ist: Wie investieren wir dieses Geld am effizientesten? Wie sorgt man dafür, dass diese 33 Milliarden Euro wirklich da eingesetzt werden, wo sie am sinnvollsten angelegt sind? Das ist die 33-Milliarden-Euro-Frage, schreibt De Tijd.
Roger Pint