"Georges-Louis Bouchez, der unitaristische königliche Informator, schockt Flandern", titelt La Libre Belgique. "Informator Bouchez wirbelt viel Staub auf", so die Schlagzeile beim GrenzEcho. "Der halbe Fehlschritt von Georges-Louis Bouchez", notiert Le Soir auf Seite eins.
Der MR-Vorsitzende Georges-Louis Bouchez sorgt heute nicht nur für Schlagzeilen, sondern steht auch im Zentrum der meisten Leitartikel. Bouchez hatte in einem Interview mit der Zeitschrift "Wilfried" gesagt, dass er am liebsten wieder einen belgischen Einheitsstaat haben würde. Flamen und Wallonen unter einem gemeinsamen Dach ohne Regionen und Gemeinschaften würde die beste Zukunft für Belgien bedeuten.
Dazu kommentiert La Libre Belgique: Das war ein ganz schlechter Zeitpunkt, um mit einer solchen Meinung an die Öffentlichkeit zu treten. Die Idee an sich ist ja vielleicht gar nicht so falsch und kann durchaus diskutiert werden. Bouchez darf als Politiker auch gerne von ihr überzeugt sein. Aber Bouchez ist zurzeit Informator. In dieser Rolle ist es völlig unpassend, so eine polarisierende Meinung hinaus zu posaunen. Eine Idee, die in Flandern alles andere als gut ankommt. Als Informator hat man sich rein auf diese Aufgabe zu konzentrieren und zu allem anderen zu schweigen, erinnert La Libre Belgique.
Radikal, aber gerade deshalb gut?
Le Soir teilt diese Auffassung, meint aber auch: Wenn Bouchez durch seine Äußerungen möglicherweise an Glaubwürdigkeit als Informator eingebüßt hat, so hat er unweigerlich an Aufmerksamkeit und Popularität gewonnen. Die Flamen haben am Donnerstag mal einen Eindruck von diesem Quertreiber der wallonischen Politik bekommen. Und dass er mit seiner Idee nicht ganz daneben lag, zeigt sich daran, dass er nicht öffentlich hingerichtet wurde. Ein belgischer Einheitsstaat, um mehr Effizienz zu erreichen? Das klingt radikal, ist aber vielleicht deshalb gerade für so manchen eine Perspektive, überlegt sich Le Soir.
In die gleiche Richtung gehen die Gedanken von Het Laatste Nieuws. Die Zeitung führt aus: Im vergangenen September hat eine Umfrage von unter anderem unserer Zeitung gezeigt, dass auch viele Bürger die Idee eines Einheitsstaates attraktiv finden. Ein Viertel der Flamen und sogar 61 Prozent der Frankophonen sahen damals die beste Zukunft für unser Land in einem Einheitsstaat. Ist das nur Nostalgie oder doch ernst zu nehmen? Unter den politischen Parteien scheinen nicht nur die Liberalen, sondern auch die Grünen einige Vorteile in einem einheitlichen Belgien zu sehen. Wobei das Belgien von Bouchez auf die Vergangenheit verweist. Und das Belgien von Groen-Politiker Kristof Calvo als ein modernes, vielfältiges und ehrgeiziges Belgien ohne Komplexe Richtung Zukunft schaut, vergleicht Het Laatste Nieuws.
Eine große Klappe reicht nicht
Het Nieuwsblad dagegen hat kein Verständnis für Bouchez und notiert: Die große Bouchez-Show, die jetzt schon seit ein paar Wochen läuft, hat unser Land nicht vorangebracht. Eine Regierungskoalition zeichnet sich nicht ab, und der Vorstoß mit der Einheitsidee macht alles nur noch schwieriger. Charles Michel sollte seinen Nachfolger an der Spitze der MR unbedingt mal anrufen. Um ihm zu sagen, dass eine große Klappe und Selbstüberschätzung nicht reichen, um Politik zu machen, rät Het Nieuwsblad.
Das GrenzEcho schüttelt den Kopf. Was hat wohl den neuen MR-Vorsitzenden Georges-Louis Bouchez geritten, als er sich in "persönlichen Visionen" zu einem Einheitsstaat Belgien ergoss? Als "königlicher Informator" jedenfalls hat sich Bouchez damit selbst abgeschossen. König Philippe bleibt nichts anderes übrig, als ihn und seinen Mitstreiter Joachim Coens zu entlassen und sich selbst wieder auf "Los" zu begeben. Philippe hat dann kaum eine andere Wahl, als das N-VA-Schwergewicht Bart De Wever in den Ring zu schicken. Scheitert auch der, geht es wohl wieder zu den Urnen: im halbwegs föderalen Belgien, glaubt das GrenzEcho.
Eine typisch liberale Idee
De Standaard beschäftigt sich mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtes, die Cash-for-Car-Regelung zu verwerfen und kommentiert: Die Idee war zu schön, um wahr zu sein. Wer auf seinen Firmenwagen verzichtet, soll dafür Geld bekommen, das allerdings von jeglichen Abgaben befreit ist. Das war die Idee der vergangenen Regierung. Eine typisch liberale Idee. Der Bürger sollte selbst entscheiden, ob er von der Möglichkeit Gebrauch macht. Das haben nur ganz wenige getan. Was bei der Liebe der Belgier zu ihrem Auto durchaus vorhersehbar war. Jetzt müssen neue Ideen her, um dem Problem der Firmenwagen Herr zu werden, meint De Standaard.
Die Wirtschaftszeitung De Tijd notiert zum Weltwirtschaftsforum in Davos: US-Präsident Trump hat in der Schweiz einen neuen Konflikt angezettelt. Diesmal mit Europa. Ein Handelskrieg drohe, so Trump, wenn Europa sich nicht auf einen Handelsvertrag mit den USA einließe. Das zeigt wieder einmal, dass die Welt immer mehr auf diese bipolaren Verträge aufgebaut wird. Muss Europa die Verhandlungen zu solchen Verträgen mit den USA, aber auch China und Russland fürchten? Nicht wirklich. Europa ist wirtschaftlich stark genug, um eigene Forderungen durchzusetzen. Zum Beispiel die der Nachhaltigkeit im Hinblick auf Umwelt und Klima. Das Problem allerdings könnte sein, dass Europa politisch nicht geeint genug auftritt, um seine Position mit Nachdruck zu vertreten, befürchtet De Tijd.
Kay Wagner