"Zakia Khattabi, das Symbol der belgischen Blockade", titelt Le Soir. "Grünen-Klatsche mit Folgen", notiert das GrenzEcho auf Seite eins.
Die ehemalige Co-Vorsitzende von Ecolo, Zakia Khattabi, ist gestern bei ihrem Versuch gescheitert, vom Senat zur neuen Richterin am Verfassungsgericht gewählt zu werden. In zwei Wahlgängen erreichte sie nicht die nötige Zweidrittelmehrheit der Stimmen. Die Senatoren von N-VA und Vlaams Belang hatten bereits vor der Abstimmung angekündigt, gegen Khattabi zu stimmen. Angeblich ist es das erste Mal, dass ein Kandidat für das Verfassungsgericht vom Senat abgelehnt worden ist.
Le Soir regt sich darüber auf: Das ist eine schallende Ohrfeige für Khattabi und ihre Partei. Ein Tiefschlag für die Frauen in der Politik und das Verfassungsgericht selbst. Die Ablehnung erzeugt ein tiefes Unwohlsein. Woher kommt der Hass, und das Wort ist bewusst gewählt, der zur Ablehnung von Khattabi geführt hat? Im Vorfeld der Wahl war gleichsam Jagd auf sie gemacht worden. Dabei wurde auch vor Lügen nicht haltgemacht. Die rechten Parteien warfen ihr linken Aktivismus vor. Man kann über die politischen Überzeugungen von Khattabi geteilter Meinung sein, aber sie hat sich immer mit Vehemenz für die Verteidigung der Demokratie eingesetzt, so Le Soir.
Rechte Kampagne oder linker Aktivismus?
La Libre Belgique hält fest: Natürlich gibt es einige Argumente, um gegen Khattabi zu stimmen. Sie hat keine juristische Erfahrung. Sie sollte nach ihrem Ausscheiden als Ecolo-Co-Vorsitzende von ihrer Partei mit einem lukrativen Posten belohnt werden. Das rechtfertigt aber nicht die schmutzige Kampagne, die N-VA und der Belang gegen Khattabi geführt haben. Die beiden Parteien, die sich so hervorragend verstehen, haben damit nur ein Ziel verfolgt, nämlich das politische Klima weiter zu vergiften. Das wird auch Auswirkungen haben auf die Bemühungen, eine neue Föderalregierung zu bilden, bedauert La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws findet: Der triftigste Grund für die Ablehnung von Khattabi ist, dass sie sich in ihrer Zeit als aktive Ecolo-Politikerin als linke Aktivistin deutlich profiliert hat. Es war Khattabi, die in der Kammer keinen Eid ablegen wollte, wenn Dries Van Langenhove dem Vorsitzenden assistiert hätte. Khattabi machte Theo Francken für den Tod der kleinen Mawda verantwortlich. Sie fand es unnötig, dass die Ecolo-Jugend sich für die Francken-Fotomontage in Nazi-Uniform entschuldigt. Sie verweigerte Bart De Wever den Händedruck und so weiter. Als Politikerin darf sie das, wenn sie will, darf sich dann aber nicht wundern, wenn sie von den rechten flämischen Parteien abgelehnt wird, meint Het Laatste Nieuws.
Auch De Standaard hat kein Mitleid mit Khattabi und führt aus: Wer als Richter am Verfassungsgericht tätig sein will, muss die Fähigkeit haben, über den Dingen zu stehen. Khattabi hat noch nicht gezeigt, dass sie das kann. Meistens werden ältere Politiker von den Parteien vorgeschlagen, um Richter am Verfassungsgericht zu werden. Das hat seinen Grund. Diese Politiker haben meist langjährige Erfahrung und können den Anforderungen der staatstragenden Einrichtung gerecht werden. Ecolo täte gut daran, Khattabi nicht noch einmal als Richterin vorzuschlagen, rät De Standaard.
Nach vorne blicken
L'Avenir zeigt sich neutral und analysiert: Ecolo wollte mit seiner Kandidatin etwas Neues probieren. Mit Khattabi hatten die Grünen eine noch relativ junge Politikerin ins Rennen geschickt. Das entspricht nicht der Tradition, dass eher Politiker am Ende ihrer Karriere einen Sitz im Verfassungsgericht bekommen sollen. Als Frau mit Migrationshintergrund hätte sie frischen Wind und Diversität in das Gericht gebracht. Einen Versuch war es wert. Versuche können gelingen, oder scheitern. Diesmal ist er gescheitert. Jetzt muss man nach vorne blicken, meint L'Avenir.
De Morgen empfiehlt: Vor dem Hintergrund des jetzt entbrannten Streits um die Ablehnung von Khattabi wäre es gut, klare Kriterien festzulegen, die ein Kandidat erfüllen muss, der Richter am Verfassungsgericht werden will. Dann könnte man schauen, ob der Kandidat diese Kriterien erfüllt oder nicht. Eine Ablehnung wäre dadurch leichter nachzuvollziehen, regt De Morgen an.
Das GrenzEcho beschäftigt sich mit der Föderalregierung und stellt fest: Belgien ist bereits seit über 13 Monaten ohne handlungsfähige Regierung: ein echter Skandal. Ob bald oder in vier Jahren gewählt wird – die Rechnung wird kommen. Sie wird gesalzen sein, auch für PS und N-VA. Wetten, dass die, die heute aus parteipolitischem Kalkül nicht zu Potte kommen, alles tun werden, dem Bürger dann die Schuld in die Schuhe zu schieben?, prophezeit das GrenzEcho.
Zentrales Thema: die Klimarettung
L'Echo blickt nach Davos, wo am kommenden Dienstag das Weltwirtschaftsforum beginnen soll, und kündigt an: Die Sorge um unseren Planeten wird das zentrale Thema sein. Wirkungsvoll können Maßnahmen zur Rettung des Klimas aber nur dann werden, wenn die führenden Weltmächte diesen Sorgen um das Klima Rechnung tragen. Zum Beispiel auch bei ihren jeweiligen Handelsabkommen. Bei der jüngst getroffenen Einigung zwischen China und den USA ist das nicht passiert. Das muss sich ändern, damit die Initiativen einzelner Unternehmen auch globale Wirkung entfalten können, fordert L'Echo.
Kay Wagner