"Die Bildung einer Regenbogenkoalition scheint begonnen zu haben", titelt Het Laatste Nieuws. "Magnette setzt Regenbogen in einem Geheimtreffen auf die Spur", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Magnette trennt sich von N-VA und CD&V", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Am Samstagabend hat es laut Medienberichten ein Geheimtreffen der flämischen und frankophonen Sozialisten, Grünen und Liberalen auf Einladung von Informator Paul Magnette gegeben. Diese drei Parteifamilien zusammen könnten eine sogenannte Regenbogenkoalition auf föderaler Ebene bilden. Sie hätten eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme im Parlament.
La Libre Belgique überlegt: Hat eine solche Regenbogenkoalition Aussicht auf Erfolg? Mit einer Stimme Mehrheit in der Kammer? Gestärkt durch DéFI und CDH? Theoretisch ja. Politisch sehr schwer – aber nicht unmöglich. Die flämischen Liberalen würden ein großes Risiko eingehen: Sie wären die einzige Mitte-rechts-Partei aus Flandern in einer Regierung, die als Mitte-links zu bezeichnen wäre.
Ist das selbstmörderisch? Vielleicht. Aber in der letzten Föderalregierung hatte die MR eine ähnliche Rolle. Sie war die einzige frankophone Partei mit drei flämischen Partnern. Viele sagten damals ein frühes Scheitern der Koalition voraus. Wer hätte gedacht, dass sich Michel letztlich vier Jahre lang behaupten würde?, fragt rhetorisch La Libre Belgique.
Druck auf N-VA und CD&V
Het Belang van Limburg analysiert: Mit diesem Geheimtreffen erhöht Paul Magnette den Druck auf N-VA und CD&V. Die müssen jetzt Farbe bekennen: Wollen die beiden Parteien regieren oder nicht? Sollte es letztlich doch auf den Regenbogen hinauslaufen, bleibt die Frage, ob die Open VLD wirklich bis zum Ende dabei bleibt. Denn es bleibt ein riskantes Spiel, was die flämischen Liberalen da begonnen haben.
Motiviert ist das durch die persönlichen Ambitionen der Parteivorsitzenden Gwendolyn Rutten. Sie hofft, in einer Regenbogenkoalition Premierministerin werden zu können. Es bleibt fraglich, ob die Parteibasis das mitträgt, gibt Het Belang van Limburg zu bedenken.
Het Laatste Nieuws erinnert: Auch wenn jetzt der Regenbogen ein bisschen konkreter geworden ist – die beste Option bleibt eine "burgundische" Koalition, eine Regierung mit PS und mit N-VA. Einfach, weil es die beiden stärksten Parteien der beiden Landesteile sind.
Bart De Wever sollte dieses Treffen jetzt als Warnschuss verstehen. Die N-VA muss sich von ihrer Konföderalismus-Forderung verabschieden, um sich um die anderen Themen zu kümmern. Die Zeit der Spielchen ist vorbei. Unmöglich ist die burgundische Koalition nicht, glaubt Het Laatste Nieuws.
Belgien droht, in Sachen Klima abgehängt zu werden
Le Soir beschäftigt sich mit der Weltklimakonferenz, die heute Abend in Madrid beginnt, und notiert: Es ist der 25. Weltklimagipfel, der mittlerweile stattfindet. Durchschlagende Erfolge haben diese Treffen praktisch nicht gehabt. Viel wurde geredet, einiges beschlossen, ganz wenig getan. Besonders die vergangenen zehn Jahre werden von den Vereinten Nationen als "verlorenes Jahrzehnt" bezeichnet.
Es ist höchste Zeit, das zu ändern. Es ist spät, aber trotzdem ist jeder Schritt zum besseren Schutz der Umwelt und des Klimas ein guter Schritt, wenn er denn ernst gemeint ist und umgesetzt wird. Und das betrifft auch den Alltag von uns allen, unser exzessives Konsumverhalten und unseren verschwenderischen Lebensstil. Das müssen wir unbedingt ändern, fordert Le Soir.
Zum gleichen Thema stellt Gazet van Antwerpen fest: Flanderns neue Umweltministerin Zuhal Demir hat gerade erst gesagt, dass Flandern die Klimaziele für 2030 nicht erreichen wird. Auch auf föderaler Ebene tut sich nichts. Die Schülerproteste für eine bessere Klimapolitik bekommen immer mehr Gegenwind aus der Politik.
Mittlerweile investieren Privatunternehmen mehr in Umwelt- und Klimamaßnahmen als der Staat. In anderen Ländern werden solche Maßnahmen von der Regierung gefördert – bei uns nicht. Belgien droht, in Sachen Klima abgehängt zu werden, bedauert Gazet van Antwerpen.
Könnte so etwas auch bei uns passieren?
De Standaard macht sich Gedanken zum Attentat eines vorzeitig freigelassenen Dschihadisten in London, der am Freitag zwei Menschen erstochen hatte, und fragt: Könnte so etwas auch bei uns passieren? Theoretisch ja. Und mit den jetzt aus Syrien und dem Irak zurückkehrenden IS-Kämpfern wird die Gefahr nicht kleiner.
In Belgien kann ihnen kein ordentlicher Prozess vor einem Geschworenengericht gemacht werden, weil die Beweislage für ihre Gräueltaten zu dünn ist. Von einem Strafgericht können sie zu höchstens fünf Jahren Gefängnis verurteilt werden. Danach kommen sie wieder frei, ohne vielleicht geläutert zu sein.
Viel kommt deshalb auf die Arbeit der Menschen an, die sich während der Haft um die Entradikalisierung der Dschihadisten kümmern. Ein Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings nicht garantiert, warnt De Standaard.
Zur Wahl des neuen MR-Parteivorsitzenden Georges-Louis Bouchez schreibt La Dernière Heure: Jetzt ist Bouchez da, wo er hin wollte. Der Mann, der bei den vergangenen Wahlen nicht gewählt wurde, kann sich jetzt als Parteichef beweisen. "Bouchez wird kritisiert, weil er brillant ist", sagt MR-Urgestein Louis Michel. Jetzt wird sich zeigen, ob das stimmt, so La Dernière Heure.
Kay Wagner