"Familienfest in Russland", titelt Het Nieuwsblad. "Rote Teufel gewinnen ihre Gruppe und sind noch ohne Punktverlust", heißt es auf der Titelseite von Gazet van Antwerpen. "Die Roten Teufel sind Favorit bei der EM", meint schon Le Soir auf Seite eins.
Fast alle Zeitungen jubeln über die Qualifikation der Roten Teufel als Gruppensieger zur Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr. Auch in Russland gewann Belgien am Samstag sein vorletztes Gruppenspiel. Und das in eine Art, die die Zeitungen zum Schwärmen bringt.
Gazet van Antwerpen kommentiert: Die russische Mannschaft war sicher nicht der stärkste Gegner, gegen den man spielen kann. Trotzdem war das, was die Roten Teufel gezeigt haben, überragend. Vor allem in der ersten Halbzeit haben sie einen fast perfekten Fußball gezaubert. Nur 20 Zentimeter hatte Thorgan Hazard Platz – und Beng! Schon rappelte es im russischen Tor.
Kevin De Bruyne scheint blind zu wissen, wo seine Mitspieler stehen, um sie haargenau mit Zuckerpässen zu bedienen. Einen dynamischeren Spieler als Dries Mertens findet man auf Europas Fußballfeldern zurzeit wohl nicht. Und dabei haben wir noch gar nicht von Eden Hazard und Lukaku gesprochen. Heißt das, dass wir jetzt automatisch Europameister werden? Sicher nicht. Aber die Duftmarke ist eindrucksvoll gesetzt, lobt Gazet van Antwerpen.
Magnette arbeitet geschickt
Informator Paul Magnette wird heute Nachmittag von König Philippe empfangen. Der PS-Chef soll dabei dem König Bericht erstatten über seine Sondierungsgespräche in Hinblick auf die Bildung einer neuen Föderalregierung.
Dazu meint Het Laatste Nieuws: Sowohl Freunde als auch Feinde können feststellen, dass Magnette seine Aufgabe sehr geschickt angegangen ist. Dadurch, dass er die frankophonen Mini-Parteien Défi und CDH wieder mitberücksichtigt hat, hat er seine Optionen vergrößert und anderen Parteien deutlich machen können, dass sie nicht so unumgänglich sind, wie sie bislang gedacht haben.
Die N-VA wird außerdem gemerkt haben, dass sie bei dem Thema Staatsreform ziemlich allein dasteht. Von keiner anderen Partei wird Magnette gehört haben, dass eine Staatsreform gewünscht ist, unterstreicht Het Laatste Nieuws.
Auch Het Belang van Limburg stellt fest: Magnette verbreitet Optimismus – außer wahrscheinlich bei der N-VA. Die sieht gerade ein bisschen ihre Felle davonschwimmen. Denn Magnette hat seine Sondierungsgespräche auf Inhalte ausgerichtet.
Zu sechs Themen sollten sich die Parteien äußern. Und vier von diesen Themen gehören zu den Kernanliegen der N-VA. Die flämischen Nationalisten werden es also in Zukunft schwer haben zu behaupten, mit Magnette werde man es mit einer verantwortungslosen Sozialpolitik zu tun bekommen, die mit der Realität nichts zu tun hat. Eine Verteufelung der PS ist jetzt quasi nicht mehr möglich, bilanziert Het Belang van Limburg.
Politische Parteien ohne Werte
L'Avenir fragt sich generell, für welche Werte die einzelnen Parteien heute noch stehen und führt aus: Auf der Suche nach einer Identität haben sich die meisten der so genannten traditionellen Parteien in den ersten Jahren diese Jahrtausends neue Namen gegeben. Aus CVP wurde CD&V, aus PSC wurde CDH. Die SP ergänzte ihren Namen mit einem A für Anders, die VLD wurde 2007 "Open", sprich offen.
Dass diese Namensänderungen allerdings erfolglos bei dem Bemühen blieben, sich auch inhaltlich zu erneuern, verdeutlicht gerade der Streit um den Vorsitz bei der MR. Für welche Werte Denis Ducarme oder Georges-Louis Bouchez stehen, ist nicht klar.
Vielmehr geht es hier um persönliche Ambitionen, um die Egos der beiden Männer, nicht um Überzeugungen. Kein Wunder, dass die Wähler sich immer weniger für die leeren Inhalte der Parteien interessieren, so L'Avenir.
Het Nieuwsblad schreibt zur CD&V: CD&V-Urgestein Eric Van Rompuy wird gerade von den jungen der Parteien gerne als Igel bezeichnet. Und zwar deshalb, weil er bereits jahrelang im Parlament sitzt und dort stets seine Stachel gezeigt, seine eigenen Meinung vertreten hat. Auch, wenn diese Meinung nicht der Parteilinie entsprach.
Das bewundern die jungen Mitglieder der CD&V an Van Rompuy und haben deshalb zu Ehren von Van Rompuy den Igelpreis ins Leben gerufen. Es wäre zu wünschen, wenn sie sich selbst an Van Rompuy ein Beispiel nehmen würden. Der CD&V kann es nur gut tun, wenn sie aus Politikern besteht, die ihre Meinung frei äußern, ohne Rücksicht auf Vorgaben der Parteispitze. Das würde die Partei wieder attraktiv machen, weiß Het Nieuwsblad.
Sagen, was Sache ist
Le Soir schaut nach Brüssel, wo heute das Regionalparlament den Haushalt für das kommende Jahr debattieren wird. Die Zeitung notiert: Der Entwurf des Haushalts spiegelt das wider, was die Regierungsparteien vor den Wahlen versprochen haben: Nämlich mehr Geld für Sozialwohnungen, für die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, für verstärkte Bemühungen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Sind das notwendige Maßnahmen? Auf jeden Fall. Ist das Geld dafür da? Nein. Wenn die Regierungsparteien wollen, dass die Bürger dieser Politik folgen, dann müssen sie ehrlich sein. Sie müssen sagen, dass einigen Menschen diese Politik Geld kosten wird.
Das könnte schmerzhaft werden für die Parteien, ist aber der einzige Weg, das Vertrauen der Bürger in die Parteien zumindest ein bisschen wiederherzustellen, glaubt Le Soir.
Kay Wagner