"Brandstiftung in Asylzentrum - Fremdenhass erreicht eine neue Dimension", titelt das GrenzEcho. Andere Blätter sind schon bei der Analyse: "Gezeter, Vandalismus, rassistische Übergriffe: Es wird immer schwieriger, ein Asylbewerberheim zu eröffnen", schreibt De Morgen.
Der Brandanschlag auf ein künftiges Asylbewerberheim in Bilzen sorgt nach wie vor für Diskussionsstoff. In der Nacht zum Montag war der Dachstuhl des Gebäudes in der Bilzener Teilgemeinde Grote-Spouwen völlig ausgebrannt. Wie sich schnell zeigte, handelt es sich um Brandstiftung. Insbesondere in Sozialen Netzwerken hatte es danach eine Fülle von rassistischen Kommentaren zu dem Vorfall gegeben. Schon in der Nacht hatten Schaulustige offenbar am Ort des Geschehens spontan applaudiert.
Bilzen – Ein schlechtes Omen?
Grote-Spouwen fürchtet, nach dem Brand zum 'rassistischen Dörfchen' gestempelt zu werden", bemerkt dazu Het Belang van Limburg. Wirkliche Einsicht hat Het Laatste Nieuws aber anscheinend nicht feststellen können: "Die Flammen im Asylzentrum sind gelöscht, aber die Bilzener Zungen bleiben feurig".
Noch vor Ende des Jahres müssen 1.000 zusätzliche Betten in Asylzentren geschaffen werden", so derweil die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad. Der N-VA-Politiker Theo Francken hatte in seiner Zeit als Asylstaatssekretär scheinbar überflüssig gewordene Asylzentren geschlossen. Jetzt fehlt es an Kapazitäten. "Die steigende Anzahl Asylbewerber macht die Kapazitätskrise greifbar", so denn auch die Schlagzeile auf Seite eins von De Standaard.
Der Brand im Asylbewerberheim in Bilzen ist da wohl ein schlechtes Omen, meint sinngemäß Gazet van Antwerpen. Überall, wo eine neue Auffangstruktur geschaffen werden soll, regt sich zum Teil heftiger Protest. Hier spricht in der Regel die Angst. Die ist allerdings weitgehend unbegründet. Seit vielen Jahren werden Flüchtlinge hierzulande zeitweilig in Asylbewerberheimen untergebracht. Zu nennenswerten Problemen hat das nie geführt. Und doch scheinen viele Menschen die fixe Idee zu haben, dass ihre Sicherheit durch die Ankunft der Fremden in Gefahr gerät. Spätestens Bilzen hat gezeigt: Brandstifter stellen ein viel größeres und unmittelbareres Sicherheitsrisiko dar als Menschen, die einfach nur auf der Suche nach einem besseren Leben sind.
Ein Laissez-faire mit Folgen?
Das GrenzEcho sieht aber auch eine Verantwortung bei den staatlichen Behörden. Die Politik wäre gut beraten, die tieferen Ursachen für den Rechtsdrift unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Der liegt sicher auch in dem Laxismus der letzten Jahrzehnte begründet: Investitionen in Polizei und Justiz wurden sträflich vernachlässigt, Gesetze waren oft zu schwammig. Kein Wunder, dass viele Bürger dem Staat nicht mehr vertrauen. Schlimmer ist, dass sich in dem so entstandenen Vakuum Extremisten einnisten konnten. Der Staat muss dem Laissez-faire abschwören, auch so wehrt man den Anfängen.
Für den neuen flämischen Minister für "Zusammenleben" ist der Brandanschlag von Bilzen jedenfalls die Feuerprobe, meint Het Belang van Limburg. Gemeint ist der OpenVLD-Politiker Bart Somers, der ja in seiner Zeit in Mechelen zum "besten Bürgermeister der Welt", gekürt worden war. Dies vor allem wegen seines "Mechelner Modells des Zusammenlebens". Somers muss jetzt auf die rassistischen Übergriffe eine Antwort finden. Gelingt ihm das, dann kann das auch wieder Modellcharakter haben.
Drohen Spannungen innerhalb der MR?
Insbesondere die frankophonen Zeitungen interessieren sich für den Ausgang der Präsidentenwahl bei der liberalen MR. Zur Wahl standen fünf Kandidaten. Als Favorit galt der 33-jährige Georges-Louis Bouchez. Er erreichte aber nicht die absolute Mehrheit. "Es gibt eine zweite Runde zwischen Bouchez und Ducarme", schreibt L'Avenir. Der amtierende Landwirtschaftsminister Denis Ducarme lag im ersten Wahlgang 20 Prozentpunkte hinter Bouchez. "Bouchez bleibt der große Favorit", glaubt denn auch La Libre Belgique. Für Le Soir ist es ein "Risikoduell". Der MR droht nämlich vielleicht ein neuer Flügelkampf.
Die Präsidentenwahl hat bei der MR gleich wieder innerparteiliche Spannungen hervorgerufen, analysiert L'Avenir in seinem Leitartikel. Für Verstimmung hat wohl auch die Tatsache gesorgt, dass der umtriebige Georges-Louis Bouchez so offensichtlich und nachdrücklich von den Parteioberen unterstützt wurde. Das hat Teile der Basis offensichtlich derartig irritiert, dass sie eben gerade nicht Bouchez ihre Stimme gegeben haben. Der wird das Rennen aber doch wahrscheinlich machen. Die größte Herausforderung für den neuen MR-Präsidenten wird es aber erstmal sein, die Partei zusammenzuhalten, um sich zu scharen, dafür zu sorgen, dass die MR nicht gleich wieder durch Flügelkämpfe geschwächt wird.
Ein Kinnhaken für die flämische Kulturszene
Viele Zeitungen beschäftigen sich aber auch nach wie vor mit dem drohenden Kahlschlag in der flämischen Kulturszene. Die neue flämische Regierung hat drastische Sparmaßnahmen angekündigt. Die projektbezogenen Zuschüsse sollen sogar um 60 Prozent gekürzt werden. "Die flämische Kultur protestiert in Brüssel", so die Schlagzeile von L'Echo. Mehr als 2.000 Künstler und Schauspieler hatten sich am Abend in der Brüsseler Beursschouwburg versammelt, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. "2.000 wütende Kulturschaffende lassen ihre Stimme hören", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Ministerpräsident und Kulturminister Jan Jambon hat dem flämischen Kultursektor einen Kinnhaken verpasst, meint De Morgen. Aus Sicht der flämischen Nationalisten mag es wohl so aussehen, als wären die Kulturschaffenden vor allem aufmüpfig, links und elitär. Und zugegeben: Wirklich feurige Nationalisten sind in dieser Szene wohl eher eine Seltenheit. Die N-VA hat da aber leider nicht genau hingeschaut. Das Ausland beneidet uns um unseren Kultursektor. Und darauf hätte man auch stolz sein können. Stattdessen reduziert man Kultur auf das Erbgut: Statt Leute wie Anne-Teresa De Keersmaeker bevorzugt man Jan Van Eyck.
"Kultur als Ausdruck einer nationalistischen Vision"
Kultur ist so wichtig wie das täglich Brot, meint Le Soir. Und die Ereignisse in Flandern gehen auch die Frankophonen etwas an. Gerade im Kulturbereich gab es einen regen Austausch zwischen dem Norden und dem Süden des Landes.
La Libre Belgique sieht hier den Ausdruck einer nationalistischen Vision von Kultur. Die Künstler, die sich allzu viel Freiheiten herausnehmen in ihrem Denken und ihrem Schaffen, sollen zum Schweigen gebracht werden. Kunst ist anscheinend nur dann relevant, wenn sie dem nationalistischen Flandern dient.
Es ist letztlich eine konservative Regierung, meint De Standaard. Die Kunst, die schon existiert und deren Qualität unbestritten ist, die wird erhalten. Wer in diesen erlauchten Kreis aufgenommen werden will, der soll dafür erstmal hart arbeiten und selbst dafür aufkommen. Das galt schon für Migranten. Jetzt gilt es auch für Künstler.
Roger Pint