"Rudy Demotte und Geert Bourgeois sollen 'Vor-Regierungsbildner' werden", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Bourgeois und Demotte sollen übernehmen", so die Schlagzeile des GrenzEchos. "Der König wird Rudy Demotte und Geert Bourgeois beauftragen, PS und N-VA zusammenzubringen", notiert La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Die beiden bisherigen Informatoren Didier Reynders und Johan Vande Lanotte haben am Montag ihren Abschlussbericht vorgelegt. König Philippe hat die beiden von ihrer Mission entbunden. Am Dienstag wird das Staatsoberhaupt wohl eine neue Phase in der föderalen Regierungsbildung einläuten. "Wer traut sich?", fragt herausfordernd Het Laatste Nieuws. "PS und N-VA müssen jetzt ins Wasser springen", zitiert Le Soir die Antwort der beiden Informatoren. In ihrem Abschlussbericht empfehlen Reynders und Vande Lanotte einmal mehr, dass die beiden stärksten Parteien aus dem Norden und aus dem Süden des Landes sich zusammenraufen sollten, um gemeinsam eine Regierung zu bilden. Es wird also erwartet, dass König Philippe jetzt ein Tandem mit einer neuen Mission betrauen wird, ein Tandem aus einem PS- und einem N-VA-Vertreter. Am häufigsten hört man da die Namen der beiden ehemaligen flämischen beziehungsweise wallonischen Ministerpräsidenten, Geert Bourgeois und Rudy Demotte.
"Alle sind wütend"
Die flämischen Zeitungen haben ihrerseits nach wie vor nur Augen für die neue Regierung, Jambon I. "Nach dem Abkommen, die Zahlen", schreibt De Standaard auf Seite eins. Die neue flämische Regierung hat am Montag nämlich endlich ihren haushaltspolitischen Fahrplan veröffentlicht. Und der hat mitunter für ein böses Erwachen gesorgt: "Einsparungen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro: Jetzt lacht niemand mehr", kann Gazet van Antwerpen nur feststellen. Seit einigen Tagen schon sorgen die Pläne der neuen Regierung Jambon für hörbare Kritik. Im Fokus stehen da vor allem die Sparmaßnahmen beim Kindergeld: "180.000 flämischen Familien wird das Kindergeld gestutzt", titelt Het Belang van Limburg. Het Laatste Nieuws wird konkreter: "Eine Familie mit drei Kindern verliert 360 Euro im Jahr", rechnet das Blatt auf seiner Titelseite vor. De Morgen hebt eine andere Geldquelle hervor: "Jambon I setzt vor allem im Staatsapparat den Spar-Hobel an".
"Alle sind wütend", hält Het Laatste Nieuws fest. Die Familienverbände, der Transportsektor, die Beamtengewerkschaften, selbst die Mittelstandsvereinigung Unizo. Die hat nämlich vorgerechnet, dass die Lasten für kleinere und mittlere Unternehmen ansteigen werden. Eines muss man der Regierung Jambon I aber lassen: Immerhin hat man dafür gesorgt, dass tatsächlich jeder Flame ein bisschen wütend ist - und nicht nur Teile der Bevölkerung. Das spricht also für eine gewisse Ausgewogenheit. Nichtdestotrotz: Man muss nicht bösen Willens sein, um zu behaupten, dass das Leben teurer und der Steuerdruck höher werden.
Zwischen Inkonsequenz und Puddingprobe
Wahlprogramme sind wohl bald nur noch reine Fiktion, giftet seinerseits De Standaard. Die Abschaffung des Wohnbonus, die Einsparungen beim Kindergeld, die Verteuerung der Dienstleistungsschecks: Diese Maßnahmen mögen zwar zu rechtfertigen sein; was sie verbindet, ist aber auch die Tatsache, dass sie in keinem Wahlprogramm der drei Koalitionspartner standen. Schlimmer noch: Mitunter stand sogar das Gegenteil drin! Dafür mag es Gründe geben. Die Grünen etwa haben ihre relative Wahlschlappe wohl vor allem ihrem Plädoyer für die Abschaffung der Firmenwagen zu verdanken. Doch muss man sich die Frage stellen, welchen Wert da am Ende noch Wahlprogramme haben. Im Grunde bitten die Parteien die Wähler darum, ihnen einen Blankoscheck auszustellen.
Jetzt sind die Sparpläne also endlich raus, bemerkt auch De Morgen. Die eine oder andere Maßnahme mag ja noch richtig und nachvollziehbar sein. Es ist etwa nie verkehrt, einmal mit dem Rechen durch den Verwaltungsapparat zu gehen. Eine solche Operation verläuft nie völlig schmerzlos. Die Regierung ist da aber nicht konsequent. Offensichtlich kann sie der Versuchung nicht widerstehen, auch neue Strukturen aus dem Boden zu stampfen: Flandern will sich ja ein eigenes Zentrum für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung geben. Wenn es um gemeinschaftspolitische oder identitäre Fragen geht, dann ist ein schwerfälliger Staatsapparat offensichtlich kein Problem.
Für De Tijd sind die Zahlen derweil offensichtlich gar nicht so schlimm. Im Grunde bleibt die neue Koalition auf dem Weg, den die Vorgängerregierung auch schon eingeschlagen hatte. Das übrigens in allen Belangen: Eine wirklich effiziente Politik der Armutsbekämpfung gab es vorher nicht und gibt es jetzt auch nicht. Gleiches gilt für den Bereich Klimaschutz. Das Ganze ist also nicht wirklich neu. Da darf man sich fragen, warum die neue Regierung hier eine solche Geheimniskrämerei veranstaltet hat.
Het Belang van Limburg bemerkt sinngemäß, dass oft nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Natürlich umfasst das Regierungsprogramm eine Reihe von Sparmaßnahmen. Wie sich das in der Praxis äußern wird, das muss sich erst noch zeigen. Der Brite nennt das "Puddingprobe".
Keine Sekunde zu früh
Für Gazet van Antwerpen ist das alles ohnehin nur ein Vorgeschmack: Schnell dürfte sich zeigen, dass die Sparmaßnahmen der flämischen Regierung Pillepalle sind im Vergleich zu dem, was da auf der föderalen Ebene droht. Die Regierung Michel hat ein Haushaltsloch von 7,7 Milliarden Euro hinterlassen. Und das Schlimme ist: Solange wir nur eine geschäftsführende Regierung haben, kann da niemand eine Kurskorrektur vornehmen. Die neue Phase in der Regierungsbildung, die jetzt eingeleitet wird, kommt also keine Sekunde zu früh. Denn nicht vergessen: Mit jedem Tag wird das Loch ein bisschen größer.
Roger Pint