"Das Ende einer Ära", titelt nostalgisch das GrenzEcho. "Internet, Billigflüge und der Brexit haben Thomas Cook zu Fall gebracht", meint La Libre Belgique auf Seite eins. "Thomas Cook Belgien hofft noch auf ein Wunder", so die Schlagzeile bei De Standaard.
Die Pleite des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook und die Auswirkungen auf Belgien beschäftigen die Zeitungen sowohl in ihren Aufmachergeschichten, als auch in den Kommentaren. Die verschiedenen Leitartikler sind sich darin einig, dass der Hauptgrund für die Insolvenz ist, dass Thomas Cook sich nicht an das Internetzeitalter angepasst hat.
Le Soir führt aus: Die Digitalisierung ist nicht nur ein Slogan für Manager, die Umstrukturierungspläne in Betrieben umsetzen möchten. Sondern die Digitalisierung ist eine Notwendigkeit für Unternehmen, wenn sie weiterbestehen wollen. In diesem Zusammenhang kann man das Beispiel Proximus nennen. Für ihre Pläne, Proximus fit für das digitale Zeitalter zu machen, wurde die gerade erst verabschiedete Chefin Dominique Leroy oft kritisiert. Aber die Pleite von Thomas Cook zeigt, was den Unternehmen passiert, die diesen Weg nicht beschreiten. Das Gesetz ist hart, aber klar: Man muss sich erneuern, sein Geschäftsmodell anpassen - oder verschwinden, weiß Le Soir.
Die Revolution verschlafen
La Libre Belgique notiert: Der Reise-Riese hat die Revolution, die sich im Tourismusmarkt abgespielt hat, einfach nicht mitbekommen - den Aufstieg der Billigfluggesellschaften, die Existenz neuer Konkurrenten wie Booking.com und Airbnb, das veränderte Verhalten der Tourismuskonsumenten. Das Modell von Thomas Cook, organisierte Reisen mit eigenen Flugzeugen über Reiseagenturen zu verkaufen, ist ein veraltetes Modell und trifft nicht mehr den Nerv gerade der jungen Generation, die mehr Flexibilität will, ist sich La Libre Belgique sicher.
L'Echo vergleicht: Der Fall Thomas Cook erinnert an die Geschichte von Nokia. Ein Marktführer hört auf, sich zu erneuern. Und dann ist er weg. Thomas Cook hatte alle Möglichkeiten, sich an das digitale Zeitalter anzupassen: Thomas Cook war groß, Marktführer und, bis vor Kurzem zumindest, auch reich. Dass Thomas Cook zu lange am alten Erfolgsmodell festgehalten hat, rächt sich nun bitter, analysiert L'Echo.
De Tijd hält fest: Die britische Regierung hätte Thomas Cook finanziell retten können. Aber sie hat sich geweigert. Völlig zu Recht. Reisen zu organisieren, ist keine Aufgabe für den Staat. Und auch die Zeiten, als Thomas Cook wertvolle Dienste für das britische Empire geleistet hat, wie zum Beispiel den Transport von Truppen nach Khartum 1884, sind längst vorbei, so De Tijd.
Taktik oder glaubwürdiges Angebot?
Mehrere flämische Zeitungen kommentieren die gestrigen Äußerungen von N-VA-Spitzenpolitiker Theo Francken. Der hatte im flämischen Radio angekündigt, dass die N-VA bereit sei, die Forderung nach mehr Konföderalismus aufzugeben, wenn die PS mit der N-VA eine Regierungskoalition auf föderaler Ebene eingehen würde.
De Morgen fragt: Was für ein Plan steckt hinter dieser Ankündigung? Ist die N-VA wirklich dazu bereit, eine bisherige Kernforderung aufzugeben, um mit der eigentlich gar nicht geliebten PS zusammen zu regieren? Wahrscheinlich muss man in dieser Ankündigung wohl eher eine Taktik sehen. Die N-VA will zeigen: An uns liegt es nicht. Wir sind zu Kompromissen bereit. Wenn es dann weiter zu keiner Föderalregierung kommt, wäre das nicht die Schuld der N-VA. Auf diese Weise ist man fein raus, erklärt De Morgen.
De Standaard hingegen ist von der Glaubwürdigkeit von Franckens Worten überzeugt und führt aus: Die Äußerungen von Francken sind ein Zeichen dafür, dass die N-VA sich entschieden hat. Sie will regieren und rückt dafür in die Mitte. Sie will mit der PS zusammen eine geregelte Einwanderungspolitik beschließen - was eher dem N-VA-Programm entspricht. Gleichzeitig aber auch Forderungen der PS nach mehr sozialer Gerechtigkeit mittragen. Schon vor einer Woche hatte Francken diese Pläne vor wallonischen Wirtschaftsbossen präsentiert. Das Angebot liegt auf dem Tisch. Jetzt müssen sich die Frankophonen bewegen. Es tut sich langsam was, beobachtet De Standaard.
Het Belang van Limburg gibt zu bedenken: Der rechte Flügel der N-VA wird sich schwer damit tun, wieder auf das Thema Konföderalismus zu verzichten. Wie man diesen Flügel beruhigen kann, ist nicht klar. Sicher ist es aber gut für die N-VA, ihr soziales Profil zu stärken. Denn auch hier hat der Vlaams Belang punkten können gegenüber der N-VA, die in der Vergangenheit vielleicht zu stark ihr neoliberales Profil gepflegt hat, glaubt Het Belang van Limburg.
Den schönen Worten müssen Taten folgen
L'Avenir schaut nach New York, wo die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg am Montag eine emotionale Rede vor der UN gehalten hat. Thunberg, so die Zeitung, ist ein besonderes Mädchen. Irgendwie ist sie ein Phänomen, eine Art Mythos umgibt sie, denn alle hören ihr zu. Was ist ihr Geheimnis? Was auch immer die Antwort darauf ist: Sie setzt sich für eine gute Sache ein. Allerdings bleibt zu hoffen, dass die Mächtigen der Welt sich nicht nur zu schönen Worten verleiten lassen, sondern, dass diesen Worten dann auch Taten folgen, wünscht sich L'Avenir.
Kay Wagner