"Der Plan, um die N-VA zu vermeiden", titelt Le Soir. "Eine Partei zu viel am föderalen Tisch", notiert L'Echo auf Seite eins.
Mehrere Zeitungen machen sich Gedanken zu möglichen neuen Varianten für eine Föderalregierung. Am Mittwoch hatten die frankophonen Sozialisten gefordert, die flämischen Liberalen der OpenVLD aus den Bemühungen der beiden königlichen Informatoren auszuschließen. Am Donnerstag berichtet Le Soir über mögliche Pläne, eine Föderalregierung aus Sozialisten, Grünen und Liberalen beider Landesteile zu bilden. Das würde für eine knappe Mehrheit in der Kammer reichen und die N-VA würde sich auf der Oppositionsbank wiederfinden.
Zu diesen Gedankenspielen kommentiert Het Belang van Limburg: Die PS ist eifrig dabei, allen im Land vermitteln zu wollen, dass es doch ohne die N-VA geht. Sie schlägt Koalitionen vor, die rein rechnerisch zwar eine Mehrheit bilden, die aber an der politischen Realität im Land vorbeigehen. Im Zentrum der Überlegungen stehen OpenVLD und CD&V. Mindestens eine dieser Parteien würde auf föderaler Ebene gebraucht, um eine Mehrheit ohne die N-VA zu bilden. Beide Parteien sind in Flandern aber gerade dabei, mit der N-VA eine Regierung zu formen. Es ist gleichsam utopisch, dass sich eine dieser Parteien von der N-VA lossagen würde. Die PS will mit all dem nur vermeiden, dass ihr der Schwarze Peter zugespielt wird für die Blockade auf föderaler Ebene, weil sie nicht mit der N-VA reden will, analysiert Het Belang van Limburg.
Das Theater geht wieder los
L'Avenir notiert: Jetzt, wo die Regionalregierungen quasi überall stehen, geht es wieder los mit wilden Spekulationen zur Föderalregierung. Wieder spielt sich das Theater ab, dass der eine mit dem anderen nicht will; oder nur unter der Bedingung, dass ein Dritter nicht dabei ist. Daraufhin schimpft wieder ein anderer.
Am Mittwoch sorgten in diesem Spiel PS, OpenVLD, CD&V und letztlich auch die MR für Gesprächsstoff. Wenn das so weitergeht, werden wir uns bald in der nächsten Wahlkampfkampagne befinden, befürchtet L'Avenir.
Gefährlicher Interpretationsspielraum
Andere Leitartikler greifen die Kontroverse um den neuen Titel des EU-Kommissars auf, der für Migration zuständig sein soll. In der Mannschaft der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll er unter dem Label "Schützen, was Europa ausmacht" arbeiten.
Dazu meint Le Soir: Was für ein Jammer! Wenn man sich die Ideen von von der Leyen zur Migrationspolitik durchliest, erkennt man schnell, dass sie das Ganze sinnvoll angehen will: Einwanderung und Integration gehen bei ihr Hand in Hand. Um so unverständlicher ist es, dass sie für diese Politik diesen Titel gewählt hat, der nach Polemik geradezu schreit. Sie muss das schnell korrigieren und jede Zweideutigkeit vermeiden, die Wasser auf die Mühlen der Nationalisten ist, die Europa von Zuwanderung abschotten wollen, rät Le Soir.
De Standaard wünscht sich: Es wäre schön, wenn die EU-Kommission erklären würde, was genau sie "schützen" möchte. Geht es um die Rechtsstaatlichkeit? Um die Demokratie? Um Gesellschaften, in denen Grund- und Menschenrechte geachtet werden? Dann hätte man diese Aufgabe vielleicht besser einem Didier Reynders gegeben, der sich als Justizkommissar ja gerade um die Wahrung solcher Dinge kümmern soll. Diesen "Schutz" aber mit Einwanderung zu verbinden, öffnet Tür und Tor für Interpretationen. Und gerade auch für Interpretationen, die Anti-Migrations-Populisten wie Orbán und Co. in die Hände spielen. Das ist gefährlich, findet De Standaard.
Het Laatste Nieuws relativiert: Die Aufregung um diesen Kommissars-Titel war am Mittwoch sehr groß. Nicht nur von links wurde laute Kritik an der Wortwahl geäußert und sie teilweise sogar als "faschistisch" bezeichnet. Doch sollten wir mal lieber die Kirche im Dorf lassen. Muss man sich so krampfhaft aufregen, wenn es um die Verteidigung unserer westlichen Grundwerte geht? Zum Beispiel im Vergleich zu dem, was Salafisten in Moscheen auch in Europa verbreiten?, fragt rhetorisch Het Laatste Nieuws.
Proximus-Zoff und Fußball-Sumpf
De Tijd macht sich Gedanken zur angespannten Situation bei Proximus und ist der Meinung: Noch-Chefin Dominique Leroy sollte besser sofort, als erst Ende November gehen. Sie hat das Vertrauen der Belegschaft verloren. Die Gewerkschaften fürchten, dass sie mit Betriebsgeheimnissen zum niederländischen Telekom-Anbieter KPN wechselt, um dann Proximus mit ihrem neuen Arbeitgeber übernehmen zu können. Die nötige Durchsetzungskraft, um die noch anstehenden Umstrukturierungen zu begleiten, hat Leroy nicht mehr. Gedanklich wird sie schon bei KPN sein. Proximus sollte nicht aus Nostalgie an ihr festhalten bis zum Schluss, sondern jetzt schon den Neuanfang ohne sie beginnen, ist De Tijd überzeugt.
La Dernière Heure schreibt zur Festnahme des belgischen Spielervermittlers Christophe Henrotay: Was für ein Glück, das Großreinemachen im Fußballmilieu geht weiter! Mit den Enthüllungen vor knapp einem Jahr um manipulierte Spiele im belgischen Fußball ging es los. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft genug neue Beweise gesammelt, um wieder zuzuschlagen. Hoffentlich wird auf diese Weise der Sumpf, der hinter den Kulissen die Fußballwelt beherrscht, eines Tages trockengelegt, so La Dernière Heure.
Kay Wagner