"Anuna De Wever bei Pukkelpop ausgebuht und bedroht", titelt Gazet van Antwerpen. "Nicht jeder klatscht bei Pukkelpop für das Klima", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Pukkelpop entfernt Löwen-Flaggen nach Vorfall um Anuna De Wever", so Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite.
Beim Musikfestival Pukkelpop bei Hasselt ist es zu einem Eklat rund um die flämische Klimaaktivistin Anuna De Wever gekommen: Die 18-jährige Schülerin war während eines Konzerts in einem Festivalzelt auf die Bühne gekommen und hatte das Publikum aufgefordert, fünf Minuten für eine bessere Klimapolitik zu klatschen. De Wever wurde ausgebuht.
In der darauffolgenden Nacht griffen männliche Jugendliche mit flämischen Löwen-Flaggen den Zeltplatz von Anuna De Wever an. Es soll sogar Morddrohungen gegeben haben.
Das perfekte Feindbild
Het Belang van Limburg kommentiert: Dass die 18-jährige Klimaaktivistin für ihre "Clap for Climate"-Aktion ausgebuht worden ist, war vorhersehbar. Besucher von Musikfestivals gehen dorthin, um Musik zu hören. Und nicht, um für politische Botschaften instrumentalisiert zu werden.
Doch was danach passiert ist, war natürlich alles andere als korrekt. Die Hetzjagd auf De Wever ist Zeichen einer mittlerweile tiefgreifenden Malaise unserer Gesellschaft. Vernünftige Diskussionen, auch zwischen sehr unterschiedlichen Positionen, finden kaum mehr statt.
Jeder glaubt, dass nur seine Meinung zählt. Und es wird versucht, diese Meinung rücksichtslos durchzusetzen. Gefördert wird das im Internet durch Facebook und Co., bedauert Het Belang van Limburg.
Het Nieuwsblad analysiert ähnlich: Eine Applaus-Maschine ist ein Publikum nicht, und schon gar nicht ein Publikum auf einem Musikfestival, wenn es um politische Botschaften geht.
Was sich in der Folge abgespielt hat, ist das Spiegelbild dessen, wie die Politik mit den Klimaprotesten umgegangen ist. Die grünen Parteien wurden durch den Protest gepusht, bei rechten Parteien riefen sie Argwohn hervor. Die Rede war von Panikmache, Verbots- und Bevormundungskultur.
Diese Spaltung sieht man jetzt auch bei Jugendlichen auf Festivals. Dass dabei Gewalt ins Spiel kam, ist natürlich zu verurteilen, so Het Nieuwsblad.
De Morgen glaubt: Anuna de Wever ist das perfekte Feindbild für die jungen Anhänger des Vlaams Belang, die auf dem Pukkelpop Jagd auf die 18-Jährige gemacht haben. Sie ist eine Frau, mündig, aktivistisch, gender-fluid, Tochter von linken, weltoffenen Eltern. Sie drückt alle Knöpfe beim bösen, ängstlichen, weißen Flamen.
Damit wir uns richtig verstehen: Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Und man darf auch mit flämischen Fahnen herumlaufen. Doch physische Gewalt gegen andere anzuwenden, das geht ganz und gar nicht. Die Festivalleitung hat richtig reagiert und die Fahnen jetzt vom Gelände entfernt, schreibt De Morgen.
Wird die OpenVLD dem Druck standhalten?
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit der Bildung einer Föderalregierung und hält fest: Die N-VA hat durch ihre Wahl von OpenVLD und CD&V als Koalitionspartner in Flandern die Sache auf föderaler Ebene schier aussichtslos gemacht.
Denn für die großen frankophonen Parteien gibt es jetzt eigentlich nur noch die Möglichkeit, zusammen mit der N-VA eine Föderalregierung zu bilden. Die frankophonen Parteien wollen unbedingt eine Föderalregierung, weil sie dadurch zeigen wollen, dass Belgien als Staat weiterbestehen kann.
Aber gerade die PS will mit der N-VA auf keinen Fall zusammenregieren. Alle, auch bei der N-VA, wissen, dass das für die PS auch Selbstmord wäre. Der N-VA ist das alles egal. Sie setzt ja sowieso auf die Eigenständigkeit von Flandern. Wie gesagt: Die Situation scheint aussichtslos, betont Het Laatste Nieuws.
De Tijd hingegen weist darauf hin: Es gibt durchaus noch eine Möglichkeit, eine Föderalregierung ohne die N-VA zu bilden. Sozialisten, Grüne und Liberale beider Sprachgruppen müssten sich dafür zusammentun. Das Problem läge dann bei der OpenVLD. Sie würde in Flandern mit der N-VA in der Regierung sitzen.
Auf föderaler Ebene würde sie aber dafür sorgen, dass die flämischen Nationalisten in der Opposition landen. Für die OpenVLD ist das ein Szenario, was sie sich unter keinen Umständen wünschen kann. Doch wie lange wird die Partei dem Druck standhalten, wenn sie möglicherweise vor diese Wahl gestellt würde? Der Druck könnte nämlich auch aus der Wirtschaft kommen, vonseiten der Unternehmen, die ein großes Interesse daran haben, dass es möglichst bald eine funktionierende Föderalregierung gibt, hebt De Tijd hervor.
Kapitalismus und Kommunismus gegen Demokratie
Mit der Lage in Hongkong beschäftigt sich L'Avenir. Die Zeitung weiß: China wird die Proteste zur Not mit Gewalt niederschlagen. Das ist vollkommen klar. Das Einzige, was China daran hindern könnte, ist die Tatsache, dass Hongkong das Tor für China zur internationalen Finanzwelt ist. Sich dieses Tor durch ein Blutbad selbst zu verschließen, davor könnte China zurückschrecken, hofft L'Avenir.
La Libre Belgique sieht eine andere Gefahr für die Demokratiebewegung in Hongkong: Nicht nur China ist das Problem für die protestierenden Menschen, sondern auch der Kapitalismus. Viele Geschäftsleute und Unternehmen haben durch die Proteste schon viel Geld verloren. Sie wollen ein schnelles Ende der Demonstrationen. Kommunismus und Kapitalismus zusammen könnten die Demokratiebewegung ersticken, befürchtet La Libre Belgique.
Kay Wagner