"Rezession droht in Belgien", titelt Het Laatste Nieuws. "Rezession scheint unausweichlich", heißt es beim GrenzEcho auf Seite eins. "Belgier stürzen sich aufs Gold", so die Wirtschaftszeitungen L'Echo und De Tijd auf ihren Titelseiten.
Die düsteren Wirtschaftsaussichten greifen einige Zeitungen auch in ihren Leitartikeln auf. De Tijd kommentiert: Es sind die schlechten Nachrichten aus Deutschland, die die Angst vor einer Rezession schüren. Im zweiten Quartal ist die deutsche Wirtschaft leicht geschrumpft. Schon im dritten Quartal 2018 war das der Fall. Eine Rezession ist das noch nicht. Denn für eine Rezession muss die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpfen. Aber das Signal bleibt beunruhigend.
Deutschland ist traditionell die Lokomotive der europäischen Wirtschaft. Wenn die Lokomotive an Fahrt verliert, hat das Folgen für den ganzen Zug. Auf die Europäische Zentralbank braucht man nicht zu bauen, um die Situation zu verbessern. Mit ihrer niedrigen Zinspolitik hat sie in den vergangenen Jahren schon kaum Erfolge erzielt. Die Lösung kann nur aus Deutschland selbst kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat schon angedeutet, dass sie sich überlegen wird, mit welchen fiskalen und sozialen Eingriffen sie die Kaufkraft wieder ankurbeln will. Je früher das geschieht, desto besser, wünscht sich De Tijd.
Die Schwesterzeitung L'Echo analysiert: Deutschland wird gerade Opfer des Handelskrieges, den sich China und die USA leisten. Die beiden Länder sind außerhalb Europas die beiden größten Handelspartner der Deutschen. Der Konflikt zwischen diesen Partnern macht unserem Nachbarn zu schaffen. An der deutschen Wirtschaft wiederum hängen große Teile der europäischen Wirtschaft. Natürlich auch Belgien. Deshalb hat unser Land ein großes Interesse daran, dass die Deutschen ihr aktuelles Wirtschaftsproblem so schnell wie möglich angehen. Und zwar mit einem guten und nachhaltigen Investitionsplan, der Deutschland auf lange Sicht wieder wirtschaftlich tragen wird, meint L'Echo.
Starke Nerven tun not
Het Laatste Nieuws notiert zur aktuellen Wirtschaftskrise: Die vergangenen Tage waren nicht leicht für Kleinanleger. Viel Geld haben Menschen in den vergangenen Tagen verloren, weil die Börsenkurse abgestürzt sind. Dabei wurde vielen Menschen doch gerade geraten, in Zeiten niedriger Zinsen ihr Geld an der Börse zu investieren. Da würde man bessere Gewinne machen, hieß es. Was den Menschen nicht gesagt wurde, ist, dass man für die Börse auch starke Nerven braucht. Die braucht man nämlich tatsächlich, wie man aktuell sieht. Dabei bleibt es aber auch richtig, dass die Börse langfristig mehr Gewinn als Sparbücher bietet. Man sollte sich vielleicht nur angewöhnen, nicht zu oft darauf zu schauen, wie sich gerade der Aktienwert entwickelt, rät Het Laatste Nieuws.
Ideologien stehen praktischen Lösungen im Weg
Gazet van Antwerpen beschäftigt sich mit den regionalen Regierungsbildungen in Belgien und hält fest: Bei den frankophonen Parteien hat man sich schockiert gezeigt über die Note, die Bart De Wever in Flandern für die dortigen Koalitionsverhandlungen formuliert hat. Die Worte "Belgien" und "Wallonie" muss man in dieser Note suchen. Es ist eine Note, die Flandern gleichsam als unabhängigen Staat definiert. Darüber kann man natürlich diskutieren. Aber die wallonische Aufregung wirft trotzdem Fragen auf, vor allem die: Was wollen die frankophonen Parteien denn eigentlich? Sie wollen Belgien erhalten. Schön und gut. Doch weder PS, noch Ecolo wollen mit der größten Partei des anderen Landesteils sprechen. Wie wollen sie dann eine Regierung finden für das Belgien, das ihnen doch angeblich so am Herzen liegt? Glauben die beiden Parteien, dass sie diktieren dürfen, wie der nördliche Landesteil zu ticken hat?, fragt Gazet van Antwerpen.
Het Belang van Limburg gibt sich gespannt: Wird die Regierungsnote von PS-Chef Elio Di Rupo, die wohl Anfang nächster Woche zu erwarten ist, ähnliche Akzente haben wie die von Bart De Wever? Also stark auf eine "wallonische Identität" abheben mit Schildern, Flaggen und Wimpeln? Das ist eher unwahrscheinlich. Und ginge ganz nebenbei auch an der eigentlich wichtigen Sache vorbei. Denn die bleibt ja eigentlich, konkrete Lösungen für konkrete politische Aufgaben zu finden. Das sollte übrigens auch bei der Suche nach einer neuen Föderalregierung im Vordergrund stehen. Doch leider scheinen auf dieser Ebene Ideologien praktischen Lösungen im Weg zu stehen, bedauert Het Belang van Limburg.
Zehn Punkte für Belgien
Het Nieuwsblad teilt diese Ansicht, sieht aber Licht am Ende des Tunnels. Die Zeitung weiß: Die beiden föderalen Informatoren Didier Reynders und Johan Vande Lanotte werden dem König morgen ihren neuen Plan vorlegen. Und zwar ein Zehnpunkteprogramm, das ihrer Meinung nach die Kernaufgaben der künftigen Föderalregierung beschreibt. Alle Parteien, so die Idee, die an der Umsetzung dieses Programms mitwirken wollen, sollen die neue Regierung bilden. Aus demokratischer Sicht wäre dieser Schritt zweifelhaft. Aber in der aktuellen Lage ist er im Interesse des Landes. Denn durch dieses pragmatische Vorgehen könnte endlich an den Problemen gearbeitet werden, die die Bürger tatsächlich betreffen. Dann müssten auch die Parteien Farbe bekennen, ob es ihnen ernst ist, an solchen Lösungen mitzuwirken – oder ob ihnen der ideologische Streit über Belgien wichtiger ist, so Het Nieuwsblad.
Kay Wagner