"40,7 Grad – noch nie war es so heiß", titelt Het Nieuwsblad. "Nationaler Hitzerekord ist gestern in Beitem aufgestellt worden", vermeldet La Libre Belgique auf Seite eins. "Belgien bewegt sich im Zeitlupentempo wegen der Hitze", steht über dem Aufmacher von Le Soir.
Die andauernde Hitzewelle und der am Donnerstag erneut gebrochene Hitzerekord in Belgien sind wieder die Topthemen der Zeitungen. Gazet van Antwerpen kommentiert: Von Paris über Brüssel bis Amsterdam sind am Donnerstag die Hitzerekorde gefallen. Überall waren es über 40 Grad. Wer jetzt noch den Klimawandel infrage stellen will, dem ist nicht mehr zu helfen. Experten sehen das als weltweites Phänomen und vergleichen unsere heutige Situation mit dem Ende der letzten Eiszeit. Besonders für die Städte wird das zum Problem: Schon heute gibt es Metropolen, in denen die 50 Grad überschritten werden. 50 Grad, das ist tödlich für den Menschen. Und die Tendenz nimmt zu: Bereits im vergangenen Jahr wurden in Sydney 47 Grad gemessen, bei Los Angeles 48,9 Grad, in Madrid und Lissabon mehr als 45 Grad. Fakten, die nicht zu leugnen sind, betont Gazet van Antwerpen.
Het Nieuwsblad hingegen meint: Es bringt nichts, jeden neuen Hitzerekord als Zeichen des Klimawandels zu verkaufen. Menschen, die vom Klimawandel nicht überzeugt sind, wird das in ihrer Meinung nicht umstimmen. In Belgien muss diese Überzeugungsarbeit zudem auch gar nicht mehr geleistet werden: Keine Partei stellt die Erderwärmung noch infrage. Doch leider hat das keine Konsequenzen. Maßnahmen, um entweder der Erderwärmung entgegenzuwirken oder die negativen Folgen der Erwärmung zu bekämpfen, werden nicht getroffen. Die Klimaskeptiker sind nicht das Problem. Die Untätigkeit im Angesicht des Klimawandels ist es allerdings sehr wohl, kritisiert Het Nieuwsblad.
Kälteste Eiszeit trotz 40 Grad Außentemperatur
Über die Untätigkeit auf einer anderen politischen Baustelle regt sich Het Laatste Nieuws auf: Am Donnerstag hatte PS-Chef Elio Di Rupo ein Treffen hinsichtlich einer Regierungsbildung platzen lassen, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit dem N-VA-Parteivorsitzenden Bart De Wever hätte stattfinden sollen. Het Laatste Nieuws rechnet vor: Vor genau zwei Monaten haben wir gewählt. Und noch immer hat sich nichts getan. Immer noch können die Sozialisten nicht über ihren eigenen Schatten springen und zumindest mit der N-VA sprechen. Kälteste Eiszeit auch bei 40 Grad Außentemperatur – das ist doch zum Heulen. Und dann macht noch das Gerücht die Runde, dass im August eine Pause bei der Regierungsfindung eingelegt werden soll. Dass wir uns nicht falsch verstehen: Wir gönnen jedem seinen Urlaub. Aber eine Pause kann man doch nur einlegen bei etwas, was schon begonnen hat. Haben wir etwas verpasst?, fragt sich rhetorisch Het Laatste Nieuws.
Het Belang van Limburg bemerkt: Die Gründe von Di Rupo für die Absage des Treffens mit De Wever sind nicht klar. Es ist jedoch zu hoffen, dass diese Gründe nicht auch die Idee der beiden Informatoren torpedieren werden, alle Parteivorsitzenden zu einem ersten Gespräch an einem Tisch zu versammeln. Diese Idee - so ist ja zu hören - wollen die Informatoren dem König wohl am Montag vorstellen. Wenn das so kommt, bleibt zu hoffen, dass auch die PS an so einem Runden Tisch teilnehmen wird. Denn es wären ja nur erste Gespräche. Um Details würde es noch nicht gehen, erinnert Het Belang van Limburg.
Auf die wesentliche Frage konzentrieren
De Morgen rät: Es wird Zeit, dass die Politik sich auf die wesentliche Frage konzentriert, die sich nach der Wahl stellt, und alle anderen Analysen über das "rechte Flandern" oder die "linke Wallonie" und die anscheinend unüberbrückbaren Gegensätze beiseiteschiebt.
Diese Frage ist einfach: Wollen N-VA und PS zusammen eine Regierung bilden - ja oder nein? Um nichts anderes geht es. Zwei Monate nach den Wahlen, in denen nichts als Stillstand geherrscht hat, haben die Bürger des Landes das Recht auf eine Antwort auf diese Frage, fordert De Morgen.
Dunkle Wolken am Wirtschaftshorizont
Auch De Tijd findet: Es wäre dringend nötig, dass auch die Politiker endlich den Ernst der Lage erkennen und sich zu einer Regierung zusammenraufen. Denn erst am Donnerstag haben neue Äußerungen des Chefs der Europäischen Zentralbank dunkle Wolken am Wirtschaftshorizont erscheinen lassen. Im September, so Mario Draghi, werde die Zentralbank neue Maßnahmen ergreifen, um der europäischen Wirtschaft zu helfen. Im Umkehrschluss heißt das: Dieser Wirtschaft geht es nicht gut. Aus Deutschland kommen Meldungen, die von Rezession sprechen. Das würde direkte Folgen für die exportorientierten belgischen Unternehmen haben. Deshalb braucht Belgien jetzt schnell eine Regierung, die entsprechend gegensteuern könnte, wünscht sich De Tijd.
Auch L'Echo kommentiert die Äußerungen von Draghi und ergänzt: Neben der Ankündigung von Maßnahmen im September sagte der Zentralbankchef aber auch, dass es "Inseln des Widerstands" gegen die sich verschlechternde Wirtschaftslage gäbe. Welche genau das sind, sagte er nicht. Genauso ließ er offen, welche Maßnahmen die Zentralbank im September treffen werde. Eins ist jedoch sicher: Der September wird ein heißer Monat für die Wirtschafts- und Finanzmärkte, ist sich L'Echo sicher.
Kay Wagner