"Brussels Airlines bekommt ein wenig Autonomie zurück", titelt die Wirtschaftszeitung L'Echo. "Brussels Airlines wird nicht zur Billigmarke", so die Schlagzeile vom GrenzEcho. "Ist das ein vergiftetes Geschenk?" fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins.
Die belgische Fluggesellschaft Brussels Airlines hat gestern von der deutschen Muttergesellschaft Lufthansa erfahren, dass die Integration in den Billigflieger Eurowings gestoppt wird. Brussels Airlines soll künftig als eigenständiges Tochterunternehmen unter dem Dach von Lufthansa weiterfliegen.
Dazu kommentiert L'Echo: Eigentlich war schon vor zwei Jahren klar, dass Brussels Airlines nicht zum Billigflieger Eurowings passt. Brussels Airlines, das steht bis heute für ein prestigeträchtiges Netz in Afrika. Jetzt hat das auch Lufthansa erkannt und gibt Brussels Airlines eine gewisse Autonomie zurück. Die Freude darüber – auch bei den Gewerkschaften – ist groß, doch Lufthansa erwartet auch eine Gegenleistung. Rund fünf Prozent mehr Rentabilität wird verlangt. Diese Mission ist nicht unmöglich. Obwohl sie schon in drei Monaten abgeschlossen sein soll, so L'Echo.
Het Belang van Limburg hält fest: Die Freude bei Brussels Airlines war gestern groß. Zumal die Entscheidung für wohl alle ziemlich überraschend kam. Gerade bei den Gewerkschaftern herrschte fast schon Euphorie. Obwohl auch sie wissen: Die angekündigte Neustrukturierung wird Arbeitsplätze kosten. Die Pläne dafür sollen im September vorgelegt werden. Was dann auch eine gute Nachricht für alle Urlauber ist: Mit Streiks bei Brussels Airlines ist in den Sommermonaten nicht zu rechnen, jubelt Het Belang van Limburg.
Eilig hat es keiner
L'Avenir schaut auf die Koalitionsverhandlungen zwischen PS und Ecolo in der Wallonie und stellt dazu viele Fragen: Warum wollen die beiden Parteien eine Regierung bilden? Sie haben gerade mal 40,7 Prozent der Wählerstimmen bekommen. Reicht das, um ihnen das Gefühl zu geben, eine legitime Regierung zu bilden? Was machen Ecolo und PS mit den 59,3 Prozent der übrigen Wallonen, die nicht für sie gestimmt haben? Warum wollen sie unbedingt die Zivilgesellschaft mit an der Regierung beteiligen, die im Grunde doch auch nur befreundete Führungskräfte sind? Gerade Ecolo sollte sich noch mal überlegen, was die Partei da gerade macht. Denn Ecolo hat sich ja eigentlich auf die Fahnen geschrieben, eine gute Regierungsführung praktizieren zu wollen, stichelt L'Avenir.
Mit der Suche nach Regierungen beschäftigt sich auch De Tijd und stellt fest: Anders als noch vor fünf Jahren hat es diesmal keiner eilig. Die Ausgangslage ist auch um einiges komplizierter. Dass sich jetzt in den Regionen langsam etwas tut, erscheint logisch. Eine linke Regierung in der Wallonie und eine Mitte-Rechts-Regierung in Flandern würden dem Wählerwillen entsprechen. Auf dieser Basis würde die Bildung einer Föderalregierung allerdings auch sehr kompliziert. Zwei Szenarien zeichnen sich ab: Entweder eine neue Marathonkrise ohne Regierung. Oder erneut eine asymmetrische Regierung, die in einem der beiden Landesteile keine politische Legitimität hat, analysiert De Tijd.
Weltmeister Belgien
Het Nieuwsblad beobachtet: Der königliche Informator Didier Reynders ist gerade für drei Tage in Straßburg beim Europarat, um sich dort für einen europäischen Topjob vorzustellen. Sollte er nicht eigentlich an der Seite seines Kollegen Johan Vande Lanotte als königlicher Informator sein, auf der Suche nach einer neuen Föderalregierung? Die bittere Wahrheit ist, dass es im Grunde egal ist. Die Bemühungen, eine Föderalregierung zu finden, sind quasi zum Erliegen gekommen. Richtig besorgt scheint darüber niemand zu sein, kritisiert Het Nieuwsblad.
Auch Het Laatste Nieuws regt sich darüber auf: Alle tun so, als ob es das Normalste der Welt wäre, keine Regierung zu haben. Ein Monat nach den Wahlen haben nur die Deutschsprachigen eine Regierung. Der Rest des Landes tut so, als ob man mit dem alten Personal einfach weitermachen könnte. So, als ob es keine Wahlen gegeben hätte. Das ist Selbstbetrug. Und darin ist Belgien Weltmeister, ätzt Het Laatste Nieuws.
(K)eine schöne Lektion in Sachen Demokratie
Le Soir kommentiert zur Suche nach einem neuen EU-Kommissionspräsidenten: Egal, wer es sein wird: Er oder sie wird eine Enttäuschung sein. Er oder sie wird das Produkt des Geschachers der Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen sein. Mit Demokratie hat das nichts zu tun. Es sind die gleichen Staats- und Regierungschefs, die sonst immer davon sprechen, den Graben zwischen Bürgern und Politik schließen zu wollen. Ihr Verhalten ist ein Schritt in die falsche Richtung, ärgert sich Le Soir.
La Libre Belgique notiert zu den Bürgermeisterwahlen in Istanbul: Da haben die türkischen Wähler eine schöne Lektion in Sachen Demokratie abgeliefert. Nicht nur, dass bei dieser Wiederholung der Wahlen die Beteiligung mit 84 Prozent sehr hoch lag. Sondern auch, dass sie der Partei von Staatspräsident Erdoğan zum zweiten Mal eine Niederlage zugefügt haben. Daran wird sich Erdoğan noch lange erinnern. Und die Wahl des republikanischen Kandidaten ist auch ein Zeichen dafür, dass die Türken frischen Wind in der Politik wollen, freut sich La Libre Belgique.
Kay Wagner