"Greta ist da", titelt Het Nieuwsblad. "Hoher Besuch für die Klima-Schwänzer", so die Schlagzeile von De Morgen. "Klima-Messias Greta zieht durch Brüssel", so formuliert es De Standaard.
Am heutigen, inzwischen siebten Klima-Donnerstag, wird auch die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg, an der großen, in Brüssel vorgesehenen Schülerdemo teilnehmen.
Die 16-Jährige hatte schon Mitte vergangenen Jahres mit ihrem "Schulstreik für das Klima" begonnen und gilt damit als Begründerin der Bewegung.
Einige Zeitungen bringen ein Porträt des Mädchens mit den charakteristischen Zöpfen. "Wer ist eigentlich Greta Thunberg?", fragt sich etwa L'Avenir. "Greta, die Ikone, die die jungen Belgier für den Klimaschutz begeistert hat", schreibt La Libre Belgique.
Tatsächlich haben sich ja die Initiatorinnen der belgischen Schüler-Demos nach eigenen Worten von dieser Greta Thunberg inspirieren lassen.
Klimaschutz: die Rolle der Schule
Der Klimaschutz am Donnerstag ist fast schon zu einer Tradition geworden wie früher der Fisch am Freitag, meint dazu Het Nieuwsblad.
Heute ist aber dann doch nochmal ein besonderer Tag. Greta Thunberg dürfte jetzt nochmal dafür sorgen, dass sich alle Augen auf die Brüsseler Demos richten werden.
Die Schulen sollten die Teilnahme an den Kundgebungen aber nicht mehr weiter fördern, findet Het Nieuwsblad.
Die Verantwortung der Lehranstalten ist vielmehr pädagogischer Natur. In dieser äußerst komplexen Thematik ist vor allem Wissen vonnöten, so Het Nieuwsblad. Hier geht es um viel mehr als nur steigende Wasserstände. Selbst diese junge Generation muss ihre Sorgen irgendwann mit korrekten Fakten und wissenschaftlichem Hintergrundwissen unterfüttern.
Nur so wird man zum Klima-Realisten im besten Sinne des Wortes. Nur so kann man seinen Kritikern fundierte Antworten entgegenstellen, die die netten Slogans übersteigen. Hier hat das Unterrichtswesen eine zentrale Rolle zu spielen.
"Eine Bürgermeisterin gehört ins Cockpit"
Viele Leitartikler beschäftigen sich aber auch heute noch mit dem abgesagten Vortrag von Theo Francken in Verviers. Der N-VA-Politiker sollte in einem örtlichen Hotel an einer privaten Veranstaltung teilnehmen.
Vor dem Gebäude protestierten aber rund 100 Menschen gegen den früheren Asylstaatssekretär. Einige Demonstranten beschädigten sogar das Auto des Politikers. Francken sagte daraufhin seine Teilnahme kurzfristig ab.
Pikant ist dabei, dass die PS-Bürgermeisterin von Verviers, Muriel Targnion, unter den Demonstranten war. "Dieser Besuch war eine Provokation", rechtfertigt sie in L'Avenir ihre Teilnahme an der Protestkundgebung. Dennoch droht ihr eine Disziplinarstrafe.
Für die MR-Aufsichtsministerin Valérie De Bue hat Targnion ihre Aufsichtspflicht verletzt. Eine der wichtigsten Aufgaben einer Bürgermeisterin sei es schließlich, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Le Soir kann diese Argumentation nachvollziehen. Eine Bürgermeisterin gehört ins Cockpit.
Natürlich hat jeder das Recht, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Im vorliegenden Fall konnte es aber so aussehen, als sei der Bürgermeisterin der Ausdruck ihrer Meinung wichtiger als die Koordinierung ihrer Polizeikräfte. Dabei waren Ausschreitungen im Grunde vorprogrammiert.
Das Ganze war letztlich kontraproduktiv. Die Ereignisse haben aus Theo Francken den "Held des Tages" gemacht. Er konnte wieder seine Paraderolle spielen, meint Le Soir, die des Opfers nämlich.
Das Alles war zu viel der Ehre, wettert auch La Libre Belgique. Wie bekommt Theo Francken seine Aufmerksamkeit? Wie kann er seine Thesen verbreiten? Wie kann er möglichst glaubwürdig den Märtyrer geben? Die FGTB und andere linke Demonstranten haben gezeigt, wie es geht.
Und das mit freundlicher Unterstützung der PS-Bürgermeisterin Muriel Targnion.
Natürlich sind viele der von Francken propagierten Thesen unerträglich. Ihn am Reden zu hindern, ist aber nicht die Lösung, ist sich La Libre Belgique sicher.
So viel Aufmerksamkeit hatte Francken nun wirklich nicht verdient.
Frankophones Zerrbild der N-VA spielt der Partei in die Karten
Gerade, wenn es auf Wahlen zugeht, scheint Rechtsstaatlichkeit für so manchen relativ zu werden, meint auch De Standaard.
Plötzlich glauben gewisse Leute, dass ihre Rechte wichtiger sind als die ihre Gegner. Es ist schlichtweg inakzeptabel, dass Theo Francken vorgestern in Verviers am Reden gehindert wurde.
Und geradezu besorgniserregend ist es, dass ausgerechnet die Bürgermeisterin, die doch verantwortlich ist für Ordnung und Sicherheit, unter den Demonstranten war. Zu behaupten, man könne aus einer Demo heraus diese Aufgabe erfüllen, ist sowohl aus administrativen als auch aus rechtlichen Gründen blanker Nonsens.
Ihre Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass sowohl Francken als auch seine Gegner, ihre Meinung zum Ausdruck bringen konnten. Ihre eigene Meinung tut da nichts zur Sache, wertet De Standaard Targnions Verhalten.
Madame Targnion hat hier wohl eine Ballett-Tänzerin imitieren und einen lupenreinen Spagat hinlegen wollen, giftet auch Het Laatste Nieuws.
Das hat auch mit dem Zerrbild zu tun, das im frankophonen Landesteil von Theo Francken gemacht wird, glaubt Het Laatste Nieuws. Da gehört es zum guten Ton, den N-VA-Politiker als Rechtsextremisten oder Faschisten hinzustellen. Ohne Nuance.
Vor fünf Jahren hatte ja Laurette Onkelinx schon "marschierende Nazi-Stiefel" gehört. Dieses Schwarz-Weiß-Denken spielt der N-VA in die Karten, schreibt die Zeitung. Und ganz nebenbei auch der PS, die sich als Bollwerk gegen die angeblichen Faschisten sieht.
Das lässt beide Landesteile immer weiter auseinander driften. Die Spaltung des Landes mag derzeit kein Thema sein, die Scheidung der Geister schreitet aber unermüdlich voran, bemerkt Het Laatste Nieuws.
"Stunde der Wahrheit für die Kirche"
Einige Zeitungen blicken schließlich noch auf den Vatikan. Dort sollen die höchsten Vertreter der Katholischen Kirche jetzt dreieinhalb Tage lang darüber beraten, wie man aus dem Skandal um den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen herauskommen kann.
Das GrenzEcho spricht von einem "Schicksalsgipfel" für den Papst. Le Soir formuliert es so: "Pädophilie, die Stunde der Wahrheit für die Kirche".
Den Missbrauchsskandal einzuräumen und um Entschuldigung zu bitten, das reicht nicht, sind sich L'Avenir und das GrenzEcho einig.
Die Zeit ist mehr als reif für eine gründliche Aufarbeitung. Man muss die Lehren daraus ziehen und auch entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Hier geht es um Glaubwürdigkeit. Ansonsten droht der "Fels in der Brandung" unterzugehen.
Roger Pint