"Waffenstillstand nach 1.561 Tagen Krieg", titelt Gazet van Antwerpen. "100 Jahre nach dem 11. November 1918", so die Zeile von La Libre Belgique. "Trump verpasst Macrons Friedensgipfel eine Absage", meint Le Soir.
Wir müssen uns erinnern, damit sich die Geschichte nicht wiederholt, fordert La Libre Belgique. Denn sind sich die jungen Leute heute noch des Respekts bewusst, den die gefallenen Soldaten nach 100 Jahren noch verdienen? Wissen sie, wofür die Kriegsdenkmale stehen, wenn sie daran vorbeigehen? Deshalb sind Zeremonien, wie die am Sonntag in Paris so wichtig. Vergessen wir einmal die Polemik darum und dass diese Zeremonien auch als Marketing-Instrument für den Tourismus benutzt werden. Aber lasst uns in Erinnerung behalten, dass guter Geschichtsunterricht verhindern kann, dass tragische Momente der Geschichte in Vergessenheit geraten. Und dass er verhindern kann, dass sie sich wiederholen, mahnt La Libre Belgique.
Reicht es aus, sich zu erinnern, um dieselben Fehler nicht noch einmal zu begehen?, fragt hingegen L'Avenir. Nein, absolut nicht. Wir wissen mittlerweile alle, dass es sehr viel komplexer ist. Wenn man gezwungen wird, sich zu erinnern, kann das auch kontraproduktiv sein.
Die Schwierigkeiten internationaler Kooperation
Aber die Erinnerung an vergangene Kriege muss vor allem helfen, um die Gegenwart aufzuklären. Es muss aufgeklärt werden über die Gefahren von Nationalismus, von blindem Vertrauen in demagogische Führer und von der Nutzung von Waffen, um Meinungsverschiedenheiten zu regeln. Wenn das nicht passiert, ist die Erinnerung umsonst, meint L'Avenir.
"Nie wieder Krieg", titelt Le Soir. Die Zeitung setzt jedoch ein Fragezeichen dahinter. Nie wieder Krieg, das war einmal in Stein gemeißelt. Aber manche Staatschefs verstecken ihre Besorgnis mittlerweile nicht mehr. Das geopolitische Gleichgewicht wird durch den Populismus in Gefahr gebracht. Es gibt Rufe nach harten Grenzen und Kritik an internationaler Kooperation. Bei den Gedenkfeiern geht es deshalb nicht mehr nur um das Gedenken an die Vergangenheit. Es geht auch um die aktuellen Herausforderungen. Dass der amerikanische Präsident Donald Trump dem Friedensgipfel in Paris fernbleibt, zeigt zum einen die Schwierigkeiten dieser internationalen Kooperation auf. Zum anderen zeigt es, wie unbedingt notwendig ein gemeinsames Vorgehen ist, schreibt Le Soir.
Krieg scheint heute in Europa undenkbar
"Erinnerung muss bleiben", fordert das GrenzEcho. Im November häufen sich historische Daten. Ein Jahr vor dem Ende des Ersten Weltkriegs begann die russische Revolution. 20 Jahre später brannten in Deutschland die Synagogen, ebenfalls im November. Weitere 52 Jahre später fiel die Mauer in Berlin. Ganz schön viele Daten und Namen aus einer Zeit, die uns weit weg zu sein scheint. Erinnerungen - gerade die an leidvolle Ereignisse des 20. Jahrhunderts mögen schmerzen. Sie sind aber notwendiger denn je, findet das GrenzEcho.
Heute ist es undenkbar geworden, dass Frankreich und Deutschland sich wieder in einem bewaffneten Konflikt gegenüberstehen, schreibt Het Nieuwsblad. Aber im Rest der Welt gibt es immer noch Krieg. Sind wir naiv, wenn wir denken, dass wir dagegen immun geworden sind? Es waren andere Zeiten. Umgehender Nationalismus sorgte für tödliche Selbstsicherheit. Aber was uns der Erste Weltkrieg lehrt, ist das Frieden nicht von alleine kommt, heißt es in Het Nieuwsblad.
Vergiftete Kommunikation bei Bpost
Einige Leitartikel beschäftigen sich auch mit dem Streik der Postboten bei Bpost. Wo liegt das Problem?, fragt sich Het Belang van Limburg. Wir schreiben immer weniger Briefe und Postkarten und Bpost muss sich nach anderen Verdienstmöglichkeiten umsehen. Eigentlich ist das aber kein Drama. Denn es werden vielleicht weniger Briefe aber dafür mehr Pakete verschickt. Bpost muss sich dann aber vielmehr auf Logistik konzentrieren. Es gibt neue Herausforderungen und neue Arbeitsprofile, Mitarbeiter müssen umgeschult werden.
Eine zweite Herausforderung ist die Börsennotierung des Unternehmens. Bpost hat seinen Anlegern enorme Dividenden versprochen. Aber höhere Investitionen kombiniert mit größeren Einkünften und der Auszahlung teurer Dividenden ist nicht möglich. Bpost steckt fest. Allgemein steht es aber gar nicht so schlecht um das Unternehmen. Het Belang van Limburg erinnert an 200 Millionen Euro, die Bpost noch auf dem Sparbuch hat. Das eigentliche Problem ist die vergiftete Kommunikation. Die größte Herausforderung für Bpost-Chef Koen Van Gerven ist es nun also, das Vertrauen der Mitarbeiter, der Sozialpartner und der Kunden zurückzugewinnen.
Hauptgeschäftsbereich in Gefahr
Die Wirtschaftszeitung L'Echo schätzt die Lage von Bpost dramatischer ein. "Die Gewerkschaften unterschätzen die Veränderung bei Bpost", so die Überschrift. Bpost ist kein Staatsunternehmen mehr. Und Bpost hat in seinem Geschäftsbereich keine Monopolstellung mehr.
Auf dem Markt der Paketzusteller steht das Unternehmen nun im Wettbewerb mit vielen anderen Akteuren, sowohl belgischen als auch ausländischen. Darunter sind klassische Privatunternehmen und andere ehemalige Monopolisten, wie etwa die niederländische PostNL, kleine Unternehmen und weltweite Riesen wie Fedex oder UPS. Wenn Bpost jetzt durch eine Streikaktion lahmgelegt wird, ist sein Hauptgeschäftsbereich in Gefahr. Die frustrierten Kunden sind sofort geneigt, zur Konkurrenz zu gehen.
Peter Eßer