"May zieht in den Kampf gegen Brexit-Hardliner", titelt heute De Standaard. Die Wirtschaftszeitung De Tijd schreibt: "May im Kampf gegen die Brexit-Krise nach Rücktritt zweier Schlüsselfiguren". Und Het Nieuwsblad findet nur ein Wort: "Brexit-Chaos".
Die Zeitung fragt sich dann auch, wer als erstes zusammenbrechen wird: Die EU, das Vereinigte Königreich oder die konservative Tory-Partei? Nach dem Rücktritt der beiden prominenten Hardliner David Davis und Boris Johnson aus der Regierung scheint es wohl Letzteres zu werden. Die regierenden Tories sind intern über den Brexit besonders gespalten. In der vergangenen Woche, zwei Jahre nach dem Referendum und weniger als neun Monate vor dem Verstreichen der Deadline, versuchte May ihre Mannschaft für eine deutliche Definition des Brexits zusammen zu trommeln. Drei Tage später kämpft sie erneut um ihr politisches Überleben und droht dabei ihre eigene Partei zu zerreißen.
May hatte Hardliner auf wichtige Brexit-Positionen gesetzt, um sie so ins Boot zu nehmen. Doch wie es sich für wahre Populisten gehört, schafften die es gleichzeitig in der Regierung zu sitzen und an der Seitenlinie stehen zu bleiben. Das Problem ist nicht, dass sie für den harten Brexit sind, sondern dass sie bei jedem Einwand so tun, als ob ein bisschen Selbstvertrauen alles auflösen könnte. Dabei hat jede Verhandlungsrunde mit der EU gezeigt, dass nicht, nur weil die Briten etwas wollen, sie es auch bekommen, stellt Het Nieuwsblad fest.
Mays Plan gut für Belgien
De Tijd findet: Das Gute ist, dass Premierministerin May endlich einen Plan hat, mit dem sie die Verhandlungen mit der EU führen kann. Nicht alles was sie sich vorstellt, ist für Brüssel akzeptabel. Aber es kann zumindest verhandelt werden, jetzt, da mit Boris Johnson der größte Störfaktor verschwunden ist. Die zweite positive Entwicklung ist, dass die britische Regierung, in den Verhandlungen den wirtschaftlichen Schaden begrenzen und den Handel mit der EU so wenig wie möglich erschweren will. Das ist gut für Belgien, das zusammen mit Irland und den Niederlanden am empfindsamsten ist für Störungen im Handel mit dem Vereinigten Königreich. Die wichtigste Bedingung für diesen Optimismus ist allerdings, dass die britische Regierung nicht stürzt, notiert De Tijd.
Trump – Geschäftsmann, kein Politiker
Andere Zeitungen beschäftigen sich mit dem anstehenden Nato-Gipfel in Brüssel. US-Präsident Donald Trump hat sich selbst zur Priorität des Gipfels ausgerufen, schreibt De Morgen. Offiziell wird er die Forderung wiederholen, dass alle Nato-Mitgliedsstaaten mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben müssen. Es scheint aber so, dass Trump diese Frage lediglich als Eisbrecher nutzen wird, um in anderen Dossiers voran zu kommen. Welche diese anderen Dossiers sein werden, bleibt mysteriös.
Allerdings gibt es Vermutungen, dass Trump sich in den kommenden Tagen als Handelsreisender für seine F-35-Kampfflugzeuge entpuppen wird. Nicht nur in Belgien, sondern auch in Italien ist die F-35-Bestellung in Gefahr geraten. Dass der republikanische Kongressabgeordnete Mike Turner als eine Art Vorhut nach Brüssel geschickt wird, um belgische Parlamentarier unter Druck zu setzen, ist vielsagend und beunruhigend. Es ist den belgischen Abgeordneten gegönnt, das Spiel und hoffentlich auch den Sieg unserer Roten Teufel zu genießen, aber sie sollten in den kommenden Stunden am besten auch ein waches Auge auf die Korrektheit des Ankauf-Dossiers der belgischen Kampfjets werfen, warnt De Morgen.
De Standaard fragt sich zum selben Thema, welche weiteren Botschaften Donald Trump für seine transatlantischen Freunde noch in petto hat. Neu im Vergleich zu seinem Besuch im vergangenen Jahr ist, dass er eine direkte Verbindung macht zwischen der Finanzierung der Nato und den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA. Trump ist und bleibt in erster Linie ein Geschäftsmann, kein Politiker. Dass Europa nicht nur zu wenig für das Bündnis beiträgt, sondern darüber hinaus auch noch einen großen Handelsüberschuss mit den USA erzielt, macht die Sache für ihn nur noch schlimmer. Indem er seine militärischen Verbündeten gegen sich aufbringt, könnte Trump sich aber ins eigene Fleisch schneiden. Je unberechenbarer die USA werden, desto mehr könnte die EU ihre Verteidigung und Sicherheit in die eigenen Hände nehmen wollen. Und das würde die amerikanische Waffenindustrie recht schnell am eigenen Leibe spüren, prophezeit De Standaard.
Der Heilige Gral
Wie fast alle belgischen Tageszeitungen, blickt auch Le Soir auf die Roten Teufel, die heute Abend in Sankt Petersburg zum ersten Mal überhaupt das Finale der Fußball-WM erreichen können, dem heiligen Gral des Fußballsports. Seit dem Sieg gegen Brasilien, sagt sich ganz Belgien, dass diese Heldentat keine Utopie mehr ist und dass die "goldene Generation" die nötigen Qualitäten hat, Frankreich zu schlagen und in die Fußballgeschichte einzugehen. Aber, im Grunde ist das was die Belgier seit Freitag so glücklich macht, dass die Mannschaft endlich einfach alles gibt, um dieses Ziel zu erreichen. Und das ist das wichtigste: Alles geben, um nichts zu bereuen, findet Le Soir.
Volker Krings