"Sudanbericht abgeschlossen, die Diskussion aber noch nicht", titelt De Morgen. "Keine belastbaren Beweise für Folter an Sudanesen", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Regierung will Rückführung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer besser organisieren", so die Schlagzeile von Le Soir.
Der Bericht des Generalkommissariats für Flüchtlinge und Staatenlose, den die Regierung in Auftrag gegeben hatte, ist am Freitag vorgestellt worden. Das Generalkommissariat sollte klären, ob sudanesische Flüchtlinge nach ihrer Rückführung misshandelt worden waren. Mehrere Sudanesen hatten das im Dezember behauptet, und dadurch für viel politischen Wirbel gesorgt.
Zu dem Bericht kommentiert Het Nieuwsblad: Der Bericht lässt viel Raum für Interpretation. Jeder kann sagen, dass er Recht hat - sowohl die Organisationen, die von Folterungen im Sudan sprechen, als auch die Opposition und die Regierung. Beispiel: Der Bericht sagt, dass die Regierung keinen Fehler bei der Rückführung von Flüchtlingen gemacht hat. Trotzdem legt er der Regierung nahe, Verbesserungen vorzunehmen. Es war dann auch nicht verwunderlich zu sehen, dass sich am Freitag keiner als Verlierer fühlte, sondern alle als Sieger, stellt Het Nieuwsblad fest.
Für jeden etwas dabei
Ähnlich sieht es Het Laatste Nieuws: Jeder kann sich rauspicken, was er will. Niemand verliert das Gesicht. Doch eines bleibt klar: Egal wie man den Bericht interpretieren möchte: Kein einziger Staatssekretär für Asylpolitik wird je mit Sicherheit behaupten können, dass ein Flüchtling, der in sein Heimatland zurückgeführt wird, dort nicht schlecht behandelt wird. Denn das zu behaupten ist schier unmöglich. Jeder Asyl-Staatssekretär muss seine Politik vor seinem Gewissen rechtfertigen, bemerkt Het Laatste Nieuws.
Andere Zeitungen sind wertender in ihrem Urteil zum Bericht. Le Soir führt aus: Die größte Lehre, die aus dem Bericht zu ziehen ist, ist die folgende: Man schickt nicht irgendwen, irgendwie, in egal welche Verhältnisse zurück. Die Regierung ist alles falschrum angegangen, nach dem Motto: Ich versuche zunächst mal was mit einigen Menschen, lasse das aber erst auf Druck hin überprüfen und passe die Prozeduren dann an. Dieses Vorgehen gleicht einem Kollateralschaden. Denn diesen "Test" hat die Regierung mit Menschen gemacht. Die Diskussion um diese Methode hat Belgien unnötig gespalten. Das hätte vermieden werden können, findet Le Soir.
L'Avenir stellt fest: Der Bericht sagt auf der einen Seite, dass man keine Beweise für die angeblichen Misshandlungen der Sudanesen gefunden hat. Auf der anderen Seite schließt der Bericht solche Misshandlungen aber nicht aus. Zweifel bleiben also bestehen. Deshalb muss man vorsichtig bleiben. Und Vorsicht heißt für einen demokratischen Rechtsstaat auch, nicht mit dem Schicksal von Menschen zu spielen, indem man sie einfach in ein Land zurückführt, wo man letztlich nicht genau weiß, was mit ihnen passiert, mahnt L'Avenir.
"Peinlich für die NGO"
De Morgen regt sich auf: Die Regierung tut jetzt gerade so, als ob alles gut wäre. Rückführungen in den Sudan - grundsätzlich kein Problem. Da werden kurzerhand all die Berichte über die Gräueltaten des Regimes in Khartum vom Tisch gefegt. Gerade so, als ob es sie nicht gäbe. Die Zusammenarbeit mit dem Sudan im Kampf gegen Terror und bei der Migrationskontrolle bleibt eine Schande für unsere europäischen Werte, wettert De Morgen.
Ganz anders De Standaard: Der Bericht ist peinlich für das Tahrir-Institut, das mit den angeblichen Beweisen für Folterungen im Sudan an die Öffentlichkeit getreten war. Und dadurch erst die politische Krise ausgelöst hat. Diese "Beweise" haben sich jetzt als nicht haltbar erwiesen. Alles umsonst. Da darf sich die NGO auch nicht beschweren, dass es jetzt weitergeht mit den Rückführungen. Das Gute an dem Bericht ist, dass die Rückführpraxis jetzt besser sein wird. Denn sie wird sich noch mehr um die Sicherheit der Flüchtlinge kümmern, so De Standaard.
Noch kein Crash
La Libre Belgique macht sich Gedanken zu der turbulenten Woche an den Börsen und führt aus: Zurzeit deutet alles noch daraufhin, dass es sich um keine große Krise handelt, sondern lediglich um Korrekturen. Als Beispiel mögen da die USA gelten. Im vergangenen Jahr hat die amerikanische Börse um 25 Prozent zugelegt. Die amerikanische Wirtschaft ist allerdings nur um 2,3 Prozent gewachsen. Man muss keinen Nobelpreis haben, um zu erkennen, dass da etwas nicht stimmt. Dass diese Zahlen jetzt zurechtgerückt werden ist gut. Denn erstens koppelt das die Börsen wieder besser an die Realwirtschaft. Und zweitens verringert es die Chance auf einen wirklich großen Börsen-Crash mit verheerenden Folgen, hofft La Libre Belgique.
Das GrenzEcho wendet sich in seinem Kommentar zu Martin Schulz direkt an den Leser und fragt: Können Sie noch nachvollziehen, wie oft Schulz sich nicht an das gehalten hat, was er vorher versprochen hatte? Als frischgebackener EU-Parlamentspräsident hielt Martin Schulz - vor fast genau sechs Jahren beim Antrittsbesuch in Eupen - ein wirklich beeindruckendes Plädoyer für Europa und warb im gleichen Atemzug auch um größere Glaubwürdigkeit der Politik. Glaubwürdigkeit, die er selbst vollkommen verspielt hat. Wäre er doch nur in Brüssel geblieben, seufzt das GrenzEcho.
Kay Wagner