"Muttertag", das Wort steht heute auf vielen Titelseiten. Fast alle Zeitungen erweisen heute den Mamas dieser Welt die Ehre. Het Belang van Limburg tut das zum Beispiel und meint: "Blumen sollten morgen vor allem auch mal die alleinerziehenden Mütter bekommen." De Morgen bringt gleich eine Sonderbeilage von 40 Seiten. "Flämische Muttis geben sich eine acht auf zehn; und was ist mit Ihnen?", fragt sich die Zeitung. "Und welche Lebenslektionen kann man von Müttern lernen?", fragt sich Het Nieuwsblad.
"Zeige Respekt für jeden", das zum Beispiel ist die Devise von Martine, der Mutter von Premierminister Charles Michel. "Sei fleißig in der Schule, dann bist du am Ende von niemandem abhängig", das hat Josée, die Mutter von Maggie De Block, ihrer Tochter mit auf den Weg gegeben. "Ohne Perfektion erreichst du nichts", das war das Lebensmotto von Sophie, der Mutter von Eric Domb, dem Direktor des Tierparks Pairi Daiza. Auch L'Avenir interessiert sich für Mamas Lebensweisheiten: "Diese Mütter sind 100 Jahre alt und erinnern sich", schreibt das Blatt auf Seite eins.
"Muttertag, das sollte aber auch eine Gelegenheit für die Väter sein, mal in sich zu gehen, findet De Morgen. Denn: Warum wohl werden die Muttis dieser Welt morgen mit Blumen überschüttet? Weil in vielen Fällen immer noch der größte Teil der Arbeit im Haushalt an ihnen hängen bleibt. Das führt dazu, dass Frauen oft nicht die Möglichkeit haben, ihre Talente und Fähigkeiten wirklich zu entfalten. Bei vielen Männern gibt es hier immer noch Nachholbedarf.
Polemik zum Muttertag
Der bevorstehende Muttertag hat derweil an einer Schule in der Brüsseler Stadtgemeinde Woluwe-Saint-Lambert für eine handfeste Polemik gesorgt. Die Direktion hatte beschlossen, dass die Kleinen keine Geschenke mehr für Muttertag basteln sollten. Das sorgte gleich für ein Sturm der Entrüstung: Selbst die föderale Staatssekretärin für Chancengleichheit, Zuhal Demir, wetterte schon, an besagter Schule würden gerade die westlichen Werte über Bord geworfen. Wie sich aber herausstellte, ging es nur darum, Kindern, die aus zerrütteten Familien kommen, die vielleicht ihre Mutter schon verloren haben, oder die zwei Väter haben, diesen Kindern Kummer oder Scham zu ersparen. "Da hat Zuhal Demir wohl zu schnell geschossen", bemerkt L'Avenir.
Erst nachdenken, dann reden, empfiehlt auch Gazet van Antwerpen. Immerhin hat die Staatssekretärin ihren Tweet später wieder zurückgezogen. Doch die Frage bleibt: Was ist denn jetzt mit den Geschenken zum Muttertag? Statt ganz darauf zu verzichten, sollten die Schulen vielleicht kreativer mit dem Thema umgehen. Wenn Kinder etwa drei Geschenke nötig haben, mein Gott, dann macht man eben drei. Ein selbst gemachtes Geschenk ist immer noch das schönste der Welt.
Wie realistisch ist ein Minimaldienst bei der SNCB?
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit dem Vorstoß des föderalen Transportministers François Bellot. Der hat am Freitag seinen Entwurf vorgestellt über die geplante Mindestversorgung im Streikfall bei der SNCB. "Es ist ein Minimaldienst light", notieren dazu Het Belang van Limburg und das GrenzEcho. Bellot sieht keine Zwangsverpflichtungen vor; vielmehr setzt er auf die Arbeitswilligen, mit deren Hilfe er bei einem Streik einen Notfahrplan auf die Beine stellen will. Die Gewerkschaften betrachten die Pläne dennoch als "inakzeptable Beschneidung" des Streikrechts.
La Libre Belgique ist aber voll des Lobes. Eine Mindestversorgung bei der SNCB ist absolut notwendig. Viel zu oft wird der Schienenverkehr durch Streikaktionen lahmgelegt. Das Streikrecht in Ehren, aber viel zu oft haben diese Protestaktionen einen rein korporatistischen Hintergrund, geht es nur ums Prinzip. Klar: Bellot steht erst am Anfang; er ist aber schon einmal auf dem richtigen Gleis.
Le Soir hingegen schmälert die Erwartungen. "Mutig ist der Entwurf, kühn sogar, aber ist er nicht doch nutzlos?", fragt sich das Blatt. Man kann sich an den fünf Fingern abzählen, dass die Gewerkschaften eine solche Mindestversorgung nie akzeptieren werden. Doch! Es gäbe da vielleicht eine Hintertür: Wenn der Kontext gesund ist, wenn die Staatsbahn wirklich mal einen Plan hat, wenn jeder weiß, wo es hingehen soll, wenn es vernünftige und respektvolle Beziehungen zwischen den Sozialpartnern gibt, wenn Vertrauen und Zuversicht herrschen, dann könnte man vielleicht auch über das Tabu Minimaldienst reden. Einige Leitartikler blicken zurück auf die bewegte innenpolitische Woche.
Heilsamer Druck?
Geprägt war die ja von Spannungen rund um die beiden Untersuchungsausschüsse, die sich mit dem Publifin-Skandal beziehungsweise der Kasachgate-Affäre beschäftigen. In beiden Fällen wurden Ausschussmitglieder von Nethys beziehungsweise Patokh Chodiev verklagt. Einer von ihnen ist der Ecolo-Kammerabgeordnete Georges Gilkinet. Der sagt ganz klar auf Seite eins von La Libre Belgique: "Die Macht des Geldes bringt die Demokratie in Gefahr".
Man kann beiden Episoden aber auch etwas Positives abgewinnen, glauben einige Blätter. Natürlich gibt es Unruhe, wenn die Unternehmen oder Personen, die im Mittelpunkt der Arbeit eines Untersuchungsausschusses stehen, plötzlich mit Schadensersatzklagen drohen, meint etwas L'Avenir. Besagten Kommissionen hat der Druck der Anwälte aber im vorliegenden Fall noch zusätzlichen Auftrieb gegeben. Und, nicht unwesentliche Nebenwirkung: Hier zeigt sich, dass man eben doch nicht alle Politiker in einen Sack stecken kann, dass viele unter ihnen immer noch ehrlich und aufrichtig sind.
L'Écho schlägt in dieselbe Kerbe. Die Anwälte von Nethys und Patokh Chodiev agieren nach dem Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung". Das mag aus moralischer Sicht schockieren. Paradoxerweise ist es aber so, dass eben diese Destabilisierungsversuche eigentlich einen heilsamen Schock verursachen. Die Ausschussmitglieder sehen sich in ihrer Arbeit bestätigt, die Demokratie kann davon nur profitieren.
L'Echo veröffentlicht heute ein Interview mit N VA-Chef Bart De Wever. Die Schlagzeile auf Seite eins gibt schon den Ton an: "Bei allem Respekt für Elio Di Rupo, aber der ist, politisch gesehen, ein lebender Toter", sagt De Wever.
Sonderministerrat oder Gruppentherapie?
Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws bringen schließlich eine Meldung, die noch viel Staub aufwirbeln dürfte: "Bald muss jeder Belgier seinen Fingerabdruck abgeben". Passieren soll das bei der Erneuerung des Personalausweises. In einer ersten Phase soll aber keine zentrale Datenbank für diese Fingerabdrücke angelegt werden. Die Maßnahme diene demnach allein der Sicherung der Identitätskarte. Verabschieden will die Regierung das auf einem Sonderministerrat, der am Sonntag stattfinden wird.
Das Abhalten eines solchen Superministerrats, das ist ein altes Rezept, bemerkt Het Nieuwsblad. Schon der frühere Premier Guy Verhofstadt sah darin eine Möglichkeit, seiner Regierung neuen Schwung zu geben. Erst recht im Fall der Regierung Michel ist das am Sonntag eigentlich so eine Art Gruppentherapie. Die Botschaft lautet einzig: "Wir verstehen uns prächtig". Das allerdings will man dieser Koalition einfach nicht glauben.
Roger Pint - Illustrationsbild: Yahya Arhab (epa)