Vier Wochen noch bis zu den Wahlen – und die Nervosität steigt. Mit einer rustikaleren Rhetorik ließe sich feststellen: Dem einen oder anderen geht der Arsch auf Grundeis.
Das dabei auftretende Rumoren im Magen-Darm-Trakt erinnerte die Schöpfer dieser Redewendung daran, wie bei Tauwetter das Eis vom Boden der Binnengewässer an die Oberfläche stieg und dabei gurgelnde Geräusche machte. Und damit wären wir auch schon bei "Power Maik".
Denn der vermutet in einem viral gehenden Videomitschnitt das Grundeis genau da, wo das gurgelnde Geräusch im übertragenen Sinn herkommt: "Den Arsch aufreißen" werde er "den Politikern", verspricht er wörtlich, "bis zum Grundeis"!
Im Hintergrund ist angeheitertes Gelächter und Gejohle zu hören. Es habe sich nur um einen Auftritt in feucht-fröhlicher Runde gehandelt, angeblich "heimlich gefilmt" und ins Netz gestellt – wobei das nicht das eigentliche Problem ist. Dass sich der bloßgestellte Protagonist taktvoll zurückgehalten hätte, lässt sich ja nicht gerade behaupten, wie er sich da breitbeinig auf einem Tisch stehend, Hände in den Hosentaschen, dem Publikum präsentiert.
Dass der Mann "harmlos" sei, "das Herz am rechten Fleck" habe – mag alles sein. Nur kandidiert er auch am 9. Juni bei den Wahlen zum Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Mit offensichtlich haarsträubenden Vorstellungen. Gut, dass der zuletzt so häufig niedergehende Sahara-Staub gar kein Sahara-Staub sei, das erzählt nicht nur er. Das ist mir auch bei mindestens einer anderen Kandidatin auf einer anderen Liste begegnet. Wenn er aber "die ganzen Scheiß-Politiker" als "Dreckhaufen" tituliert, hört der Spaß auf.
Inzwischen hat er sich zu dem Vorkommnis, bei dem ein "bisschen zu viel Alkohol im Spiel" gewesen sei, per Social Media gemeldet. Und sich vor allem über die Verbreitung des Videos beschwert. Etwas mehr als eine halbherzige Entschuldigung an die Adresse der Politiker hätte es aber schon sein dürfen. Zumindest so etwas wie ein Eingeständnis.
"Die Politiker" machten in dieser Woche auf andere Weise Schlagzeilen, unfreiwillig. In Dresden ist der Europaabgeordnete Matthias Ecke beim Aufhängen von Wahlplakaten krankenhausreif geschlagen worden, von vier jungen Männern. Und es gab weitere tätliche Angriffe auf Politiker und Parteihelfer von den Grünen, der AfD, der SPD. Die Gewaltbereitschaft falle nicht vom Himmel, hieß es. Die ebenfalls attackierte Franziska Giffey spricht von einer "Freiwildkultur".
Was tun? Eigens Strafrechtsbestimmungen für Angriffe auf Politiker und ehrenamtliche Helfer der Parteien? Das wäre die "Sonderbehandlung", die wutentbrannte "Volksaufklärer" ihnen gerade unterstellen und zum Vorwurf machen. Und doch: 1990 wurden Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble bei Wahlkampfauftritten schwer verletzt. 2015 überlebte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker nur knapp ein Attentat, 2019 wurde Walter Lübcke von einem Rechtsextremisten ermordet.
Auch in Ostbelgien standen Politiker unter besonderem Schutz, nach Schmierereien am Triangel und einem Brandanschlag auf das Wohnhaus des Europaabgeordneten Pascal Arimont. Das und der durch "Hate speech" erzwungene Rücktritt des damaligen Unterrichtsministers Harald Mollers führte zum Aufschrei der Aufrechten unter dem Siegel "Speak Up! gegen Fake News und Hetze im Netz".
Weitere Ausreißer sorgten dafür, dass sich das PDG gründlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Herausgekommen ist unter anderem ein selbstverpflichtender Ethikkodex, der diese Woche bei einer der letzten Sitzungen des Parlaments einstimmig angenommen wurde. Um nicht den neuen Abgeordneten diese Arbeit überlassen zu müssen.
Vielleicht ist ja noch Zeit, allen 159 Kandidaten zur PDG-Wahl diesen Kodex zukommen zu lassen.
Stephan Pesch
Herr Pesch.
In Ihrem Kommentar beklagen Sie ein Problem, nämlich Angriffe und mangelnden Respekt vor Politikern.Nur sagen Sie nichts zu den Ursachen.Es ein Zeichen, dass viele das Vertrauen in die Politik verloren haben.Dann sehen dann einige nur noch Gewalt als Lösung.Das war schon immer so.Auch vor dem Internetzeitalter.Zum Beispiel die Attentate in der Weimarer Republik oder die Attentate der RAF in Deutschland in den 70er und 80er Jahren.
Dagegen hilft nur glaubwürdige und transparente Politik durch glaubwürdige Personen.Härtere Strafen sind keine Ursachenbekämpfung sondern nur ein Herumdoktern an Symptomen.
Solange "Power Maik" sich im Rahmen des Erlaubten bewegt, ist alles in Ordnung.War sein Verhalten ein Gesetzesverstoß oder einfach nur pure Dummheit ? Das sollte die zentrale Frage sein.
Warum wird eigentlich nicht erwähnt, auf welcher Liste „Power Maik“, der mit bürgerlichem Namen wohl Maik Schmitz heißt, kandidiert?
Frau Huppertz sollte sich von diesem „Mitstreiter“ distanzieren, wenn man ihrer Liste auch nur im Ansatz Seriosität attestieren soll.
Politiker sind nicht besser oder schlechter als Otto-Normal-Verbraucher, dh manche sind auch Täter. Da möchte die Groen-Politikerin Tinne Van der Straeten den MR-Vorsitzenden Georges-Louis Bouchez verklagen wegen übler Nachrede.
Aber am schlimmsten finde ich Boykottaufrufe gegen Israel von diversen linken Politikern. Die haben zur Konsequenz, dass jüdische Mitbürger in Angst leben und sich nicht sicher fühlen. Das 80 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg. Das ist viel schlimmer als die Äußerungen von "Power Maik".
Zunächst sind alle 159 Kandidaten die sich zur Wahl stellen Bürger, dies sollte mal festgehalten werden. Wenn sie dann gewählt wurden sind es von jetzt auf gleich Politiker. Ist schon etwas seltsam. Ich plädiere auf jeden Fall für einen respektvollen Umgang im politischen wie zwischenmenschlichen Diskurs. Das nicht alle Kandidaten das gleiche Bildungsniveau haben sollte auch klar sein. "Power Maik" hat sich nun
mit seinen Gerede zwar ins Gespräch gebracht, ob das ihm bei seinem Status als Kandidat hilft, wird sich zeigen. Er hat aber ganz klar eine rote Linie überschritten und er ist sich dessen bewusst. Eine Entschuldigung ist fällig. Ich respektiere aber jeden einzelnen Kandidaten der sich den Votum stellt. Nur so kann Demokratie funktionieren.
Eine 2.000 Jahre alte Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen findet sich in der Bibel, hervorzuheben sind die Bergpredigt, Gleichnisse und Kritik unseres Herrn Jesus Christus, inkl. Beschimpfungen.
"Pharisäer, ihr Schlangenbrut"
"...man sollte ihnen einen Mühlstein um den Hals hängen und in den Tiefen des Meeres versenken."
"Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden und nach dem Maß, mit dem ihr messt, werdet ihr gemessen werden."
"Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?"
Jesus warnt vor SELBSTGERECHTIGKEIT, wie die Pharisäer sich selbst als gerecht betrachten, während sie andere verurteilen.
Dieses ist genau das, was in der Politik geschieht: fundamentale Kritik an dieser politischen Selbstgerechtigkeit ist absolut erlaubt weil normal.
Wer waren denn zuerst die "Spalter" in der Corona-Krise?
Die Kritiker oder die hohe verlogene korrupte Politik?
Von wem kamen denn die Beschimpfungen zuerst?
Von der Politik!
'Power-Maik'&Co ist die richtige Antwort darauf (sogar humorvoll).
Kann es sein das Herr Pesch einer anderen Partei angehört und hier seine Macht als Chefredakteur ausnutzt um sich über Herrn Schmitz zu beschweren. Herr Pesch war doch früher Berater eines Premier Minister in Ostbelgien und ist dann von einem "Posten" zum anderen befördert worden.
Sehr geehrter Herr Manz,
ich kann Sie beruhigen: Ich gehöre keiner Partei an und nutze hier auch keine Macht aus, um mich über irgend jemanden zu beschweren. Wenn Sie den Kommentar verstanden hätten, wüssten Sie, dass es darin um die Frage geht, in welcher Atmosphäre sich die gehäuften Angriffe auf Politiker und ehrenamtliche Wahlhelfer abspielen - und welcher Verantwortung sich Wahlkandidaten stellen sollten. Ich bin auch nicht von einem "Posten" zum anderen befördert worden, sondern hatte die Aufnahmeprüfung beim BRF schon 1992 absolviert, ehe sich später eine zeitweilige Anstellung in einem Kabinett ergeben hatte.
Sehr geehrter Herr Pesch,
Ich habe den Artikel schon Verstanden und sehe in erster Linie Ihre Kritik an Herrn Schmitz.
Die Ausdrücke die Herr Schmitz für die Politiker hat sind genau die, die ich auch verwende. In der Bevölkerung ist die Wut sehr groß über manche Politiker. In meinen Augen sind Politiker zu 80% Korupte Verbrecher, egal wo sie sitzen, Berlin, Brüssel oder Eupen!!!! Ich würde gerne auf einem Papier sehen wieviel von den Milliarden EU Hilfe für die Ukraine auf Privaten Konten gelandet sind, eine Sauerei und jeder weiß es!!
Herr Manz hat durchaus Recht.Es herrscht in Teilen der Bevölkerung Wut und Unzufriedenheit über Ungerechtigkeiten und Widersprüche.Da ist die Ukraine ein schönes Beispiel.Einerseits hat das kleine Belgien fast 1 Milliarde Euro ausgegeben für die Ukraine, aber andererseits fahren wir täglich über kaputte und löcherige Straßen.Dafür ist kein Geld da.Politiker, die sowas entscheiden, können doch keinen Respekt erwarten.
Die Damen und Herren Politiker sollten bedenken, dass ihre Entscheidungen die Ursache sind für Power Maiks Wortwahl.Im weitesten Sinne ist Power Maik das Opfer von Politik.Nach wie vor gilt das Prinzip vom Primat der Politik.Und Politiker als Opfer widersprechen diesem Prinzip.