Es wird in diesem "Superwahljahr" nicht das erste und einzige Mal gewesen sein, dass jemand einen Korb bekommen hat. In den meisten Fällen wird galant darüber hinweggesehen - nach dem Motto: Das bleibt jetzt aber unter uns ... Insofern ehrt es die Liste24.dg um den St. Vither Gerhard Schmitz, dass sie mit offenen Karten spielt und in einer kurzen Pressemitteilung erklärt: Die ausgeguckte "weibliche Kandidatin" habe es sich anders überlegt. Wegen der Quotenregelung müssen darum auch zwei weitere, männliche Mitstreiter zurückstecken. Und Gerhard Schmitz tritt - wie zuvor schon an anderer Stelle - als Einzelkämpfer an.
Das erinnerte mich an ein vor zwölf Jahren quasi im Keim ersticktes Listenprojekt in der Gemeinde Bütgenbach mit dem klingenden Namen "Bürger", bei dem auch schon einer der jetzt betroffenen Kandidaten involviert war: Da gab es vier Männer, aber nur eine Frau. Über die folgende Verzichtsdebatte ist letzten Endes die ganze Liste gestorben.
Nun sind wir in diesem "Superwahljahr" schon einiges gewohnt: Das Listenprojekt der fraktionslosen Jolyn Huppertz musste zweimal den Namen wechseln und auch in aller Öffentlichkeit den Rückzug eines vermeintlichen Kandidaten verdauen.
Alles in allem ist es aber schon beachtlich, dass in der kleinen Deutschsprachigen Gemeinschaft mehr als 150 Kandidaten den Mut finden, sich zur Wahl stellen. Gerade da, wo doch angeblich jeder jeden kennt. Das kostet Überwindung und verdient allerhöchsten Respekt! Diejenigen, die dahinter nur eine Form der Selbstdarstellung vermuten, brächten diesen Mut wahrscheinlich gar nicht auf.
D.h. wir wissen nun aber auch, mit wem wir es zu tun haben werden in der Wahlkabine. Es sage niemand, bei so vielen Wahlmöglichkeiten sei nicht der oder die Richtige dabei. Denn wie bei der Listenbildung gilt auch für den Wähler: Die Zeit der Ausreden ist vorbei! Es bleiben acht Wochen, um sich mit den Kandidaten vertraut zu machen und mit dem, was sie vorhaben. Eine lästige Pflicht? Eher verdammte Bürgerpflicht! Es kann doch nicht so schwer sein, die eigenen Vorstellungen mit denen der zur Wahl stehenden Kandidaten abzugleichen. So viel sollte uns die Demokratie schon wert sein.
Demokratie bedeutet aber gerade nicht, dass die eigene Meinung über allen anderen steht, wie es diese Woche noch der neue Vorsitzende des Bürgerrates, Thomas Förster, im BRF-Interview erklärt hat. Diejenigen, die die bisher fünf Durchläufe des Bürgerdialogs mitgemacht haben, werden das bestätigen können. Und andere haben in diesen Tagen womöglich Post erhalten, mit der sie zur nächsten, der sechsten Runde eingeladen werden.
Natürlich ist dieses "Ostbelgien-Modell" der Bürgerbeteiligung nicht perfekt. Das räumen ja gerade aktive und überzeugte Teilnehmer wie Thomas Förster ein. Und natürlich ist die repräsentative Demokratie, in der das Volk durch gewählte Volksvertreter "herrscht", nicht perfekt ... Aber angesichts aller denkbaren Alternativen und historischen Erfahrungen muss auch hier gelten: kein Zurück mehr!
Stephan Pesch
150 und mehr auf der Jagd nach einem "schönen Pöstchen". Es locken diverse finanzielle Vergütungen inklusive Pensionsansprüche.
Wenn ich mir die Listen so anschaue, fällt auf, das Handwerker und Arbeiter in der Minderheit sind und "White collar workers" in der Mehrheit. Ein Durchschnitt der Gesellschaft sieht anders aus. Mit Demokratie hat das nichts zu tun. Deswegen kann man das Parlament der DG nicht als Volksvertretung bezeichnen sondern eher als Ständeversammlung. Für mich ziemlich demotivierend.
Und den viel gepriesenen Bürgerdialog nehme ich nicht ernst. Seine Existenz ist ein Zeichen, daß die Politik den Kontakt zum Bürger verloren hat und in einer Blase lebt.
Werter Herr Pesch,
Ich musste den Namen der Liste nicht abändern. Nach ausführlichen Gesprächen zwischen der VoG VIVA Ostbelgien (Voll Inklusiv - Voll Aktiv) und der freien Bürgerliste Viva PLUS Ostbelgien hat die Bürgerliste beschlossen, ihren Namen zu ändern. Dazu haben wir dem BRF eine gemeinsame Pressemitteilung mit der VoG VIVA zukommen lassen.
Zur Geschichte rund um Luc Rémo sollten Sie wissen, dass einer Ihrer Kollegen eine entscheidende Rolle gespielt hat und ohne Auftrag des BRF diesem zu verstehen gegeben hat, dass dies seiner Karriere und seinem Ansehen beim BRF schaden würde. Ihr Direktor ist darüber informiert und hat auch Belege erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
J Huppertz