Der Wille war da. Und er hat Früchte getragen. Im Vergleich zu den letzten Jahren lieferten sich Parlament und Regierung einen direkteren Austausch. Denn an jedem der vier Tage musste die Regierung um Ministerpräsident Oliver Paasch ihren Haushalt - und damit auch ihre politischen Schwerpunkte - verteidigen. Es gab Nachfragen, Austausch, der eine reagierte auf den anderen. Leider blieb es oft bei einer einfachen Reaktion. Verständnis, Eingeständnisse oder gar Kompromisse - Werte, die gerade Politiker aktuell von den Bürgern fordern, können sie selbst nur selten vorleben. Zu eingestampft und rigide sind die Sichtweisen, zu ausdefiniert ist der Haushalt - was wohl auch der guten Arbeit in den oft verschlossenen Ausschüssen geschuldet ist.
Manche verabschiedeten sich jedoch ganz von jeglicher Beziehung zum Finanzpolitischen und setzen eigene Themen. Welche das sein können, danach muss man inmitten einer Pandemie nicht lange suchen. Einfache "Punchlines" sorgen für Aufmerksamkeit und werden in den sozialen Medien geteilt - und das im Gegensatz zu detaillierten Erklärungen über die finanzielle Aufstellung des Arbeitsamtes - so interessant sie auch im Kontext des Fachkräftemangels sein mögen. Leider sind eben jene Debatten oft am lebendigsten und auch am leidenschaftlichsten. Das lässt die substantiellen und wichtigen Diskussion noch blasser erscheinen. Hier sollte aber nochmals in Erinnerung gerufen werden: Am meisten Aufmerksamkeit verdienen nicht die abstrusesten Aussagen. Die Parlamentarier sollten ihnen nicht ein Gewicht beimessen, dass sie nicht haben. Diskutieren und wenn nötig widersprechen? Auf jeden Fall. Aber sich bitte nicht auf jede Nebelkerze einlassen. Es sei denn, man habe nichts anderes zu sagen. Aber das wird ja wohl kaum der Fall sein.
Für mehr Lebendigkeit könnten aber auch die Fraktionen selbst sorgen - indem sie ihre Redner gezielter einsetzen. Ein Beispiel: Gerade zu Beginn des Haushaltsmarathons wurde oft die Verschuldung der DG besprochen. Das Argument dafür lautete: Investitionen, die jetzt stattfinden, vor allem in Infrastruktur, sind Investitionen in zukünftige Generationen. Wenn es dann aber genau die dienstältesten Mandatare sind, die das verkünden, dann klingt das höchstens gönnerhaft. Warum nicht die zukünftige Generation reden und erklären lassen? Die sitzt nämlich im Parlament.
Das zeigt: Die Struktur der Debatte ist nur ein Mittel, um die Diskussion lebendiger zu machen. Wahrscheinlich wird der Ablauf der Haushaltsdebatte noch einmal angepasst werden. Ein bisschen Feintuning schadet in der Sache bestimmt nicht. Doch es reicht nicht, sich darauf zu verlassen. Denn am meisten Gestaltungsmöglichkeiten haben immer noch die Parlamentarier. Sie können begeistern - indem sie für die wirklich wichtigen Themen brennen und diese nach vorne bringen.
Andreas Lejeune