"Wie spricht man mit einem verrückten Präsidenten?", hatte sich in dieser Woche noch die flämische Zeitung De Morgen indirekt gefragt. Jean-Claude Juncker hatte sich diese Frage offenkundig auch gestellt - dies im Gegensatz zu anderen politisch Verantwortlichen, die sich wohl nur darauf beschränken, innerlich mit dem Kopf zu schütteln, wenn Donald Trump mal wieder sichtbar unwissend und gewohnt grobschlächtig auf dem diplomatischen Parkett herumwütet.
Wie geht man also um mit diesem Donald Trump? Der erfahrene Jean-Claude Juncker scheint die Antwort gefunden zu haben: Indem man sich in den Mann und seine Welt hineinversetzt. Zugegeben, das mag für den einen oder anderen eine fast schon gruselige Vorstellung sein. Nennen wir es mal anders: Man muss für den Moment ganz pragmatisch das Spiel des Donald Trump mitspielen.
Das hat Jean-Claude Juncker nahezu in Perfektion getan. Das fing schon an mit dem fetten Schmatzer auf die Trumpsche Backe. Juncker ist zwar ein bekannter Anhänger der "Bise", des eher in lateinischen Ländern verbreiteten Wangenbusserls, aber auch Trump gleich mit dieser Vehemenz eine "Bise" zu verpassen - Respekt! Das zeugt vom Selbstverständnis des Luxemburgers, der in seiner langen Laufbahn weiß Gott schon viele wichtige Leute getroffen hat. Zugleich lautete die Botschaft aber auch: "Nichts für ungut, Donald, wir sind doch Freunde".
Umgarnt wird der Herr Trump nämlich gerne, und auch hofiert. Im Vorfeld hatte er schon triumphalistisch in die Welt - vor allem in Richtung seiner Anhänger - getwittert, dass sich dank seiner Unnachgiebigkeit plötzlich die Welt die Klinke in die Hand gibt, um mit ihm verhandeln zu wollen. Zu seinen Konditionen, versteht sich.
Und auch diesen Eindruck hat ihm Juncker gegeben. Regel Nummer eins im Trumpschen Spiel lautet nämlich: Gib dem Mann die Möglichkeit, sich selbst zu preisen; dass er seinen Anhängern in einem Tweet demonstrieren kann, was er doch für ein toller Hecht ist.
Juncker hatte also ein Angebot im Gepäck, Zugeständnisse in Geschenkpapier. Sojabohnen und Flüssiggas wollen die Europäer den Amerikanern jetzt also abnehmen. Beides sind zunächst aber nur klassische Optionen. Schließlich wird die EU-Kommission wohl kaum selbst die Bohnen kaufen. Offensichtlich gibt es da aber in Europa eine Nachfrage. Das wusste Juncker freilich. Das gilt auch für Flüssiggas. Es ist die erklärte Absicht der EU, die Energieversorgung möglichst breit zu fächern, um allzu exklusive Abhängigkeiten möglichst zu vermeiden. Allerdings fehlen in der EU noch Terminals mit ausreichenden Kapazitäten.
Die beiden Zugeständnisse mit Schleifchen sind also erstmal nur Absichtserklärungen, die in jedem Fall nicht wehtun würden. Denn man muss wissen: Der EU-Kommissionspräsident und sein Team haben immer klargemacht, dass die Sojabohnen in keiner Weise als Auftakt für Gespräche über die Landwirtschaft zu verstehen seien. Hier kriegen die Amerikaner also nicht den Fuß in die Tür.
Wie schon früher bei einem mittelalterlichen Alleinherrscher haben die beiden Geschenke aber gereicht, um Donald Trump zu besänftigen. Den Handelskrieg, auf den er sich bis vor Kurzem noch so gefreut zu haben schien, den hat er jedenfalls erstmal abgeblasen. Und die EU, die er noch vor einigen Tagen als "Feind" bezeichnet hatte, die war plötzlich wieder der alte Freund. "Die EU und die USA lieben einander", twitterte Trump sogar, begleitet von dem Bild mit dem fetten Juncker-Busserl.
Operation gelungen aus Sicht der EU. Das Schreckgespenst, nämlich weitere Strafzölle insbesondere auf europäische Autos, hat man erstmal vertrieben. Natürlich ist sich jeder darüber im Klaren, dass sich das sehr schnell wieder ändern kann. Natürlich ist ein Donald Trump dazu imstande, schon sehr bald mit einem Tweet die Drohkulisse wiederaufzubauen. Und natürlich glaubt auch niemand allen Ernstes, dass Trump plötzlich die EU tatsächlich wieder als Freund betrachtet.
Man muss aber eben mit dem US-Präsidenten arbeiten, der gerade im Amt ist. Und genau das hat Juncker verstanden. Eben, indem er das Spiel mitgespielt hat. Und wenn Trump plötzlich wieder Lust auf Handelskrieg hat, dann gilt eben: Neues Spiel, neues Glück.
Ob das so sein muss, das sei im Übrigen dahingestellt. Juncker ist nämlich nicht nur für seine zum Teil etwas skurrilen Auftritte bekannt, er ist auch ein Mann der klaren Worte. Und wie man hört, hat er den US-Präsidenten nicht nur über den Wangenkuss und die vermeintlichen Geschenke besänftigt, sondern auch mit einer klaren Ansage: Wenn die USA einen Handelskrieg wollen, dann bekommen sie ihn auch. Anscheinend hatten die Europäer eigens rund ein Dutzend farbige Kärtchen vorbereitet mit allerlei Diagrammen, aus denen klar hervorging, dass die USA es besser nicht drauf anlegen sollten. "Farbige Kärtchen mit Bildchen", auch hier scheint man sich auf den Gesprächspartner eingestellt zu haben. Trump jedenfalls scheint's fürs Erste kapiert zu haben.
Aber wenn sich Juncker in Washington vielleicht den Titel "Trump-Flüsterer" verdient hat, so steht der Mann auch noch für eine zweite Feststellung. Mal offensiv gefragt: Glaubt jemand, ein Mann wie Donald Trump hätte unter anderen Umständen einen Luxemburger empfangen? Wahrscheinlich nicht! Nein, Juncker hätte noch so sehr den Trump-Versteher geben können, hätte er nicht die geballte Macht einer EU mit über 400 Millionen Verbrauchern im Rücken gehabt, dann hätte Trump ihn genüsslich zum Lakaien degradiert.
Allein diese Feststellung sagt alles. In diesen Zeiten ist man besser in der EU ist als draußen. Denn nur diese EU als Block hatte die Macht, Trump die Stirn zu bieten und ihn von einer weiteren Eskalation im Handelskrieg abzubringen. Denn nur darum ging es! Um es in einem Satz auszudrücken, in dem jedes Wort wichtig ist: Zunächst keine weiteren Strafzölle. Das und nur das war die Mission.
Roger Pint
Nur 'ne Frage, was bitteschön ist denn "gelöst" worden. Die Importzölle auf Autos gab's ja noch nicht - die Drohung damit ist zwar vom Tisch, aber nicht unbedingt vom Tweet - die Stahl & Aluminiumzölle bleiben erst mal in Kraft, genau wie die auf Harleys & Bourbon - aufgeschoben ist nicht aufgehoben... Aber mittlerweile ist die Erwartungshaltung an #45 bei mir im defizitären Bereich & ob ein alkoholisiertes luxemburger Wrack dem was verklickern kann wage ich zu bezweifeln, da war wahrscheinlich einer der Berater des Weissen Hausmieters mal bei seinem Handelsprofessor und hat die Leviten gelesen bekommen, ansonsten kippt der Ar... mit Ohren nicht um
Herr J.M. Ihr Beitrag ist dumm und unverschämt. Der BRF sollte soetwas lieber nicht veröffendlichen.
Volle Zustimmung, Herr Mathieu!
Leider verroht die Sprache in den ostbelgischen Diskussionsforen immer mehr. Persönliche Angriffe und Beschimpfungen sind an der Tagesordnung, die Gossensprache ist hoffähig geworden.
Auch ein Trump und ein Juncker sind Menschen und als solche mit Respekt zu behandeln. Ihre Worte und Taten kann und soll man da durchaus kritisieren.
Der Administrator, der ja jeden Beitrag liest und bewusst freischaltet, sollte mal seine eigene Netiquette lesen und auch anwenden. Da heißt es nämlich unmissverständlich:
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Volle Zustimmung auch zu Ihrem Kommentar, Herr Pint!
Eine, wie ich meine, sehr gute Analyse, der eigentlich nichts hinzuzufügen ist.
Wer hier als EU-Politiker mit nem Monatsgehalt von geschätzt 100.000 EUR netto den dicken Max raushängen lässt gegen die freien Nationen in Übersee sowie ständig austeilt gegen demokratisch gewählte Präsidenten wie Trump und Putin mit Provokationen übelster Art weckt nur Erinnerungen an die grausamen Kolonialverbrechen der Europäer und die Zeit der NS-Diktatur wo auch wieder fast ganz Europa Beifall klatschend aktiv mitgemacht hat.
Persönlicher Rückblick: im Jahr 2000 war ich auf Veranstaltungen, wo Ideen von ATTAC diskutiert und für gut befunden wurden. Dass die damals (1990er) einsetzende weltumfassende wirtschaftliche Zusammenarbeit (genannt Globalisierung) vieles verändert, war klar, und auch, dass es viele Verlierer in diesem System gab. Man bemängelte den Wegfall von gutbezahlten Arbeitskräften in den reichen Ländern bis zum neuen Sklaventum in Fernost, also China. Grundidee war, "Bremsklötze" in diesen Turbokapitalismus zu legen, der als Urheber ausgemacht wurde. Warum auch nicht? In China sollte keine Sklavenarbeit entstehen, und im Westen keine plötzliche Arbeitsplatzvernichtung. Die Forderungen gingen von der Tobin-Steuer bis hinzu Strafzöllen auf globale Handelsprodukte.
Und was macht Trump? Teilweise, was ATTAC vor 20 Jahren vorschlug. Aber ATTAC ist gegen die Trump-Politik. Wenn zwei das gleiche tun, ist es halt nicht dasselbe???!!!
Ich finde Trump-Kritiker mit Zeit immer lächerlicher und langweiliger, weil denen nix Neues und Realistisches mehr einfällt. Die Berichterstattung ist meist linker Blabla.
Da drischt der Herr Drescher aber gehörig auf Herrn Juncker ein.
Er sollte dann mal konkrete Beispiele liefern für seine absurden Behauptungen, die einen Bogen schlagen vom Gehalt des Kommissionspräsidenten bis zur NS-Diktatur, "wo auch wieder fast ganz Europa Beifall klatschend aktiv mitgemacht hat." (!?!)
A propos Monatsgehalt des Kommissionspräsidenten:
Einfach mal googeln mit EU, Kommissionspräsident, Gehalt.
Leider darf man hier den Link nicht bringen.
Da ist nichts mit 100.000 im Monat.