Bescheidenheit ist eine Tugend, die dem Ostbelgier im Allgemeinen gerne nachgesagt wird. An mancher Stelle ist die Zurückhaltung aber nicht unbedingt angebracht, denn das, was Thierry Langer in der wohl urostbelgischen Sportdisziplin Langlauf auf die Beine gestellt hat, ist sicherlich historisch und verdient von allen Seiten Anerkennung.
In den ostbelgischen Langlaufhochburgen war nichts davon zu spüren, dass ein Elsenborner, also ein Mann mit fester Verwurzelung in der Region, es als erster Sportler aus Ostbelgien geschafft hat, an Olympischen Winterspielen teilzunehmen. Gerne wird in diesem Zusammenhang gesagt, dass Belgien nun mal keine Wintersportnation ist. Ostbelgien mutiert aber bei jedem Schneefall zu Belgiens Langlaufzentrum und jeder ostbelgische Schüler ist in irgendeiner Form auch mit dem Langlauf in Berührung gekommen. Da ist es bedauerlich, dass sich die Wertschätzung zumindest bislang noch sehr in Grenzen hält. Vom Langer-Fieber war in der Heimatgemeinde Bütgenbach nichts zu spüren und auch auf ostbelgischer Ebene langte es nur zu einem Facebook-Post. Das ist zu wenig!
Natürlich ist ein 66. Platz bei Olympia weit weg von der Weltspitze entfernt. Es überhaupt dorthin geschafft zu haben, ist aber auch die Leistung, die honoriert werden sollte. Es zählt nicht nur das Edelmetall, sondern auch die Tatsache, überhaupt dabei zu sein.
Olympia-Tagebuch #12 Thierry Langer und der Olympiagenuss
Vier Tage ist es nun schon her, dass der Elsenborner Thierry Langer bei den Olympischen Winterspielen beim Langlaufrennen über die 15 Kilometer als 66. über die Ziellinie gekommen ist.
Nun stehen die Zeichen für den ersten Ostbelgier bei Olympischen Winterspielen auf Genuss. Darüber spricht der Elsenborner Langläufer im BRF-Interview.
Christophe Ramjoie
Bin ganz Ihrer Meinung, Herr Ramjoie. Unsere Bevölkerung weiß die Leistung von Thierry Langer einfach nicht zu schätzen. Belgische Spitzensportler haben es in jeder Hinsicht schwerer als die Athleten der Spitzennationen.
1. Müssen viele belgische Spitzensportler halbberuflich tätig sein und können nicht unentwegt trainieren;
2. haben nur wir hier in Ostbelgien (und zwar kurzzeitig) ausreichend Schnee;
3. müssen ambitionierte belgische Sportler daher im Ausland trainieren, um international eine kleine Chance zu erhalten;
4. ist dieses regelmäßige Training teuer (wobei die Sportler selbst einen Teil erbringen müssen);
5. unterstützt Belgien seine Sportler finanziell nicht im Entferntesten wie es die führenden Länder handhaben;
6. verfügen die belgischen Athleten nur über einen kleinen Betreuerstab, den sie auch noch teils selbst organisieren müssen.
Thierry Langer könnte sicher noch zusätzliche Einwände anführen.
Ich finde es daher absolut bemerkenswert, dass er die Qualifikation für Olympia unter diesen Voraussetzungen überhaupt geschafft hat. Jedenfalls habe ich meine Freude an seiner Teilnahme und auch an seinem 66. Platz gehabt. Glückwunsch