Wie bei vielen Belcanto-Opern ist auch die Geschichte von Donizettis "L'Elisire d'amore" ebenso banal wie vorhersehbar: Im Mittelpunkt stehen Nemorino und die schöne Adina, um die der etwas simple junge Mann seit Jahren buhlt. Sie lässt ihn aber zappeln, zumal mit dem flotten Belcore ein sie umschmeichelnder Macho auftaucht, dem sie dann auch gleich die Ehe verspricht. Da erscheint glücklicherweise der Wunderheiler Dulcamara, der Nemorino einen Zaubertrank anbietet, der ihn für Adina und auch für die anderen Dorfschönheiten unwiderstehlich werden lassen soll. Natürlich ist unser Dulcamara ein Hochstapler, aber am Ende steht, wie könnte es auch anders sein, das Happy End: Adina und Nemorino werden ein Paar. Auch wenn es nicht der Liebestrank sondern eine unerwartete Erbschaft ist, die Nemorino das Glück bringt.
Der Regisseur Damiano Michieletto macht aus dieser heiteren Herz-Schmerzgeschichte im ländlichen Milieu eine bunt schrille Burleske am Strand. Und das tut dem Werk sehr gut. Zumal er mit den Solisten und den Choristen von La Monnaie ein spielfreudiges Ensemble hat, das sich und den Zuschauern Spaß bereitet. Bis hin zu einer turbulenten Schaumparty im aufblasbaren Riesenbecken, das von einem Hochzeitspaar wie auf einem Festkuchen geschmückt ist. Da darf nach Herzenslust geplanscht werden.
Das Konzept ist absolut schlüssig, so bekommt die betuliche Geschichte Schwung. Adina ist hier die Besitzerin der Strandbar, Nemorino kümmert sich um die Sonnenschirme und die Liegen, Belcore ist ein selbstverliebter Marinesoldat und Dulcamara beglückt die Kunden mit Energy Drinks und noch einigen andren aufputschenden Mittelchen. Hier hat alles Tempo und Witz. Nur in einer Szene hat Michieletto meiner Meinung nach den Bogen etwas überspannt, wenn er, am Ende des ersten Akts, den im doppelten Sinne des Wortes am Boden liegenden und von allen belachten Nemorino auf erniedrigende Art mit dem Inhalt der Bier- oder Softdrink-Dosen bespritzen lässt. Das geht mir zu weit, aber das ist auch die einzige Einschränkung an einer ansonsten durchwegs geglückten und beglückenden Inszenierung.
Zum Erfolg der Produktion tragen auch die herausragenden Sänger-Darsteller bei. Allen voran, Olga Peretyatko als perfekte Adina, mit wunderschönem Sopran und eindringlichem Spiel gibt sie der Adina Gestalt, Dmitry Korchak steht ihr als Nemorino mit herrlichem Tenor in nichts nach. Gleiches gilt für Simon Orfila als hinterlistiger Dulcamara und Maria Savastano als wirbelnde Gianettta. Dirigent Thomas Rösner hat die alles andre als leichte Aufgabe das musikalische Geschehen zusammen zu halten. Da es im Cirque Royal keinen Orchestergraben gibt, sitzen die Musiker nämlich am hinteren Bühnenrand. Am Premierenabend war das Zusammenspiel von Sängern, Choristen und Musikern nahezu perfekt.
Aufgrund der dichten Folge der Aufführungstermine bis zum 18. September ist eine Doppelbesetzung vorgesehen. So wird an bestimmten Abenden Anne-Catherine Gillet die Adina singen. Wer den Sommer auf heiter beschwingte Art um ein paar Stunden verlängern möchte, dem sei diese Produktion von "L'Elisire d'amore" wärmstens empfohlen.
Hans Reul - Foto: Karl und Monika Forster