Der neue musikalische Leiter der Königlichen Oper der Wallonie, Giampaolo Bisanti, ist in Lüttich kein Unbekannter: "Ich habe schon einmal in Lüttich gearbeitet, zum ersten Mal eine Produktion von 'Rigoletto' in 2017, und dann in 2019 eine neue Produktion von Anna Bolena, so ich habe dieses Orchester kennengelernt. Ich liebe dieses Orchester und dieses Opernhaus."
Wie jeder weiß, ist die Lütticher Oper fest in italienischer Hand. Das gilt sowohl für den administrativen Bereich, an dessen Spitze Generaldirektor Stefano Pace steht, als auch im künstlerischen Bereich, wo vor Giampaolo Bisanti dessen Landsleute Paolo Arrivabeni und später Speranza Scappucci den Chefdirigenten-Posten inne hatten. Unter diesen beiden haben das Orchester und das Sängerensemble der Oper eine große Entwicklung durchgemacht und der Königlichen Oper der Wallonie einen festen Platz unter den besten Opernhäusern unseres Landes gesichert.
Und dennoch sieht der neue musikalische Leiter noch Spielraum nach oben: "Das Niveau ist sehr hoch, aber wir wollen dieses Niveau noch verbessern, weil ich denke, dieses Orcherster kann eines der besten in Belgien werden."
Wer regelmäßig eine Produktion an der Lütticher Oper besucht, der weiß, dass dort zum allergrößten Teil das klassische italienische Repertoire auf dem Programm steht. Allerdings wird gerade in der laufenden Saison ein Schwerpunkt auf eher unbekannte Werke gelegt, wie zum Beispiel "Lakmé" von Leo Delibes zum Auftakt der Saison, oder auch Rossinis "Il Turco in Italia", ein Werk, das bis dahin noch nie in Lüttich aufgeführt worden war.
Und auch die erste Produktion mit dem neuen Chefdirigenten ist eine Rarität: "Alzira" von Giuseppe Verdi gehört zu den unbekanntesten Werken Verdis überhaupt. Und diese Entwicklung der Erneuerung des Repertoires will Maestro Bisanti in Lüttich fortsetzen, nicht nur für das Publikum, sondern auch für sich persönlich.
Giampaolo Bisanti übernimmt den Taktstock an der Lütticher Oper in einer Zeit des Aufbruchs; nicht nur hat die Pandemie und die verschiedenen Lockdowns dem Haus großen Schaden zugefügt, im vergangenen Sommer gab es dann ja auch noch einen Brand im Kellergeschoss, der Teile der Bühnenelektrik zerstört hat. Aber jetzt sind alle Augen wieder nach vorne gerichtet, und Maestro Bisanti kann den vergangenen zwei Jahren auch etwas Gutes abgewinnen.
Giampaolo Bisanti hat mit der Königlichen Oper der Wallonie einen Vertrag für die kommenden fünf Jahre unterschrieben. Wir dürfen also gespannt sein, welche Entwicklung dieses Haus und insbesondere das Orchester unter seiner musikalischen Leitung erleben werden.
Patrick Lemmens