Es hätte eigentlich eine herausragende Saison für die "Opéra Royal de Wallonie" werden sollen, die Jubiläumssaison 2020-21, in der die Oper ihr 200-jähriges Bestehen feierte. Aber wie wir alle wissen, hat Covid-19 der festlichen Stimmung im Oktober letzten Jahres ein jähes Ende bereitet, als alle Konzertsäle und Opernhäuser wieder zur Schließung verpflichtet wurden, nachdem sie erst kurz zuvor mit reduzierter Zuschauerkapazität hatten öffnen dürfen. Monatelang blieb der Lütticher Musiktempel komplett geschlossen, bevor in diesem Frühjahr dann damit begonnen wurde, die letzten Produktionen der Saison als Video-Stream im Internet zur Verfügung zu stellen.
Hinzu kam dann noch der plötzliche und unerwartete Tod des Intendanten Stefano Mazzonis di Pralafera im vergangenen Februar, der der ohnehin sehr traurigen Opernsaison einen zusätzlichen emotionalen Tiefpunkt bescherte.
Stefano Mazzonis hatte allerdings vor seinem Ableben bereits die Planungen für die kommende Saison 2021-22 komplett abgeschlossen; diese sollte ganz im Zeichen des Neuanfangs nach der sanitären Krise des vergangenen Jahres stehen. Und diesen letzten Willen seines überaus beliebten Intendanten hat sich das Haus zu Herzen genommen und am vergangenen Samstag ein Programm vorgestellt, das vor Zuversicht und Selbstvertrauen strotzt. Zehn Opern, davon acht komplett neue Produktionen, fünf Konzerte, drei Vorstellungen für das ganz junge Publikum ab vier Jahren, ein Ballett und eine Master-Class für Belcanto-Gesang stehen in den nächsten Monaten auf dem Programm der Lütticher Oper.
Den Anfang macht Chefdirigentin Speranza Scappucci am 21. August mit dem Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart, einem herausragenden Werk der Musikgeschichte, das Mozart in seinem Todesjahr 1791 komponierte und das er nur zu zwei Dritteln selbst fertigstellen konnte, bevor ihn im Alter von nur 35 Jahren ein überaus früher Tod ereilte. Dieses Konzert zum Auftakt der neuen Saison soll als Ruhepunkt und besinnlicher Moment nach der leidvollen Corona-Zeit gelten und an all diejenigen erinnern, die in irgendeiner Weise zu Opfern der Pandemie geworden sind.
Danach geht es dann mit der Oper "La Forza Del Destino" von Giuseppe Verdi am 16. September so richtig los, kraftvoll und selbstbewusst. Die musikalische Leitung wird dann der in Lüttich noch stets beliebte ehemalige Musikdirektor und Vorgänger von Speranza Scappucci, Paolo Arrivabeni, übernehmen. Die Inszenierung stammt von Gianni Santucci, der lange Zeit der Assistent von Stefano Mazzonis war und der Mazzonis Ideen für die Inszenierung von "La Forza Del Destino" verarbeitet hat.
Im weiteren Verlauf der Saison werden wir neben absoluten Raritäten wie "Mese Mariano" von Umberto Giordano oder "Mignon" von Ambroise Thomas, die noch nie in Lüttich gegeben wurden, auch alte Bekannte wiederfinden, unter anderem "Eugen Onegin" von Tschaikowski und "Simon Boccanegra" von Giuseppe Verdi. Auch große Klassiker des Opernrepertoires sind vertreten, wie "Rigoletto" von Verdi, "Lucia Di Lammermoor" von Donizetti und "Don Giovanni" von Mozart.
Was die fünf Konzerte betrifft, so finden wir auf dem Programm der Lütticher neben dem bereits erwähnten Mozart-Requiem auch Musik von Wagner und Richard Strauss, Solistenkonzerte mit Juan Diego Florez, Nadine Sierra, Aleksandra Kurzak und Roberto Alagna, und das Ballett "Sinfonia Eroica" von Michèle Anne De Mey.
Schließlich wurde auch an die Allerkleinsten gedacht; in drei interaktiven Vorstellungen soll Kindern ab vier Jahren klassische Musik und Oper näher gebracht werden, ein Anliegen, das übrigens auch dem verstorbenen Operndirektor Stefano Mazzonis immer sehr wichtig war.
Am vergangenen Samstag war noch nicht klar, in welchem Maße ab August wieder Publikum zu den Vorstellungen der Lütticher Oper zugelassen werden kann; fest steht allerdings, dass nach der überaus schwierigen vergangenen Saison alle Zeichen auf Neuanfang stehen und sowohl die Musiker, die verschiedenen Dirigenten als auch alle anderen Mitarbeiter des Opernhauses geradezu darauf brennen, die Musikliebhaber aus der Euregio wieder in Lüttich willkommen heißen zu können.
Weitere Informationen zur neuen Saison finden Sie auf der Webseite der Oper.
Patrick Lemmens