Nachdem in der vergangenen Woche noch 58 Kandidaten in der ersten Runde des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs für Klavier angetreten waren, hat die hochkarätige Jury ihre äußerst schwierige Aufgabe erfüllt und aus den hervorragenden Pianisten der Vorrunde insgesamt zwölf ausgewählt, die im Halbfinale gegeneinander antreten müssen.
Unter ihnen ist mit der Koreanerin Su Yeon Kim nur noch eine Frau; von ihren männlichen Mitbewerbern kommen drei aus Japan, drei aus Russland, zwei aus Frankreich, und jeweils einer aus China, Lettland und den Niederlanden. Der gerade mal 20-jährige Aidan Mikdad aus den Niederlanden ist der jüngste, und der Russe Sergei Redkin ist mit 29 Jahren der älteste Halbfinalist.
In dieser Woche präsentiert nun jeder Kandidat ein Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart und ein etwa 40-minütiges Solo-Rezital. Für das Klavierkonzert hat die Jury eine Liste mit fünf Meisterwerken Mozarts aufgestellt, aus der jeder Pianist eines auswählen konnte. Begleitet werden die Halbfinalisten vom "Orchestre de Chambre de Wallonie", das unter der Leitung des Franzosen Frank Braley steht. Braley, der ein Pianist von internationalem Rang ist, hat den "Concours Reine Elisabeth" vor genau 30 Jahren selbst gewonnen.
Neben dem Klavierkonzert besteht der zweite Teil des Halbfinalauftritts der Kandidaten wie gesagt aus einem Solo-Rezital. Hier spielen sie neben einem etwa 35-minütigen Programm ihrer Wahl auch ein eigens hierfür komponiertes Pflichtwerk, das bis zum vergangenen Montag noch nie aufgeführt wurde. In diesem Jahr ist es das Stück "Nocturne" des Franzosen Pierre Jodlowski. Der Komponist verarbeitet in diesem Werk seine eigene Schlaflosigkeit, mit der er schon seit langem zu kämpfen hat.
Für den Rest des Solo-Rezitals bereitet jeder Teilnehmer zwei unterschiedliche Programme vor, von denen die Jury erst am Tag vor dem Auftritt eines auswählt. Mit dem Konzert, dem Pflichtwerk und den beiden Wahlprogrammen muss also jeder Halbfinalist für diese zweite Runde fast zwei Stunden Musik vorbereiten - hier zeigt sich wieder, warum der Königin-Elisabeth-Wettbewerb mit seinen hohen Anforderungen zu den schwierigsten der Welt gehört.
Die Einschränkungen und Änderungen im Reglement des Wettstreits aufgrund der Covid-19-Pandemie machen sich besonders jetzt, im Halbfinale, bemerkbar: Wie bereits gesagt gibt es erstmals nur zwölf statt der sonst üblichen 24 Halbfinalisten; dadurch wird die Gesamtdauer dieser Runde um die Hälfte reduziert. Auch werden die beiden Auftritte jedes Kandidaten nun zusammengefasst, während sie in anderen Jahren an zwei unterschiedlichen Tagen stattfinden. Zuerst spielt also jeder Halbfinalist sein Klavierkonzert, dann verlassen die Musiker des Orchesters die Bühne, und nach einer kurzen Pause folgt dann der Solo-Auftritt des Pianisten. Auch dies ist natürlich eine zusätzliche Schwierigkeit in diesem Jahr, da der gesamte Halbfinalauftritt eines Kandidaten nicht nur am selben Tag, sondern sogar an einem Stück stattfindet.
Noch bis Samstagabend läuft das Halbfinale des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs für Klavier. Gegen 23 Uhr wird die Jury die sechs Finalisten bekanntgeben, die dann erst einmal einige Tage Zeit haben werden, um ihren Finalauftritt vorzubereiten. Das Finale findet ab dem 24. Mai im Brüsseler Palais des Beaux-Arts statt, in Begleitung des Belgian National Orchestra unter der Leitung ihres Chefdirigenten Hugh Wolff.
Patrick Lemmens