Die Ouvertüre zu "Le Nozze di Figaro" erklingt aus dem Orchestergraben, der Vorhang hebt sich und wir schauen auf eine die ganze Bühne füllende Wandfassade. Darauf werden die Namen und Funktionen der Protagonisten der drei Opern projiziert, die Mozart nach Libretti von Lorenzo da Ponte komponierte und natürlich die Gesichter der Darsteller. Ganz so, wie wir es vom Vorspann zu einer TV-Serie gewohnt sind.
Die Regisseure Jean-Philippe Clarac und Olivier Deloeuil, die das Kollektiv Le Lab bilden, möchten uns die drei Opern ganz im Stil einer Netflix-Miniserie präsentieren. Und nach dem ersten Abend darf man sagen, es wird wohl funktionieren, denn es gibt sie natürlich, die Parallelen zwischen den drei Opern, auch wenn sie von Mozart nie als Trilogie gedacht waren.
"Die Sexualität als Mittel auch der politischen Macht zieht sich wie ein roter Faden durch alle drei Opern", sagt Jean-Philippe Clarac. In Figaros Hochzeit ist dies schon offensichtlich, wenn der Graf Almaviva die Zofe Susanna, die Braut Figaros, begehrt. Dies ruft dann auch die Metoo-Bewegung auf den Plan, die fast zwangsläufig in der Inszenierung zum Protest aufruft.
Die Macht der Liebe und der Sexualität verbindet die drei Werke, so sehen wir in Figaros Hochzeit nicht nur die in dieser Oper handelnden Personen, sondern es tauchen auch schon Don Giovanni oder Donna Elvira auf.
Insgesamt gibt es 25 Rollen in den drei Opern, die von dreizehn Sängern dargestellt werden. Fast jeder hat also zwei Partien, Björn Bürger wird nicht nur der Don Giovanni sein, sondern ist auch schon der Graf Almaviva in "Figaros Hochzeit" und somit ist er in der jeweils anderen Rolle dank Videoeinspielung zu sehen. Und es gibt sie ganz offensichtlich, die Parallelen zwischen diesen beiden Figuren, ebenso wie zwischen Gräfin Almaviva und Donna Anna oder Leporello, dem Diener Don Giovannis, und Figaro.
A propos Figaro, in nahezu letzter Minute musste diese Rolle umbesetzt werden, da der ursprünglich vorgesehene Robert Gleadow sich ein Bein brach und nicht spielen kann. Alessio Arduini übernahm vor knapp einer Woche und man hatte Dienstagabend den Eindruck, er wäre seit den ersten Leseproben dabei gewesen. Eine bravouröse Leistung.
Dies gilt übrigens für alle Mitwirkenden, die sich in den verschiedenen Räumen des Hauses, das dank der Drehbühne immer wieder neue Einblicke gewährt und an einen großen Setzkasten erinnert, virtuos über drei Etagen hin und herbewegen. Das ist eine fein ausgeklügelte Personenführung und ein in seiner Logik überzeugendes Regiekonzept, das Lust macht auf die beiden nachfolgenden Abende. Mehr zur Mozart-Trilogie in der Brüsseler Oper La Monnaie nach Abschluss der Serie.
Hans Reul