Es ist schon ein Leid für den armen Herrn Papa, wenn die Töchter nicht ganz so wollen, wie er es gerne sehen würde. Aber so spielt das Leben, zumal in dieser Oper von Domenico Cimarosa über eine heimliche Eheschließung, "Il Matrimonio Segreto".
Der Kaufmann Geronimo hat zwei Töchter, die hübsche Carolina und die weniger attraktive Elisetta. Beide möchte er gut unter die Haube bringen, allerdings soll für ihn das Ganze auch nicht ohne Nebeneffekt bleiben. So sähe er es gerne, wenn durch die Heirat für ihn ein kleiner Adelstitel herausspringen würde. Als Graf Robinson in die Stadt kommt, schlägt der Vater gleich zu und bietet ihm seine Tochter Elisetta zur Heirat an. Doch der Graf ist verliebt in die jüngere Schwester. Diese allerdings hat sich bereits heimlich mit Paolino verlobt.
Was dann folgt, ist eine in solchen Stücken übliche Verwechslungsgeschichte, die allerdings gut ausgeht. Carolina darf ihren Paolino heiraten und Graf Robinson akzeptiert dann doch noch die Ehe mit Elisetta. Und Geronimo bekommt damit den gewünschten adligen Schwiegersohn.
Domenico Cimarosa hat die Oper 1792 komponiert, ein Jahr nach Mozarts Tod, und in den stärkeren Momenten erinnert die Musik auch an Mozart. Allerdings gibt es auch musikalisch schwächere Passagen, wenn Cimarosa sich in endlos erscheinende Wiederholungen verliert und die Oper damit unnötig auf drei Stunden Länge aufbläst. Es sind vor allem die Ensembleszenen, die das Werk lohnenswert machen.
In Lüttich wird jetzt die Wiederaufnahme der Inszenierung von Operndirektor Stefano Mazzonis aus dem Jahr 2008 gezeigt. Mazzonis liebt bekanntlich die Komödie im Allgemeinen und manchmal treibt er den Klamauk auf die Spitze. Diesmal hält er sich, einmal abgesehen von einigen Übertreibungen, vornehm zurück. Da müssen auch wieder einmal Standard- und Anderlecht-Trikots herhalten. Mazzonis versteht es aber, die Spielfreude seiner Darsteller anzufeuern. Wie zum Beispiel Annunziata Vestri Geronimos Schwester Fidalma spielt, das ist ein echter Spaß.
Auch die beiden anderen Darstellerinnen glänzen schauspielerisch und gesanglich. Celine Mellon als Carolina und die aus Verviers stammende Sophie Junker als Elisetta. Weniger überzeugten - zumindest am Premierenabend - die drei männlichen Protagonisten.
Es gibt aber noch eine besondere Premiere in dieser Produktion. Zum ersten Mal liegt die musikalische Verantwortung in den Händen des erst 28-jährigen belgischen Dirigenten Ayrton Desimpelaere. Bisher war er am Hause als Assistent tätig. Und er hat die Feuertaufe bestanden. Mit Engagement und Präzision spürt er dem Witz der Partitur nach und abgesehen von einigen ganz kleinen Unstimmigkeiten im Zusammenspiel von Orchestergraben und Bühne gelingt ihm ein erfolgreicher Einstand.
Bis zum 27. Oktober steht "Il Matrimonio Segreto" auf dem Spielplan der Lütticher Oper.
Hans Reul