Ins Spanien des 15. Jahrhunderts versetzt uns die Handlung der Oper "Il Trovatore". Graf Luna liebt die schöne und edle Leonora, aber diese hat ein Auge auf den Troubadour Manrico geworfen, der von der Zigeunerin Azucena aufgezogen wurde. Diese wiederum hat nur eins im Sinn, den Tod ihrer eigenen Mutter zu rächen. Luna und Manrico sind wie sich im Laufe des Geschehens herausstellt in Wirklichkeit Brüder und gehören mittlerweile verfeindeten Lagern an. Also, irgendwann verliert man die Übersicht in dieser Geschichte, zumal die verschiedenen Handlungsstränge, die von leidenschaftlicher Liebe und Eifersucht bis zu politischen Feindseligkeiten so ziemlich alles bereit halten, parallel erzählt werden.
Manch ein Regisseur ist denn auch daran gescheitert das Werk auf die Bühne zu bringen. Da lobe ich mir schon die sehr zurückhaltende Inszenierung von Stefano Vizioli, der es erst gar nicht versucht eine tiefere Deutung anzubieten, sondern in erster Linie den Sängern die Möglichkeit bietet, in einem monumentalen und sehr dunklen Bühnenbild die Arien möglichst nahe an der Rampe singen zu können. Und es wird somit ein wirklich grandioses Fest der Stimmen.
Die vier Protagonisten lassen keine Wünsche offen, besser kann man Verdis "Il Trovatore" nicht besetzen.
Da wäre zunächst Mario Cassi als Graf Luna. Der Bariton ist Stammgast in der Lütticher Oper und singt auch diesmal mit überzeugend warmen Timbre seine Partie. Ihm gegenüber steht als Troubadour Manrico Fabio Sartori. Er ist die Entdeckung des Abends. Der junge italienische Tenor hat vor einigen Jahren den Pavarotti Wettbewerb gewonnen und ohne ihm zu nahe treten zu wollen, nicht nur stimmlich hat Sartori etwas von Luciano Pavarotti. Er ist zwar offensichtlich kein großes Schauspieltalent, aber er ist mit einer wunderschönen Tenorstimme gesegnet. Mit verblüffender Leichtigkeit in den höchsten Lagen, rundem Klangvolumen, ebenso feinen pianissimi wie raumgreifendem Forte bewältigte er die sehr anspruchsvolle Rolle. Man versteht, warum Fabio Sartori mit Dirigentengrößen wie Riccardo Muti, Zubin Mehta oder Claudio Abbado gearbeitet hat.
Ebenfalls zum ersten Mal in Lüttich zu Gast sind Yolanda Auyanet und Violeta Urmana. Auyanet kann mit ihrer kraftvollen und intensiv leidenschaftlichen Sopranstimme ohne jede Anstrengung auch die größten Opernhäuser füllen und Mezzosopran Violeta Urmana ist die perfekte Azucena, zurecht zählt sie zu den Stars der internationalen Szene. Es ist schon beeindruckend, dass man ein solches Solistenquartett in Lüttich hören kann.
Auch das Orchester und der Chor konnten durchgehend überzeugen. Chordirektor Pierre Odice hat es geschafft dem Chor neue Qualität zu verleihen und mit Daniel Oren steht dem Orchester bei dieser Produktion ein sehr engagierter Dirigent als Gast vor. Seine Energie übertrug sich auf die gesamte Produktion. Wer Oper als ein stimmliches und musikalisches Vergnügen erleben möchte, der ist auch diesmal in Lüttich bestens aufgehoben. Bis zum 28. September steht "Il Trovatore" auf dem Programm der Königliche Oper der Wallonie.
Hans Reul