Ein bisschen Surrealismus ist in den Museen von Brüssel ja immer zu finden. Ganz natürlich, möchte man fast sagen. Belgien ist nun mal nach Frankreich das wichtigste Land für diese Kunstrichtung. Aber ab sofort und einige Monate lang ist der Surrealismus in besonders geballter Form in Brüssel zu entdecken. Gleich zwei große Ausstellungen in zwei großen Museen geben Einblick in diese Kunstrichtung.
"Imagine! 100 Jahre internationaler Surrealismus"
International geht es dabei im Königlichen Museum für Schöne Künste zu: "Imagine! 100 Jahre internationaler Surrealismus" heißt dort die Ausstellung. Rund 120 Werke von bekannten Künstlern aus Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien, kurz: der ganzen Welt des Surrealismus sind zu sehen. René Magritte, Salvador Dali, Max Ernst, Miró, Giacometti und viele mehr - sie alle kann man dort finden.
Und man kann einiges lernen. Zum Beispiel, wie Kuratorin Francisca Vandepitte betont, dass die Surrealisten nicht ganz so wild einfach drauf losgemalt haben, wie man sich das vielleicht vorstellen könnte. Für den Surrealismus gab es ein Manifest, also Regeln, an die die Vertreter der Bewegung sich mehr oder weniger gehalten haben. Geschrieben hat das Manifest der Franzose André Breton 1924. Und genau deshalb feiert Brüssel dieses Jahr auch 100 Jahre Surrealismus.
In der Ausstellung sind Auszüge aus dem Manifest von Breton zu lesen. Einige Regeln, wie zum Beispiel "die Bedeutung des Traums, der Intuition, des Irrationalen, um auf eine ganz andere, neue Art und Weise ein Kunstwerk zu schaffen", wie Kuratorin Vandepitte sagt.
"Imagine" ist eine Wanderausstellung, die von Brüssel nach Paris umzieht, und danach noch in Madrid, Hamburg und Philadelphia aufgebaut werden soll. An jedem Ort bekommt die Ausstellung eine eigene Ergänzung, eine besondere Note. In Brüssel ist das die Verbindung mit dem Symbolismus, eine Kunstrichtung, die vor dem Surrealismus entstanden war und diesen deutlich beeinflusst hat. Auch Bilder des Symbolismus sind in "Imagine" zu sehen.
"In den Ausstellungsräumen hängen diese Bilder durcheinander", erklärt die Kuratorin. "Wir überlassen es den Besuchern selbst zu entdecken, welches Bild zum Surrealismus und welches zum Symbolismus gehört."
"Histoire de ne pas rire. Le Surréalisme en Belgique"
Gut 300 Meter weiter im Museum von Bozar befindet sich die zweite große Ausstellung. "Histoire de ne pas rire. Le Surréalisme en Belgique" nennt sie sich, versammelt rund 260 Gegenstände und Gemälde und ist ausschließlich den belgischen Vertretern des Surrealismus gewidmet.
Auch hier gibt es viel zu entdecken, wie Kurator Xavier Canonne betont. Denn "Magritte ist so ein bisschen der Name, der alle anderen Vertreter des Surrealismus überstrahlt im Bewusstsein der meisten Menschen. Magritte, Delvaux - das sind die Surrealisten, die man auch international kennt. Aber es gibt eine ganze Reihe von anderen Künstlern - und das wollen wir mit unserer Ausstellung hier zeigen - die genauso wichtig und bedeutend sind."
Zwei dieser anderen Künstler, die man in Bozar entdecken kann, sind Rachel Baes und Jane Graverol. Zwei Frauen, die eine bedeutende Rolle im Surrealismus gespielt haben, wie Kurator Canonne betont, und für die die Kunst eine Art Emanzipation war.
Beide Ausstellungen zum Surrealismus wissen natürlich voneinander. Und für Besucher ganz praktisch: Mit einem Kombi-Ticket kann man zu einem ermäßigten Preis beide Ausstellungen besuchen und sowohl die nationale als auch internationale Ausprägung dieser Kunstrichtung entdecken.
"Imagine! 100 Jahre internationaler Surrealismus" ist bis zum 21. Juli im Königlichen Museum für Schöne Künste, Rue de la Régence 3 in Brüssel zu sehen.
"Histoire de ne pas rire. Le Surréalisme en Belgique" kann bis zum 16. Juni im Palais des Beaux-Arts, Rue Ravenstein 23 in Brüssel besucht werden.
Kay Wagner