Bei einem Rundgang durch die neue Ausstellung zeigt sich Kuratorin Sarvenaz Ayoghi begeistert, wenn sie die Bilder der flämischen Maler anschaut, die mit so viel Liebe zum Detail und Präzision ausgeführt wurden. "Dass da oben auf diesen Stufen sogar noch Menschengruppen zu sehen sind oder eben auch eine Mühle in einer Phantasielandschaft mit Bergen – das geht sogar hinten noch weiter. Hier hinten sieht man immer noch kleine Personen. Das Wunder vom Kornfeld."
Jedes Bild habe seine Geschichte, erklärt Sarvenaz Ayoghi – so etwa auch ein Landschaftsbild mit einer Szene vom Vogelfang, das vor 500 Jahren entstand. "Dieses 'Jemand auf den Leim gehen' kommt daher, dass der Vogelfänger ein Käuzchen als Attrappe nimmt, als Lockvogel. Die umliegenden Vögel kommen, um den Kauz zu vertreiben. Der Vogelfänger hat vorher auf den Ästen Leim verteilt, damit die Vögel darauf kleben bleiben. Eine brutale Art des Vogelfangs..."
Die Werke aus dem Suermondt-Ludwig-Bestand sind über viele Jahre untersucht worden. Das Forschungsprojekt habe vielseitige Erkenntnisse gebracht, erklärt Museumsdirektor Till-Holger Borchert. "Wir haben zum Beispiel zwei Tafeln in unserer Sammlung, die in der Mitte geteilt wurden. Wir wussten nicht, wo das Mittelbild ist. Es hat sich herausgestellt, dass es im Besitz des Museo Nacional del Prado in Madrid ist. Wir hoffen, dass wir die Tafeln irgendwann vereinigen können."
Rund 50 Gemälde zeigt die Ausstellung. Es sind aus kunsthistorischer Sicht keine Spitzenwerke, sagt Borchert, aber sehr gute Arbeiten, die einen repräsentativen Überblick geben über die flämische Malerei dieser Zeit. "Man hat hier einen guten Überblick, was die Leute in ihren Häusern gebraucht und benutzt haben. Und wir haben viele Werke aus den nördlichen Niederlanden, wo sich durch Bildersturm und Calvinismus weniger erhalten hat."
Die Bilder zeigen fast ausschließlich christliche Motive: Kreuzigungs-, Passions- oder Mariendarstellungen waren im 15. und 16. Jahrhundert populär. Heute sind sie vielen Besuchern nicht mehr vertraut. "Dass man nicht jeden Heiligen kennt, das wissen wir. Deswegen haben wir Medientische vorbereitet, wo man sich informieren kann", erklärt Kuratorin Sarvenaz Ayoghi. "Wer ist eigentlich der Heilige Livinus oder Augustinus gewesen? Gibt es einen Unterschied zwischen einer Madonna und einer Maria? Unsere Zielsetzung ist auch aufzuklären und zu informieren."
Dazu gehören auch technische Fragen. So kann man sich beispielsweise informieren, wie Ölfarbe angemischt wurde und wie viel Arbeit dahinter steckte, sagt Ayoghi. Auch was Ölmalerei und eine Unterzeichnung sind und alles mit diesen Werken erforscht wurde, erfahren die Besucher.
Begleitend zur Ausstellung bietet das Suermondt-Ludwig-Museum auch Workshops für Familien und ein Schulprogramm an. Öffentliche Führungen gibt es jeden Sonntag. Für Jugendliche bis 21 Jahre ist der Eintritt frei. Das "Heimspiel" ist noch bis zum 14. April zu sehen. Mehr Infos gibt es auf der Webseite des Museums.
Michaela Brück