Wenn man das Kunstzentrum "Hangar" in der Brüsseler Stadtgemeinde Ixelles betritt, begrüßt einen schon über dem Empfang groß ein sehr bekanntes Magnum-Zitat. Einer der Gründer der Agentur, Robert Capa, habe diesen Satz gesagt: "Wenn deine Fotos nicht gut genug sind, dann warst du nicht nah genug dran am Sujet", erklärt Andrea Holzherr. Sie ist die Globale Direktorin für Ausstellungen bei "Magnum Photos".
Genau dieses Zitat greift die Ausstellung auch in ihrem Titel auf, allerdings mit einem Augenzwinkern. Dieses "Close Enough" sei sozusagen das "Wir sind nah genug dran", lacht Holzherr, es sei also ein bisschen frech, ein bisschen rebellisch.
Auf dieses "Close Enough" folgt im Titel aber auch noch "Zwölf Magnum-Fotografinnen". Damit zeigt die Ausstellung Bilder von fast allen lebenden Fotografinnen von Magnum. In den vergangenen 30, 40 Jahren habe es keine einzige Ausstellung nur mit Bildern der weiblichen Mitglieder der Fotoagentur gegeben, führt Bieke Depoorter aus. Die aus Westflandern stammende Depoorter ist die einzige belgische Fotografin bei Magnum. Es sei also gut, wenn auch mal die Frauen in den Mittelpunkt gerückt würden. Gerade auch, weil es noch immer rund fünf Mal mehr männliche Fotografen bei Magnum gebe als weibliche.
Aber dennoch sei das nicht das eigentliche Ziel der Ausstellung. Die Organisatoren und Fotografinnen wollen die Ausstellung nicht primär unter dem Gesichtspunkt Geschlecht verstanden wissen, wie auch Andrea Holzherr unterstreicht. Man wolle mit der Ausstellung weniger sagen, dass es so etwas wie einen "weiblichen Blick" gebe. Das sei nicht das Statement, das man damit machen wolle. Es gehe nicht um "Gender", sondern viel mehr um die Fotografie selbst. Denn die Fotografie habe sich natürlich unheimlich geändert von einem Robert Capa zu einer Bieke Depoorter.
Nicht nur das fotografische Umfeld habe sich stark gewandelt, sondern auch das wirtschaftliche - Agenturen und Fotografen müssten heute ganz anders arbeiten als früher. Fotografen erzählten heute ganz andere Geschichten als damals und wahrscheinlich auch viel mehr ihre eigenen. Dass Fotografen mit einem Auftrag losgeschickt würden, so etwas gebe es ja heute fast nicht mehr.
Und das gelte für alle. Nicht nur die Frauen, auch die jungen männlichen Fotografen in der Agentur arbeiteten heute ganz anders als Capa, Cartier-Bresson und so weiter. Das sei auch wichtig, denn ohne diese Weiterentwicklung hätte Magnum sonst auch nicht überleben können bis heute. Es gehe auch um die Art und Weise des Fotografierens, betont Bieke Depoorter, darum, wie man an ein Projekt herangehe. Das sei es vor allem, was die ausgestellten Arbeiten verbinde.
Jede der zwölf gezeigten Fotografinnen hat dabei natürlich ihren ganz eigenen, persönlichen Stil beziehungsweise ihre eigenen Motive, die nicht immer leichte Kost sind. Cristina de Middel beispielsweise befasst sich mit den Kunden von Prostituierten, Hannah Price hat Männer porträtiert, die Frauen hinterherpfeifen, Bieke Depoorter will den westlichen fotografischen Blick auf ausländische Kulturen brechen – und so könnte man mit den zwölf Fotografinnen weitermachen.
Das fände sie so toll in dieser Ausstellung, so Holzherr. Es seien zwar jedes Mal spezifische Fälle, die die Fotografinnen zeigten, auf der anderen Seite sehe man aber auch einfach das Leben, die Fotoserien seien universell.
Die Ausstellung "Close Enough – 12 women photographers of Magnum" im "Hangar" in Brüssel läuft noch bis zum 16. Dezember. Mehr Informationen zur Ausstellung gibt es auch unter hangar.art.
Boris Schmidt