Hinter den beiden Ausstellungen stehen zwei Fotografen, Vater und Tochter: Harald Deilmann und Clara Gerlach.
Die Überreste des Westwalls prägen auch heute noch das Landschaftsbild, etwa in der Eifel. "Hier ist ein großer Bunker, dahinten ist der nächste, links davon ist auch noch ein Bunkerhügel", erzählt Harald Deilmann bei einem Ortsbesuch in der deutschen Eifel. "Und hier in der Landschaft verteilt sind auch noch viele, die man eben sehr schwer erkennt. Oder man muss hingehen und schauen, ob Beton drumherum liegt. Dann weiß man, dass es sich um eine Bunkerruine handelt."
Die Natur hat die Betonmassen nach und nach verschluckt. Wenn man nicht um die Bunker weiß, dann übersieht man sie schnell. Doch genau das sollte nicht passieren, findet der Fotograf. "Ist schon gut, wenn man ein bisschen weiß, was hier Schlimmes vorgefallen ist. Es sind ja nun Tausende von Leuten verblutet und zerrissen worden. Möchte man sich gar nicht so genau vorstellen."
Neben den etwa 18.000 Bunkern prägen auch Panzersperren die mehr als 600 Kilometer lange Verteidigungslinie entlang der Westgrenze des Deutschen Reichs. Für Deilmann war der Westwall menschenverachtend - von der Architektur über den Bau bis hin zur Nutzung. "Die Menschen werden wie Sachen behandelt. Wenn man eben nicht genug Freiwillige findet, dann werden sie zwangsverpflichtet und können an den Westwall verlegt werden. Oder Bauernbetriebe werden enteignet. Insgesamt waren da über 30.000 Personen - Landwirte und Familien - betroffen, die ihren Betrieb verloren haben."
Der Westwall stehe für Unterdrückung, Enteignung, Zwangsarbeit. Das möchte der Fotograf mit seinen Aufnahmen und der Ausstellung im ZVS-Museum deutlich machen. Dazu stellt er die eigenen Fotos in den Dialog mit einem Gedicht von Adelbert von Chamisso. In "Das Riesenspielzeug" bedient sich eine Riesin an den einfachen Landwirten und behandelt sie wie Spielzeug.
Eine Warnung, auch wenn die Riesen in dem Gedicht am Ende verschwinden: "Die Burg ist jetzt verfallen, die Stätte wüst und leer. Und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr. Dann habe ich mir gedacht, wenn ich 'Burg' durch 'Bunker' ersetze, die 'Riesen' durch die 'Nazis', dann habe ich wenigstens schon mal einen Untertitel für ein Bild vom Westwall. Weil unkommentiert möchte ich die Bilder nicht zeigen."
In Nazifrakturschrift stehen Gedichtzeilen unter den jeweiligen Schwarz-Weiß-Fotografien und bieten so Denkanstöße. Hinzu kommen in der Ausstellung Farbaufnahmen von Clara Gerlach, Deilmanns Tochter. Sie wiederum liefert historische Hintergründe und Fakten rund um den Westwall. So kann man im ZVS-Museum zwei Auseinandersetzungen mit dem Thema Westwall finden. In ihrer Botschaft sind sich die beiden Serien jedoch einig.
"Es gibt immer noch Nazis. Es gibt immer noch Leute, die so denken. Und die Menschen als Sache betrachten, die man einsetzen kann, wie es einem passt. Die herrschen zwar nicht. Aber die Richtung ist schon sehr bedenklich. Und hier habe ich dann leider bei der letzten Strophe Punkte machen müssen. Weil man die Nazis ja leider noch findet."
Andreas Lejeune