Mit diesem Bild fängt es an: Das Foto einer Flusslandschaft war Startpunkt für 46 Künstlerinnen und Künstler, die nun ihre Werke im Alten Schlachthof ausstellen. 46 Kunstschaffende, das sind auch 46 Blickwinkel. Gemeinsam begaben sich die Teilnehmer auf die Suche nach der Wirklichkeit. "Mir ist es immer ganz wichtig, dass man in dieses Schauen kommt, sich dieses Bild erst mal wirklich anschaut und dann über das wiederholte Malen von Skizzen und Farbflächen sich wirklich, fast auf eine abstrakte Weise, das Bild mal anschaut - und dann zu seiner Interpretation gelangt", erklärt die Künstlerin Tanja Mosblech.
Gemeinsam wurden Eindrücke gesammelt und festgehalten, es wurde ausgetauscht, reflektiert. Der letzte Lockdown schränkte den Malkurs ein. Digital teilten die Teilnehmer Bilder ihrer Werke und inspirierten sich so gegenseitig. Ein Entwicklungsprozess setzte sich in Gang, findet auch Annemie Ernst: "Von Tanja weiß ich, dass sie sagt "Ihr müsst euch das Thema, das Subjekt, das Objekt aneignen. Und das macht ihr am Besten, indem ihr eine Skizze davon macht." So ist das eines der ersten Bilder, das ich gemacht habe. Das ist einfach ein Abpausen des Fotos. Und dadurch erfährt man tatsächlich besser die Zwischenräume."
"Neu wieder hinschauen und die Formen neu sehen, die Zwischenräume und sowas. Und das kommt nur in einer Gruppe und mit jemandem, der, wie Tanja Mosblech, einen immer wieder darauf anspricht und versucht, dahin zu lenken", so Daniela Leclou.
Guy Schinelli erklärt: "Das ist meine Schlafzimmertapete, und ich habe mir gedacht, dass das Muster ein bisschen grünlich ist. Da kann ich dann probieren, das Bild daraus zu malen. Und das hat das ergeben."
Annemie Ernst empfindet Folgendes: "Ich finde es geht in Richtung Traum. So etwas stelle ich mir auch nachts vor, wenn ich wach werde. Da brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Sondern ich denke daran, welche Farben ich hatte, welche Kombinationen."
"Ich finde dieses Bild stellt schon die Wirklichkeit dar, weil die wichtigsten Elemente vorhanden sind. Natürlich ist das alles in einer gewissen abstrakten Form dann doch dargestellt. Aber ich glaube, dass man trotzdem, wenn man vom Ausgangsbild ausgeht, die Elemente vorhanden sind", meint Norbert Tillmanns.
"Das ist einfach ein Prozess, wie das ganze Leben, so die Kunst auch. Es geht immer weiter und es wird immer besser und geht wieder nach unten, damit es überhaupt wieder richtig nach oben gehen kann. Ohne schwarz gäb es kein weiß. Es ist so", sagt Daniela Leclou.
Ist nun jedes Bild für sich das Kunstwerk oder ist es doch die Ausstellung als Ganzes? Das darf der Betrachter für sich selbst entdecken und entscheiden. Auch hier werden die Antworten wahrscheinlich ähnlich individuell ausfallen wie die Werke: "Ich glaube wirklich, dass wir alle verschieden und doch gleich sind. Also ich glaube wir sind alle ähnlich, aber schauen durch diese Brille des Erlebten. Und das kann man hier sehr schön sehen, die Vielfalt, die da entstanden ist. Jeweils von den 46 verschiedenen Charakteren, die teilgenommen haben. Also es ist jetzt nicht so, dass jeder seinen eigenen fixen Charakter hat, sondern dass auch das ein Werdegang ist, der auch niemals anhält. Ich glaube, wenn wir nicht immer wieder Schritte weitergehen, dann wird man zu einem guten Techniker, aber das ist dann nicht wirklich Kunst. Das ist ein fortwährender Prozess und mir geht es da genauso. Man kommt nicht an, man kommt gegebenenfalls an kleine Etappensiege, aber es geht immer weiter", so Tanja Mosblech weiter.
Die Ausstellung ist am Wochenende zwischen 13 und 18 Uhr geöffnet. Sie endet am 11. Juli mit einer Finissage und einem Konzert.
Andreas Lejeune