Es fällt nicht schwer, sich mental nach Afrika zu denken, wenn man das Mueum betritt: Musik erklingt. Per Touch-Screen kann man Stimmen ausstellen und wieder hinzufügen. Die Polyphonie der afrikanischen Gesänge wird dem Besucher dadurch deutlich vor Augen, Ohren und Finger geführt.
Dieser interaktive Gesangsbildschirm ist nur eins der neuen, zahlreichen multi-medialen Elemente, mit denen das Afrika-Museum nach seiner Renovierung aufwartet. Dabei ist das Museum nicht plötzlich zu einer High-Tech-Ausstellung geworden.
Neben den Bildschirmen hängen auch weiter die bekannten Masken, stehen ausgestopfte Tiere, sind in Glasvitrinen Steine, hölzerne Waffen, aber auch Bierflaschen, Comics und moderne Zeitungen zu sehen.
Für Guido Gryseels, Generaldirektor des Museum, ist das sogar das faszinierendste an dem neu gestalteten Museum. Das gelungene Nebeneinander zwischen Alt und Neu: „Wir haben es geschafft, [...] audio-visuelle Medien einzusetzen, zeitgenössische Malerei und Künstler zu präsentieren und gleichzeitig historische Gegenstände von Weltklasse zu zeigen.“
Zu den Blickfängen des zeitgenössischen Afrika gehört der überdimensionale Roboter, der mit blinkenden Lichtsignalen im Raum „Transit-Mémoire“ steht. Im Kongo selbst werden solche Roboter als Polizisten im Straßenverkehr auf Kreuzungen eingesetzt.
Äußerst modern ist auch der Raum, den die 26-jährige Primrose Ntumba zusammen mit anderen vier jungen Erwachsenen gestalten durfte. „Studio 6+“ nennt er sich. Darin wird das heutige Multi-Mediale-Online-Afrika dargestellt. „Wir zeigen vor allem Inhalte, die aus Afrika kommen“, sagt Ntumba, „um darzustellen, was in Afrika lebendig ist, aktuell ist, was zur afrikanischen und zur Afro-Kultur heutzutage zählt.“
Für viel Aufmerksamkeit hatte im Vorfeld der Neueröffnung das Vorhaben gesorgt, die koloniale Vergangenheit Belgiens im Kongo künftig auch kritisch darzustellen. Bisher wurde diese dunkle Seite der belgischen Kolonialgeschichte im Museum nicht thematisiert.
„Viel zu lange waren wir nicht kritisch genug in Hinsicht auf die koloniale Vergangenheit“, sagt Generaldirektor Gryseels. „Jetzt bieten wir eine neue Sicht auf den Kongo zur Zeit von König Leopold II. Mit all der Gewalt, die es damals dort gegeben hat. Und auch eine neue Sicht auf das koloniale System im Kongo unter belgischer Herrschaft.“
Doch die kritische Darstellung der kolonialen Vergangenheit fällt ziemlich mager aus. Gerade mal ein Raum der rund 20 Räume ist der Kolonialzeit und der Zeit der Entkolonialisierung gewidmet. Sehr ausführlich und im Detail wird Geschichte da nicht aufgearbeitet.
Ayoko Mensah teilt diese Ansicht. Sie gehört zur so genannten „Gruppe der Sechs“, die aus afrikanischer Sicht immer mal wieder um ihre Meinung zur Neugestaltung des Museums befragt worden war.
Mensah zeigt sich enttäuscht von dem Saal, der sich mit der Kolonialzeit beschäftigt: „Wir als „Gruppe der Sechs“ hatten eine andere Perspektive, andere Ideen für diesen Saal. Weil es sich um Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit handelt, und diese Ereignisse nicht unumstritten sind, gab es wohl Ängste. Dinge, die dazu geführt haben, dass das Museum sich dazu entschieden hat, wirklich nur das Minimum zu machen. Das wird sicher zu Kritik am Museum führen.“
Museumsleiter Gryseels hingegen verteidigt die Darstellung in einem Saal. Das sei ein erster Schritt, eine erste Einladung zu einem Dialog, zur Diskussion über das dunkle Kapitel der kolonialen Vergangenheit. Die Darstellung könne sich durchaus ändern: „Wir habe nicht vor, die jetzige Dauerausstellung 50 Jahre lang unverändert zu lassen. Jedes Jahr werden wir für jeden Saal schauen, was sich bewährt hat und was man eventuell wie anders machen könnte.“
kw/jp