Grenzen - da war doch was? Als während der Corona-Pandemie die Reisefreiheit eingeschränkt wurde, ist das auch Guy Focant schmerzlich bewusst geworden. Als Fotograf, der gerne viel herumkommt, sah er sich wie alle anderen plötzlich ausgebremst, "Wenn ich schon nicht über die Grenze darf, dann gehe ich eben bis an die Grenze ran. Daraus ergab sich schnell ein roter Faden: Was sehe ich, wenn ich auf der Grenze stehe?"
Auch die deutsch-belgische Grenze wie am Grenzübergang Köpfchen gehörte zum Rundum-Programm von Guy Focant. Neben Reminiszenzen an die frühere Zollgeschichte stieß er dabei auf die eine oder andere gelungene Umnutzung der vorhandenen Gebäude. "An der Küste habe ich ein Zollhaus gefunden, das jetzt ein Pralinengeschäft ist - fast so etwas wie ein Aushängeschild für die belgische Schokolade. Natürlich gibt es auch Frittenbuden. Andere Zollstationen wurden zu Wohnungen. In der Nähe von Orval habe ich sogar gesehen, wie ein Zollhäuschen zum Hühnerstall wurde."
Noch etwas ist Guy Focant aufgefallen: Waren die Grenzen früher ein Ort der Begegnung (mit Cafés, Geschäften, Tabakläden und so weiter) sind sie heute oft bloße Durchgangsstation - wie am Vennbahnradweg in Küchelscheid. "Wir stehen hier auf belgischem Gebiet. Dahinten beginnt Deutschland. Die frühere Vennbahn wiederum ist belgisch, links und rechts der Strecke ist Deutschland. Das ist eine von vielen Enklaven, wie es sie entlang unserer Grenzen gibt."
Im Laufe der Zeit haben sich die Menschen mit den Grenzen arrangiert, sie zeitweise auch aus dem Blick verloren. Restriktive Maßnahmen wie während Corona und jetzt die Einreisekontrollen an den deutschen Grenzen rücken sie (wieder) ins Bewusstsein. "Mit Corona tauchten Grenzen wieder auf. Manche wurden regelrecht abgesperrt. Jetzt führen Länder Grenzkontrollen ein, um der Migration Herr zu werden. Es geht weniger um Warentransport wie früher als um Personenkontrollen. Ich halte das für einen Rückschritt."

Vielleicht bringt aber auch gerade das die Menschen dazu, die einmal zugestandene Freizügigkeit zu schätzen - und warum nicht, selbst einmal andere Grenzen auszutesten. "Unsere Grenztour verlief über 1.385 Kilometer. Wir wollten das Land einmal ganz anders zeigen.Vielleicht bekommt der eine oder andere Lust,
sich die Grenzen anderswo anzusehen." Der Bildband von Guy Focant ist dafür der geeignete Reiseführer.
Der Bildband "No(s) Limit(es)" des Fotografen Guy Focant ist im Selbstverlag erschienen. Seine Frau Marie-Agnès Oger hat die Texte dazu geschrieben.
Stephan Pesch