Es ist eine Art Seelenverwandtschaft, die Johannes Weber mit Gerhard Meier verbindet - und das schon seit mehr als 30 Jahren. Während seines Studiums entdeckte der aus Bülllingen stammende Fotograf ein kleines Heft mit Gedichten und Prosatexten von Gerhard Meier. Der besondere Klang, die melodische Sprache hätten ihn fasziniert und seitdem nicht mehr losgelassen. Nach und nach entdeckte Weber das Werk des mehrfach ausgezeichneten Schriftstellers.
Meiers Amrainer Tetralogie "Baur und Bindschädler" gilt als eines der bedeutendsten Werke der deutschsprachigen Literatur der letzten fünfzig Jahre. "Es ist spannend zu lesen, kein Roman mit einem großen Plot. Es ist eher eine Reflexion über das Leben, über das, was die Kunst ausmacht, was Meiers persönliche Umgebung ausmacht", erzählt Johannes Weber.
Meiers persönliche Umgebung ist Amrain, der literarische Name für Niederbipp, wo Gerhard Meier 1917 geboren wurde und bis zu seinem Tod im Jahr 2008 lebte. 2011 besuchte Johannes Weber erstmals diesen Ort und begab sich auf eine fotografische Spurensuche.
"Ich habe auf Alleen geschaut, Bäume, Natur, auf die Kathedrale in Solothurn, auf viele Dinge, die in seinem Werk einen Platz haben, die mich angesprochen haben."
Seine Spurensuche führte Johannes Weber auch in das Haus des Schriftstellers, in dem heute noch dessen Sohn lebt. Eine Aufnahme zeigt die Gartenschuhe von Meiers verstorbener Frau Dorli. Ihr hatte der Schriftsteller sein letztes Buch gewidmet: "Ob die Granatbäume blühen".
"Tatsächlich ist diese Aufnahme für mich eine Schlüsselaufnahme, weil sie viel von Meiers Welt zeigt. Die Schuhe stehen verwittert in einem Schuppen, Blätter drüber, Staub und Spinnengewebe. Diese Aufnahme war für mich ein Geschenk."
Meiers Welt - das ist das Dorf, das er gegen das Klischee des Kleingeistigen verteidigt. Für ihn ist es Inspiration und Spiegel der Welt. Darin findet sich auch Johannes Weber mit seinen Eifeler Wurzeln wieder. "Erst Provinzler, dann Weltbürger. Für Meier war diese Welt das Wesentliche. Er konnte im Kleinen das Große wiederentdecken", so Weber.
"Viele Dinge, die in der Welt geschehen, spielen sich in einem Dorf ab. Das hat mich bei Meier immer wieder fasziniert. So empfinde ich auch meinen Werdegang. Das, was ich in Büllingen an Wurzeln mitbekommen habe, was mich in der Kindheit geprägt hat, davon lebt meine Kreativität und Kunst."
2017 wäre Gerhard Meier 100 Jahre alt geworden. Bei einer Gedenkausstellung in der Schweiz knüpfte Johannes Weber Kontakte zur Familie des Autors. Es entstanden Pläne für eine Ausstellung. Im vergangenen Frühjahr konnte der ostbelgische Fotograf seine Hommage an Gerhard Meier im Räberstöckli zeigen, dem Kulturzentrum von Niederbipp.
"Die Ausstellung hat sehr viele Menschen in Niederbipp berührt. Für mich war es eine Herausforderung: 'Hier kommt einer aus Ostbelgien, der will was zu Gerhard Meier sagen.' Für mich gab es eine gewisse Bestätigung. Es gibt eine Seelenverwandtschaft."
Die Ausstellung hat Johannes Weber zusammen mit seiner Frau Marie-Noëlle und dem Eupener Galeristen Benjamin Fleig konzipiert. Zu Webers Fotografien suchten sie passende Texte von Gerhard Meier aus. Die Aufnahmen interpretieren Meiers literarische Welt.
So erinnert das Bild eines Kornfeldes in der Unschärfe an die Faszination für den Wind, wie Meier sie in seinem Buch "Das dunkle Fest des Lebens" beschreibt. Dort heißt es: "Für mich ist der Wind etwas Grandioses. Was er an Bewegungen erzeugt in den Gräsern und Zweigen, in den Haartrachten oder Kleidertrachten. Das ist für mich sehr bewegend."
Der Schweizer Nimbus Verlag hat die Fotos von Johannes Weber und Meiers Zitate in einer Publikation veröffentlicht - ergänzt durch Texte von vier Autoren, die eine enge Beziehung zu Meier und seinem Werk hatten.
Die rund 50 Aufnahmen in dem Buch sind überwiegend in Niederbipp entstanden sowie an anderen Orten, die für Gerhard Meier von Bedeutung waren. Sie seien aber auch für Leser aus Ostbelgien interessant, so Johannes Weber.
"Es gibt sehr viele Motive, die in unsere Landschaft passen. Ich bin mit dem ostbelgischen Herzen hingefahren und habe mich dort richtig gut gefühlt. Neulich wurde ich gefragt: 'Was gibt es für eine Verbindung?' Büllingen wird meine Heimat bleiben und in Niederbipp fühle ich mich auch zu Hause."
Michaela Brück
Hier möchte ich meinen ausdrücklichen Dank an die Journalistin Michaela Brück vermerken. Das ist beste journalistische Arbeit und verdient Anerkennung.
Professionelle Recherche und kompetente Berichterstattung möchte ich anerkennen.
Hier steht ein großes DANKE!
Johannes Weber