"Wo ist denn Bollenien?" Diese Frage hat der Bonner Autor Michael Heinzel schon 2014 in Buchform behandelt. Seit vielen Jahren befasst er sich mit der Geschichte der Eisenbahn in der Eifel. Dabei ist er eher zufällig im Staatsarchiv Eupen auf den Nachlass von General Paul Bolle gestoßen. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg für einige deutsche Grenzabschnitte zuständig, die unter belgischer Sonderverwaltung standen.
Das ist einer der Schwerpunkte im neuen Buch von Michael Heinzel - eine "historische Collage", wie er sagt. "Ich wollte kein Geschichtsbuch schreiben, aber auch keinen historischen Roman. Es sollte etwas sein, wo die Vergangenheit plastisch wird, wo mir als Autor aber auch die Möglichkeit gegeben ist, die vielen historischen Details, die das Leben bestimmt haben, unterzubringen."
So erzählt Michael Heinzel vor dem Hintergrund der beiden Weltkriege, des Staatenwechsels, der Zwischenkriegszeit, von "Säuberung" und Zugeständnissen, von Schmuggel und Zoll die Familiengeschichte von Johann aus Kehr und Madelaine oder Mady, von Ludwig, Maria, Carl, Charlotte und von Eric, dem zur Adpotion freigegebenen Sohn, der sich auf die Suche nach seiner Herkunft macht.
"Ich hab das ja nur aus Datenschutzgründen anonymisieren müssen. Ich konnte die Leute ja nicht beim Klarnamen nennen und auch nicht in den wahren Ortschaften spielen lassen, wo es sich zugetragen hat. Deshalb habe ich das in einer fiktiven Familie zusammengefasst", erklärt Heinzel. "So hätte es sich ergeben können und so hat es sich teilweise auch ergeben, nur die Leute hatten halt andere Namen."
Dafür kommen anekdotische, aber verbriefte Geschichten zur Sprache wie die vom Verhandlungsgeschick des Losheimer Pfarrers Dohmen bis hinauf zur Düsseldorfer Staatskanzlei. Oder wie 1957 der deutsche Beamte Werner Rosen mit einem Koffer voller Geld über die Grenze nach St. Vith geschickt wurde, um Grundstücke um Losheim, die unter Sequester standen, zu ersteigern.
Und der Leser erfährt viel über die Geschichte von Ortschaften und Grenzweilern wie Bildchen, Losheim oder Hemmeres, wo Ernest Hemingway als Kriegsreporter im Herbst 1944 deutschen Boden betrat und wo heute allenfalls Radwanderer von nah und fern vorbeikommen. "Das ist kaum bekannt, abseits der großen Wege, man muss es schon suchen, wenn man dorthin kommen will. Der Ort hat in der Geschichte viel aushalten müssen, hat mehrfach die Seiten gewechselt und war zeitweilig geteilt wie das große Berlin in zwei Zonen: diesseits und jenseits der Bahnlinie.
Und genau das ist es, was Michael Heinzel gerade auch jüngeren Lesern vermitteln will, angesichts des Wiederaufkeimens von Protektionismus und Nationalismus. "Ich möchte darauf hinweisen, welche Gefahren damit verbunden sind, wo wir herkommen und was uns möglicherweise wieder bevorstehen könnte", so Heinzel.
"Wir haben es in diesem Jahr erlebt, dass erstmals die Grenze wieder geschlossen war. Das war aufgrund der Pandemie, aber es könnte auch aufgrund politischen Auseinanderlebens so weit kommen, dass man Grenzen wieder zumacht oder Kontrollen einführt, dass man nicht mehr ganz einfach auf der anderen Seite zur Arbeit oder zur Schule gehen kann, so wie das heute der Fall ist."
Das Buch "Grenzland Eifel - Zwischen Baum und Borke" ist im Eifel-Verlag erschienen. Es hat 128 Seiten und kostet 12 Euro.
Stephan Pesch