"Das Publikum anlocken" ist vielleicht gar nicht so nötig, es würde schon reichen, das Publikum zu halten, das in der aktuellen Saison in die Lütticher Oper strömt. Operndirektor Stefano Pace eröffnete die Pressekonferenz am Freitag mit einem zufriedenen Kommentar zur laufenden Spielzeit, wo bisher so gut wie alle Aufführungen ausverkauft waren.
Es erfüllt die Verantwortlichen der Oper mit Freude, dass das Publikum die Programmierung der verschiedenen Opern und deren Ausführung so gut annimmt. Stefano Pace will in der neuen Spielzeit den bisher eingeschlagenen Weg fortführen und neues oder schon lange nicht mehr in Lüttich gespieltes Repertoire erschließen. Ein Drittel der Produktionen soll französisch sein, ein Drittel italienisch und ein Drittel aus anderen Ländern.
Das Motto der Saison 2025-2026 ist "Être - Paraître", zu deutsch "Sein - Schein", eine passende Definition der Rolle der Oper im allgemeinen, die nur allzu oft den Anschein von einer anderen Realität erwecken will als die, in der wir allgemein leben. Es passt auch zu den Sängern und Schauspielern auf der Bühne, die hin- und herpendeln zwischen dem, was sie sind und dem, was sie zu sein scheinen.
Viel Abwechslung
Was steht ab September denn jetzt genau auf dem Programm? Neun Opern, ein Ballett, drei Konzerte und zwei Veranstaltungen für das junge Publikum, dazu ein Meisterkurs für angehende Operndirigenten unter der Leitung von Chefdirigent Giampaolo Bisanti.
Eröffnet wird die Saison mit der bekannten Oper "Faust" von Charles Gounod, bevor Mozarts immer wieder gern gegebenes Meisterwerk "Cosí fan tutte" das breite Publikum anlocken soll. Als lockere Produktion zur Weihnachtszeit kommt mit Johann Strauss junior und seiner "Fledermaus" eine berühmte Operette nach Lüttich, und danach steht mit "La Dame de Pique" von Peter Tschaikowski eine berühmte russische Oper auf dem Spielplan. Gaetano Donizettis "Lucrezia Borgia" wird ebenso gegeben wie - zum ersten Mal überhaupt in Lüttich - die selten gespielte Oper "Il cappello di paglia di Firenze" von dem italienischen Filmkomponisten Nino Rota. Abgeschlossen wird die Saison im Juni mit einer obligatorischen Verdi-Oper, in diesem Fall "Otello".
Weltpremiere
Als ganz besonderes Highlight gibt es im Mai kommenden Jahres die erste Weltpremiere einer neuen Oper in Lüttich seit über 30 Jahren: Die Oper "Bartleby" nach dem gleichnamigen Roman von Herman Melville ist ein Kompositionsauftrag der Lütticher Oper an den belgischen Komponisten Benoît Mernier. Wie Stefano Pace sagt, ist die Arbeit mit einem lebenden Komponisten und seinem Librettisten sehr stimulierend, das kommt gerade im Opernbereich eher selten vor.
Dann gibt es in der kommenden Spielzeit auch ein Ballett, nämlich den Klassiker "Die Kameliendame" mit dem bekannten Hamburg Ballett. Im November findet ein Hommagekonzert zu Ehren der im vergangenen Jahr extrem jung verstorbenen belgischen Sopranistin Jodie Devos statt und im März eine Aufführung der Faust-Sinfonie von Franz Liszt. Bei den beiden Veranstaltungen für Kinder und junges Publikum steht Musik des Lütticher Komponisten André Ernest Modest Grétry im Mittelpunkt.
Alle Informationen findet ihr auf der Webseite der Lütticher Oper.
Patrick Lemmens