Mit der Kunsthistorikerin Dr. Ute Kleinmann von der Kulturstiftung Ruhr bin ich am Hauptportal der Villa verabredet: eine herrschaftliche Auffahrt, hohe Säulen, große Glastüren.
Bevor wir uns die Villa von innen anschauen, führt mich Ute Kleinmann erst einmal durch den Garten auf die Südseite des riesigen Hauses. Von dieser Perspektive aus bekommt man eine ungefähre Ahnung von der unglaublichen Größe der Villa. "Die Villa Hügel steht oberhalb des Ruhrtals, oberhalb des Baldeneysees, der allerdings nicht wie die Villa Hügel 150 Jahre alt ist, sondern erst 90 Jahre", erklärt sie.
Ich kann es kaum erwarten, jetzt endlich das Innere dieses Prachtbaus zu erkunden, der viele Geheimnisse zu bieten hat. Über eine Empfangsvorhalle gelangen wir zunächst in einen Saal, der so breit, lang und hoch ist, dass hier bequem vier Einfamilienhäuser Platz hätten.
Ringsum große Ölgemälde, mit deren Hilfe mir Ute Kleinmann einen Überblick über die Krupp-Dynastie verschafft. "Es sind alle Generationen vertreten, die hier in der Villa Hügel gewohnt haben: Alfred, seine Gattin Bertha. Rechts ihr Sohn Friedrich-Alfred, der Margaretha von Ende heiratete. Diese mit den beiden Töchtern Bertha und Barbara."
Gleich neben dem großen Saal, bestens versteckt hinter einem Vorhang, geht es über eine Treppe in den Keller. "Und plötzlich sind wir in einem ganz anderen Raum, in einem ganz anderen Ambiente, in einem Raum, der uns in eine ganz andere Kulturwelt bringt, nämlich in den so genannten China-Raum."
Die Sammlung umfasste mehr als 200 Objekte, von denen heute allerdings nur noch einige Porzellanstücke erhalten und in Glaswandschränken zu sehen sind. Eine prachtvolle Kassettendecke und Deckenbalken, die mit kunstvoll verzierten Pappmaché-Ornamenten umkleidet sind, die typische ostasiatische Drachendarstellungen zeigen. Wer hätte gedacht, dass sich unterhalb der Essener Villa Hügel so ein Stückchen China verbirgt?
Doch der riesige Keller hat noch mehr Überraschungen zu bieten. "Das ist natürlich auch eines der Highlights, das lange Zeit nicht zu besichtigen war", weiß Ute Kleinmann. "Fast zehn Jahre instandgesetzt, ist es ein wunderschönes kleines Jugendstilschwimmbad, dessen Keramik auf die Majolika in Karlsruhe zurückgeht."
Für das Kruppsche Schwimmbad verwendet man wunderschöne hellgrüne Kacheln. Als Schmuckelemente werden Reliefplatten mit Darstellungen von Fischen und Meereswellen eingesetzt. "Geschwommen wurde in kaltem Wasser, vermutlich in erster Linie auch für die Kinder zum Schwimmenlernen genutzt."
Zur Führung unterhalb der Villa gehört auch ein Blick in die großräumige Küche. Die Geräte stammen überwiegend aus den 1920er und 1930er Jahren und waren damals auf dem modernsten Stand der Technik.
"Man hatte auch schon Warmhalteschränke. Das Warmhalten war sicherlich ein schwieriges Thema, denn von der Küche aus musste das Essen in die oberen Etagen über einen Speiseaufzug transportiert werden. Ich glaube, das Essen war dann häufiger lauwarm."
Wir wollen nun auf unserem Weg durch die weitläufige Villa etwas Zeit sparen und benutzten den Lastenaufzug. Für den Schlusspunkt unseres Rundgangs hat sich Ute Kleinmann etwas ganz Besonderes aufgehoben.
"Eine Orgel mit Selbstspielapparat - das moderne Home-Entertainment der Familie Krupp. 1912 wurde sie bei der "Aeolian Company" in New York bestellt und spätestens 1914 eingebaut. Jede Orgelpfeife ist elektrifiziert. Alle Orgelpfeifen und der Blasebalg werden über einen Motor angetrieben."
Seit 1953 sind die riesige Parkanlage und der historische Gebäudekomplex eine vielbesuchte kulturhistorische Attraktion, bei der es viel zu entdecken gibt. Hinter einige bislang verschlossene Türen kann man erstmals in diesem doppelten Jubiläumsjahr bei Sonderführungen blicken.
Ausführliche Informationen über die Öffnungszeiten und auch über die Kulturveranstaltungen dort, gibt es auf der Webseite der Villa Hügel.
Alfried Schmitz
Bleibt nur zu hoffen und zu beten dass man nicht auch noch dort die letzten Bäume zusammen mit den letzten noch übrig gebliebenen altehrwürdigen Häusern des Bürgertums alle abreißt für noch mehr Totale Verwüstung des einstmals so schoenen und wohlhabenden Landes durch noch mehr Zubetonierung synchron mit der rasend schnell voranschreitenden De-Industrialisierung des selben Landes.
Prunk und immenser Reichtum, der auch vom Blut der Nazi-Gräueltaten befleckt ist - was vielleicht ebenfalls erwähnt worden sollte neben der Zurschaustellung des kunsthistorischen und kulturellen Erbes...?
Lieber Herr Hezel,
Sie haben vollkommen recht mit Ihrer kritischen Anmerkung. Zur Ehrenrettung muss erwähnt werden, dass die Krupp-Stiftung sehr engagiert mit einer entsprechenden historischen Aufarbeitung beschäftigt ist. Da wird die Rolle beleuchtet, die die Krupp-Dynastie als deutsche Waffenschmiede in zwei verheerenden Weltkriegen spielte, die engen Beziehungen, die zum deutschen Kaiserhaus und später zum Machtapparat der Nationalsozialisten unterhalten wurden. Auch die Beschäftigung von Zwangsarbeitern wird dabei untersucht. Informationen findet man auf den Seiten der Stiftung. Das konnte im Beitrag aus Zeitgründen nicht erwähnt werden. Daher vielen Dank für Ihren Kommentar.
Grüße, Alfried Schmitz
Woran sich mal die, die sich hier in der EU gegen die Entnazifizierung der EU mit "Händen und Fußtritten" wehren, alle ein Beispiel dran nehmen sollten. Thema Kongogreul, Kolaboration vieler EU-Länder mit dem NS-Regime, Judenverschleppung mit der SNCB, und viele andere abscheuliche Grausamkeiten gegen die Menschlichkeit beginnend bei den Spaniern um 1400.