Was für ein verstörender Ort: Auf der einen Seite die Schönheit der Landschaft, auf der anderen Seite das Grauen der Nazi-Ideologie. Das ist das Zentrum Vogelsang. 100 Hektar ist das Gelände Vogelsang groß. Es gibt wirklich viel zu entdecken. Darunter auch immer wieder aktuelle Ausstellungen. Eine von ihnen wurde nun eröffnet - "Auch Du gehörst dem Führer". Da geht es darum, wie Menschen schon in ganz jungen Jahren zu treuen Anhängern des Nationalsozialismus geformt wurden.
"Genau, das ist jetzt unsere neue Sonderausstellung, die wir am Montag eröffnet haben. Wir werfen in der Ausstellung auch einleitend einen Blick auf die Weimarer Republik, schauen uns den Schulalltag in dieser Zeit an, der anfangs von normalem Schulunterricht geprägt war. Da war nicht eine forcierte Ideologisierung der Jugend mit im Spiel. Ab 1933 kam dann natürlich ganz klar der Schritt, dass es eine Umerziehung im Sinne des Nationalsozialismus gab", erklärt Marc Meyer, Historiker Vogelsang IP.
Schon ab dem Alter von zehn Jahren ging es für Jungen und Mädchen in die Hitlerjugend: Dazu gehörten das "Jungvolk", oder auch der "Bund deutscher Mädel". Spätestens ab 1939 musste hier jeder mitmachen - jeder, der arischer Abstammung war.
Die Manipulation verlief schleichend. "Man hat verschiedenste Kanäle genutzt, um die Jugend für sich zu gewinnen. Man hat Spielzeug. Teilweise geschieht das auch in Form von Schülerzeitungen, die werden kostenlos an die Schüler verteilt. Da ist Unterhaltung mit drin. Die finden in diesen Zeitschriften dann auch Geschichten drin, wo dann gesagt wird: Da ist ein Hühnerzüchter, der hat kranke Hühner und gesunde Hühner in seiner Zucht und als schlauer Züchter sieht er ja zu, dass die kranken Hühner aus der Zucht entfernt werden. Sonst ist das ja gefährlich für die gesunden Hühner. Das heißt, man spricht gar nicht offen von Rasse oder Euthanasie in diesen Texten. Man hat versucht, das über Tiergeschichten zu vermitteln. Das finden wir in diesen Schülerzeitschriften, die umfänglich verteilt wurden."
Auch Ostbelgien ist Teil der umfassenden Schau zur Manipulation der Jugend. Schon vor der Annektion der Kantone Eupen-Malmedy-St. Vith im Jahr 1940 waren nationalsozialistisch orientierte Jugendgruppen in Ostbelgien aktiv. "Die Gruppe für Mädchen nannte sich dann beispielsweise nicht "Bund deutscher Mädel". Man nannte sich "Frohe Mädel". Aber auch all das wurde durch Organisationen im Deutschen Reich finanziert, um dann schon ein Stück Idealisierung dieser Jugend zu gewährleisten."
Zeit mitbringen
Mehr als zwei Jahre haben die Ausstellungsmacher an der Schau gearbeitet. Auch die Bevölkerung rund um Schleiden, Euskirchen und Monschau war dazu aufgerufen, Erinnerungsstücke aus dieser Zeit zusammenzutragen.
Wer hierher kommt, sollte Zeit mitbringen. "280.000 Menschen kommen hier jedes Jahr hin. Davon sind rund 30 Prozent Jugendliche - um zu erleben, was der Nationalsozialismus an diesem Ort geschaffen hat. Was entdecken wir hier? Vogelsang ist eine der größten Hinterlassenschaften nationalsozialistischer Propaganda-Architektur. Vogelsang ist auch ein Täterort. Hier wurden die Männer ausgebildet, die im Zweiten Weltkrieg zu Tätern werden sollten, die an den schlimmsten Verbrechen - dem Holocaust - an wesentlicher Stelle beteiligt werden sollten."
Die Ausstellung ist täglich im Besucherzentrum Vogelsang zu sehen. Der Eintritt ist frei. Wer Interesse an Führungen hat, kann diese buchen. Bis Ende des Jahres gibt es zudem ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und einer Filmvorführung.
Mehr Informationen zur Ausstellung "Auch du gehörst dem Führer" gibt es auf der Webseite von Vogelsang.
Rahmenprogramm zur Sonderausstellung
Donnerstag, 12. Oktober: Vortrag F.A. Heinen, "Tod an der Mordkaul"
Mittwoch, 8. November: Vortrag Rainer Hülsheger, "Die Adolf-Hilter-Schulen 1937-1945"
Sonntag, 26. November: Filmvorführung "Napola - Elite für den Führer"
Simonne Doepgen
Bestimmt sehenswert. Es ist bedenklich genug, dass auch heute junge Menschen von totalitären Systemen verführt werden. Zu nennen sind Nordkorea, Russland, Iran. Selbst in unserem Breitengraden werden junge Menschen verführt. Davon zeugen die Skandale in der katholischen Kirche. Ein anderes Beispiel sind die Klima-Kleber oder Friday for Future, die glauben, sich opfern zu müssen wegen des Klimas.
Verführung kann nur gelingen, wo der gesunde Menschenverstand aussetzt und man mit Gefühlen spielt. Gefühle und Politik sind eine brisante Mischung mit meist negativen Auswirkungen.