"1984" ist Christian Klinkenbergs dritte Oper, nach "Das Kreuz der Verlobten" und "Der Gletscher". Grundlage des Werks ist das gleichnamige Buch von George Orwell aus dem Jahr 1949. Der englische Schriftsteller beschreibt darin eine düstere Welt, in der ein totalitärer Überwachungsstaat seine Bewohner unterdrückt und gleichzuschalten versucht.
Christian Klinkenberg hat diese Oper gemeinsam mit der Autorin und Regisseurin Ela Baumann geschrieben. Die großen Linien der Handlung von George Orwell haben sie beibehalten.
Klinkenberg und Baumann haben in ihrer Version von "1984" den Staat von George Orwell – oder vielmehr die allmächtige Partei – durch die Künstliche Intelligenz ersetzt. Diese KI gibt vor, den Menschen vor sich selbst schützen zu wollen, indem sie beispielsweise verhindert, dass er die Natur weiter zerstört. De facto wird allerdings die Freiheit der Bürger massiv eingeschränkt, und was einmal als Hilfsmittel und Erleichterung für den Menschen gedacht war, führt zu seiner totalen Überwachung und Kontrolle.
Als der Komponist und die Autorin vor einigen Jahren zum ersten Mal über das Thema der Künstlichen Intelligenz sprachen, war noch gar nicht klar dass schon heute ChatGPT und KI zum Alltag gehören würden, und dass die Unsicherheit der Menschen gegenüber intelligenten Computern auch im wirklichen Leben drastisch zunimmt. Die Ausdrucksform der Oper ist laut Christian Klinkenberg bestens geeignet, um ein solches Thema auf die Bühne zu bringen.
In "1984" testet der Komponist verschiedene musikalische Richtungen ausführlich aus. Neben der für Christian Klinkenberg charakteristischen mikrotonalen Musik gibt es Ausflüge in den Jazz und Pop, ja sogar ein Walzer ist mit dabei. Mit Synthesizer, Drums, Bass, Violine und zwei Sängern ist das Live-Orchester weniger groß besetzt als in Klinkenbergs früheren Opern, aber dafür ist die stilistische Bandbreite größer. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich erwartet die Zuhörer am Samstagabend im Alten Schlachthof in Eupen also ein spannendes und sehr aktuelles Werk, das den einen oder anderen mit Sicherheit zum Nachdenken anregen wird und auch soll.
Patrick Lemmens