"Mein Name ist Bart Ouvry. Ich bin seit einigen Wochen Leiter des Afrika-Museums." Auch Deutsch spricht Bart Ouvry, neuer Leiter des Afrika-Museums in Tervuren. Am 30. April war er mit dem Flugzeug aus der malischen Hauptstadt Bamako gekommen. Am nächsten Tag begann er seinen neuen Job im Museum vor den Toren von Brüssel.
Es ist das erste Mal, dass Ouvry ein Museum leitet. Der studierte Historiker und Kommunikationswissenschaftler aus Gent hat seine Karriere vor allem als Diplomat verbracht. Im Dienst für Belgien und die Europäische Union war er sowohl in Kuweit als auch in Genf, Kenia, dem Kongo und zuletzt eben in Mali. Warum jetzt ein Museum? "Als Historiker und Diplomat bin ich fasziniert davon, wie man mit der Vergangenheit umgeht", erklärt Ouvry im Gespräch mit dem BRF. "Und für mich ist das Museum ein Ort, an dem wir lernen, mit der Vergangenheit umzugehen. Aber auch ein Ort, um auf die Zukunft schauen können."
Als neuer Chef des Afrika-Museums sieht Ouvry seine Hauptaufgabe in zwei Dingen: Zum einen möchte er das interdisziplinäre Arbeiten der zahlreichen Wissenschaftler des Museums weiterentwickeln. Bewusst soll dabei die Forschung europäischer und afrikanischer Wissenschaftler gefördert werden. Zum anderen will Ouvry das vor fünf Jahren neu eröffnete und renovierte Museum zu einem Treffpunkt aller machen, die sich für Afrika interessieren. Dabei sollen die Kolonialgeschichte Belgiens und der Umgang mit ihr heute natürlich eine Rolle spielen. Inklusive der Frage, was mit Gegenständen passieren soll, die eventuell illegal aus Afrika nach Tervuren gelangt sind.
Aber diese Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte soll nicht alles andere in den Hintergrund drängen. "Afrika hat eine viel längere Geschichte", begründet das Ouvry. "Da war schon enorm viel passiert, als die ersten Kolonialmächte sich langsam für Afrika interessierten. Auch heute hat Afrika die Ambition, nicht mehr durch die koloniale Brille betrachtet zu werden. Sondern als mehr. Als ein Afrika, das eine Zukunft hat."
Mit 62 Jahren ist Ouvry, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, nicht gerade ein junger Nachfolger für bisherigen Museumsleiter Guido Grysells. Der war im September nach gut 20 Jahren an der Spitze des Museums mit 70 Jahren in den Ruhestand gegangen. Ob er glaube, dass seine Nominierung eine Art Übergangslösung sein könnte, um nach seinem altersbedingten Ausscheiden eventuell ganz neue Wege in der Museumsleitung einzuschlagen? Ouvry winkt ab. Für die Stelle des Museumsleiters habe es ein Auswahlverfahren gegeben, und dabei sei die Wahl auf ihn als den Geeignetsten gefallen, aufgrund objektiver Kriterien. "Ich sehe mich nicht als eine Übergangslösung", sagt Ouvry wörtlich. "Meine Legitimität liegt in der Tatsache, dass ich Vor-Ort-Erfahrung habe. Ich habe gut zehn Jahre in Afrika gelebt, und das gibt mir eine gewisse Legitimität, dieses Museum zu leiten."
Kay Wagner