Es ist der 25. Januar 1945. Die blutigsten Tage der Ardennenoffensive sind vorbei. Unerbittlich knirscht der Schnee unter den Füßen der Soldaten. Hier vor den Toren St. Viths gehen die Kämpfe weiter. So auch rund um das Schloss Wallerode.
"Es liegt Schnee und es ist sehr kalt. Es war alles zerschossen. Es lag sehr viel Munition hier herum, es lagen hier sehr viel zerstörte Geräte herum", beschreibt Schlossherr Karl von Frühbuss das Szenario. Für ihn ist die Vergangenheit hier allgegenwärtig. Bis heute kommen regelmäßig Kriegsrelikte aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorschein.
Im Schnee, am Fuße eines Baumes, liegt eine Granate. "Ja, das ist ein Überrest, den wir bei den Ackerarbeiten im Herbst gefunden haben und den ich hierhin gebracht habe, für den Minenräumdienst, der sich darum kümmern muss."
Am 25. Januar 2023 liegt diese Granate wie selbstverständlich im Schnee. Kaum zu fassen und doch real. Und damit wird das Schicksal des jungen Kriegsfotografen Hugh Francis McHugh lebendig. Fotos aus dieser Zeit sind nun in einer Ausstellung im Schloss Wallerode zu sehen. Zum ersten Mal werden die großformatigen Bilder einem breiten Publikum gezeigt.
Dabei sind die 78 Jahre alten Aufnahmen von höchster Qualität: "Der Fotoapparat war nicht wie heute mit einem durchgehenden Film bestückt, sondern jedes Negativ musste einzeln in die Kamera geführt werden und auch einzeln wieder heraus geholt werden. Und dann musste der Fotograf quasi genau schreiben, wann er dieses Foto wo aufgenommen hatte, auch wen er fotografiert hatte. Damit das genau archiviert werden konnte. Die Entwicklung geschah dann in London. Archiviert wurde in Amerika. Somit haben wir heute noch die genauen Beschreibungen des Fotografen."
Jedes Foto war ein Wagnis auf Leben oder Tod. Das war so vor 78 Jahren. Und das ist auch heute noch so in jedem Kriegsgebiet. Am 25. Januar 1945 befindet sich die siebte US-Panzerdivison auf dem Vormarsch bei Wallerorde. Es ist -20 Grad kalt, der Schnee ist hart und die Sicht diesig. Hugh Francis McHugh ist 22 Jahre alt, als er sein letztes Foto schießt.
"Er begleitete die Soldaten, die von St. Vith aus kommend, hier das Dorf eroberten und von den Deutschen quasi säuberten. Er hat mehrere Fotos hier nach Wallerode kommend aufgenommen. Und er ist hier im Hof gewesen. Hier hat er auch Fotos aufgenommen. Dann ist er wieder zurück zur kämpfenden Truppe und da sind sie von einem Scharfschützen unter Feuer genommen worden, der in einem Walleroder Kirchturm saß und er wurde dann im Kopf getroffen, weil er die Zurufe der Kameraden nicht hörte. So ist er dann zu Tode gekommen."
Die Kamera, eine Speed Graphic, wird von einem Filmkameramann im Schnee gefunden. Die geschossenen Fotos erzählen uns heute von dem Schicksal des jungen Fotografen. "Das war das große Problem der Kriegsfotografen. Sie waren nicht bewaffnet mit einer Waffe, sondern nur mit ihrem Fotoapparat. Sie waren darauf angewiesen, dass die Soldaten um sie herum sie beschützten."
36 Fotos aus den letzten Tagen der Ardennenoffensive. Den Anstoß zur Ausstellung bekam der 58-jährige Schlossherr im Sommer. Schließlich waren bei der Renovierung des Pferdestalls Graffitis von US-Soldaten gefunden worden. Bei den Recherchen stieß Karl von Frühbuss auf Fotos des jungen Korporals.
"Vor dem Hintergrund des Geschehens in der Ukraine sind diese Bilder für mich von höchster Aktualität. Das Problem ist, dass es viele für selbstverständlich halten, dass unsere Freiheit des Denkens und des Handelns gegeben sind. Aber das ist nicht so. Überall auf der Welt und auch hier vor unserer Haustüre wird die Demokratie oft mit Füßen gestoßen und wir müssen uns bewusst sein, dass all das nicht selbstverständlich ist. Und dass all die gefallenen Soldaten, seien es jetzt zivile Opfer oder auch Soldaten, die für diese Freiheit gestorben sind. Dass wir diese Werte hoch halten müssen. Und diese Ausstellung soll auch ein bisschen das Bewusstsein für diese Werte schaffen."
Gekämpft und gestorben für die Freiheit. Ein Kamerad schaut besorgt in die Kamera. Dann fällt der tödliche Schuss. Nur wenige hundert Meter vom Schloss Wallerode entfernt. Eine solche Geschichte darf sich nicht wiederholen.
Die Ausstellung "Die letzten Tage des Hugh Francis McHugh" ist diesen Sonntag von 13 bis 17 Uhr im Schloss Wallerode zu sehen. Auch an den folgenden Wochenenden ist die Ausstellung samstags und sonntags bis zum 12. Februar jeweils von 13 bis 17 Uhr zugänglich. Zu den Öffnungszeiten ist auch der Schlossherr vor Ort.
Adresse: Schlossstraße 21, 4780 St. Vith.
Simonne Doepgen
Lieber Karl, herzlichen Glückwunsch zur beeindruckenden Austellung und Hochachtung für Dein geschichtliches und politisches Engagement. Viele Grüße auch an Deine Mutter.
Karl,
Chapeau für die Arbeit die Ihr Team gemacht hat so eine interesante Ausstellung auf zu stellen. Eure Arbeit ist ein wunderbares Zeichen des Respekts für einen einfachen Soldaten mitten in einem Weltkrieg.
Ich lebe schon 32 Jahre in den USA. Ist die McHugh Familie in NY informiert über diese Ausstellung? Wenn, nicht kann ich helfen eine Informationsbrücke zu bauen.
Beste Güsse, Ludwig Dries, St. Charles, Illinois / ex Wiesenbach
Es ist wirklich wie man Photos um die ganze Welt schicken kann, so kann man viele Interessenten erreichen. Unsere Generation ist noch interessiert an Kriegsinformationen,besonders weil es sich in unserer Gegend abgespielt hat. ich habe auch schon mehrere Kriegsbücher gelesen, von der Ardennen offensive. interessant zu wissen was damals 1944 passiert war.