Nur noch drei Tage bis zur Premiere: Felix Ensslin arbeitet hoch konzentriert mit seinen Schauspielern. Gemeinsam haben sie um Inhalt und Form gerungen. Ausgangspunkt für die Inszenierung war die "Farm der Tiere", in der George Orwell 1945 eine konkrete historische Situation vor Augen hatte - "nämlich dass die Revolution in Russland, seiner Meinung nach, von Stalinisten sozusagen gekapert wird", erklärt Felix Ensslin, der Regisseur des Stücks.
"Er war Sozialist und wollte damit eigentlich aufzeigen, dass es einen besseren Weg gibt. Heute gibt es bestimmte Vorstellungen, gesellschaftliche Realitäten, die es uns schwer machen, an eine andere oder bessere Zukunft zu glauben. Das Stück greift diese Diskussionen in der gleichen Weise auf, wie Orwell das mit seiner Zeit und den Erfahrungen der russischen Revolution gemacht hat."
Die Katze aus der Animal Farm wird zur Hauptfigur im Menschenpark: einer Theatermacherin, die sich für die Wissenschaft entschieden hat, weil sich dort bessere Ergebnisse erzielen lassen als in der Kunst. Sie will Menschen optimieren. Ihre Versuchsobjekte: ehemalige Linke.
Der Menschenpark ist eine Anspielung an eine Rede des deutschen Philosophen Peter Sloterdijk. Hier geht es nicht darum Menschen zu befreien, sondern zu verbessern - mittels moderner Technologie und Wissenschaft. "Die alte Problematik, der gesellschaftliche Konflikt zwischen Arbeit und Kapital, ist eigentlich nicht mehr das Wesentliche, sondern der Konflikt zwischen reichen Ländern und Menschen, die Zugang haben zu Technologien der Zukunft wie gentechnische Optimierung, körperliche Optimierung oder Intelligenzoptimierung, und solchen, die das nicht haben. Das ist der neue Klassenkonflikt", sagt Ensslin.
"Animal Farm - Theater im Menschenpark" - das ist auch eine Reflexion über die Geschichte und Entwicklung des Agora-Theaters, mit dem Ensslin zum ersten Mal zusammenarbeitet. "Was mich fasziniert hat, ist die Gründungsgeschichte aus einem egalitärem Impuls heraus und der Spielgedanke bei Marcel Kremer, eben dass alle alles machen - ganz ähnlich wie Animal Farm", findet Ensslin.
Mit den Spielern hat Ensslin eine gut zweistündige Produktion erarbeitet, die, so räumt er ein, an gewissen Stellen auch einen Überforderungscharakter haben könne. "Es gibt unterschiedliche Mittel und Bilder, mit denen man als Zuschauer auch leicht überfordert sein kann - allerdings immer wieder durchbrochen durch emotionale Momente, musikalische Momente, erzählerische Momente, die die Logik des Stücks selbst miterzählen und eher die Erkenntnis über den Affekt ermöglichen als über das Nachkommen im Denken."
Zur Erkenntnis gehört, dass es schwer ist, sich eine andere Welt vorzustellen als die in der wir leben. "Wenn wir an die Menschen denken, die an den Grenzen Europas sterben, an die sozialen Verwerfungen in unseren Gesellschaften, an die Schere zwischen arm und reich, ist es schwer vorstellbar, dass es andere Welt geben könnte", so Ensslin.
Und dennoch wünscht sich Ensslin, "unabhängig von den Widerständen und von dem, was um einen herum passiert, bei seinem Text zu bleiben, sich treu zu bleiben, seinen Ideen treu zu bleiben, und trotz der Schwere eine Freude und ein Genießen damit zu verbinden".
Die Premiere von "Animal Farm - Theater im Menschenpark" am Donnerstagabend ist ausverkauft. Karten gibt es noch für Freitag und Samstagabend sowie für die Vorstellung am Sonntag um 17:00 Uhr im Rahmen von Theater.Satt.
Michaela Brück - Fotos: Willi Filz/Agora