In der Flüchtlingskrise setzt die Europäische Union auf die Türkei. In der Nacht hatten sich die 28 Staats- und Regierungschefs auf eine gemeinsame Position verständigt. Darüber verhandeln die Spitzen von EU-Rat und Kommission seit dem Morgen mit dem türkischen Ministerpräsidenten. Alles dreht sich um die Frage, wie weit Brüssel Ankara jetzt entgegenkommt.
"Ich hoffe, wir werden unser Ziel erreichen. Das heißt Hilfe für die vielen Flüchtlinge und Stärkung der Beziehungen zwischen der Türkei und Europa", sagt der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Auf der anderen Seite des Frühstückstischs: Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Sie sollen den Türken das neue europäische Angebot schmackhaft machen.
Ziel des Abkommens soll es sein, die illegale Migration über die Ägäis nach Griechenland zu stoppen und den Menschenschmugglern das Handwerk zu legen. Ankara soll alle Flüchtlinge zurücknehmen, die in Griechenland keinen Asylantrag stellen wollen. Im Gegenzug verpflichtet sich die EU, je einen syrischen Flüchtling legal in die Union einreisen zu lassen.
Doch auch die Türkei stellt Forderungen - unter anderem eine Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen mit der EU und Visafreiheit für türkische Bürger, die nach Europa reisen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht von "nicht ganz einfachen Verhandlungen".
Ein Flüchtlings-Deal mit der Türkei dürfe kein Blankoscheck sein für alle anderen Bereiche, erklärte etwa Premierminister Charles Michel in der Nacht. "Eine Abmachung ist möglich, aber nicht sicher."
Viel ist bislang über den Inhalt der Gespräche nicht durchgesickert. Sollte es zu einer Einigung kommen, soll sie rasch umgesetzt werden. Womöglich noch am Wochenende, um keinen "Ansaugeffekt" für Flüchtlinge im Schlussspurt auf der Ägäis-Route im Mittelmeer zu schaffen.
Trotzdem bleibt Michel skeptisch: "Selbst wenn die EU den Pakt mit der Türkei schließt, bleiben viele technische und rechtliche Fragen schwierig. Was in der Theorie funktioniert, muss ständig auf seine Praxistauglichkeit überprüft werden."
Alain Kniebs - Bild: Denis Closon/BELGA