Trotz des russischen Teilabzugs aus Syrien hat Kremlchef Wladimir Putin mit neuen Kampfeinsätzen in dem Bürgerkriegsland gedroht. "Wenn nötig, ist Russland binnen weniger Stunden in der Lage, seine Truppenstärke in der Region ausreichend zu verstärken", sagte Putin am Donnerstag in Moskau.
Der Präsident hatte am Montag überraschend angeordnet, große Teile der russischen Streitkräfte aus Syrien abzuziehen. Ihre Aufgabe sei im Großen und Ganzen erfüllt, hieß es zur Begründung. Seitdem sind zahlreiche Kampfflugzeuge in ihren Heimatstützpunkten eingetroffen. Luftwaffenchef Viktor Bondarew kündigte in der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" an, der Abzug solle noch in dieser Woche vollzogen sein.
Bei einem Empfang im Kreml zeichnete Putin 17 am Donnerstag Soldaten mit Orden verschiedener Grade aus und dankte ihnen für ihren Einsatz. Eine neuerliche militärische Eskalation in Syrien sei nicht Russlands erste Wahl, bekräftigte der Oberbefehlshaber. "Ich würde das nicht wollen." Er hoffe darauf, dass der Abzug eines bedeutenden Teils der Streitkräfte ein wichtiges Signal für die Friedensverhandlungen in Genf sei.
Die schwierigen Gespräche waren am selben Tag in eine neue Runde gegangen, als Putin den unerwarteten Abzugsbefehl gegeben hatte. Nun stärkte der russische Präsident dem umstrittenen syrischen Machthaber Baschar al-Assad demonstrativ den Rücken. Assad sei zurückhaltend, kompromiss- und dialogbereit, sagte Putin.
Russland hatte den Kampf gegen Terrorgruppen als wichtigstes Ziel seiner militärischen Intervention angegeben. Menschenrechtler werfen Russland vor, bei seinen Luftangriffen in den vergangenen fünfeinhalb Monaten immer wieder auch Zivilisten und moderate Rebellen getötet zu haben. Syrische Aktivisten und der Westen halten zudem Assad vor, bei seiner von Russland unterstützten Militäroffensive massiv gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen.
Lobende Worte fand der Kremlchef für die USA, mit denen Russland die seit Ende Februar geltende Waffenruhe in Syrien ausgehandelt hatte. Die Zusammenarbeit mit Washington sei konstruktiv und positiv, sagte Putin. Kommende Woche werden US-Außenminister John Kerry und sein deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier zu Gesprächen in Moskau erwartet. Steinmeier wolle den russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow am Mittwoch (23. März) treffen, ein Datum für Kerrys Besuch sei noch nicht abgestimmt, teilte das Außenministerium in Moskau mit.
Unklar blieb zunächst, wie stark Russland nach dem Teilabzug in Syrien präsent bleiben will. Moskau verfügt über zwei Stützpunkte in dem Bürgerkriegsland. Militärexperten gehen von etwa 1000 Soldaten aus, die auf der Luftwaffenbasis Hamaimim in der Provinz Latakia sowie auf der Marinebasis Tartus weiterhin stationiert sein sollen.
Der Einsatz in Syrien habe bisher 33 Milliarden Rubel (420 Millionen Euro) gekostet, sagte Putin. Die Wirtschaftszeitung "RBK" hatte die Kosten am Mittwoch auf umgerechnet etwa 490 Millionen Euro geschätzt.
dpa/okr - Bild: Alexei Nikolsky/Sputnik/AFP