Die Europäische Union fordert von Russland ein sofortiges Ende von Luftschlägen gegen die moderate Opposition in Syrien. "Die jüngsten militärischen Angriffe, die nicht auf den Islamischen Staat (IS) und andere Terrorgruppen zielen (...), geben Anlass zu tiefer Besorgnis und müssen sofort eingestellt werden", heißt es in einer Erklärung der EU-Außenminister. Das Regime gewann gleichzeitig am Montag im Kampf gegen Rebellen weiteres Gelände.
"Diese militärische Eskalation birgt das Risiko einer Verlängerung des Konflikts", warnen die EU-Staaten. Zudem behindere sie die politischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts. Folge könne eine weitere Zuspitzung der humanitären Krise und eine weitere Radikalisierung von Konfliktparteien sein.
Russland hatte vor fast zwei Wochen in Syrien mit Luftangriffen begonnen. Dem Kreml zufolge sollen sie den IS zurückdrängen. Die Mehrheit der Angriffe richtet sich westlichen Regierungen und Aktivsten zufolge jedoch vor allem gegen Kräfte, die mit den Extremisten verfeindet sind. Moskau unterstützt damit eine Offensive des Regimes gegen ein Bündnis moderater und radikaler Rebellen.
Die syrische Armee und ihre Verbündeten - darunter Kämpfer der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah - konnten nördlich der Stadt Hama vormarschieren. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte drangen sie in den Süden des strategisch wichtigen Ortes Kafr Nabudah ein. Russische Jets hätten mindestens 40 Angriffe geflogen. Bereits am Wochenende hatten Regimekräfte in der Region zwei Orte eingenommen.
Russland bekräftigte seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Westen im Syrienkonflikt. "Es geht nicht nur um das Vermeiden unabsichtlicher Zwischenfälle, sondern auch um eine Koordination gemeinsamer Handlungen", sagte Außenminister Sergej Lawrow. Russland sei vor allem interessiert, von der US-geführten Koalition Informationen über die Stellungen von Terroristen zu erhalten.
Im Kampf gegen den IS schlossen sich unterdessen im Nordosten des Landes mehrere vom Westen unterstützte Milizen zu einem neuen Militärbündnis zusammen. Zu der Allianz Demokratische Kräfte Syriens gehören neben den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) unter anderem Einheiten der moderaten Freien Syrischen Armee (FSA), wie die Syrische Beobachtungsstelle erklärte.
Das Bündnis wird demnach von der Koalition westlicher und sunnitisch-arabischer Staaten unterstützt, die unter Führung der USA seit mehr als einem Jahr IS-Ziele in Syrien aus der Luft angreift. Ziel sei es, die nordsyrische IS-Hochburg Al-Rakka aus den Händen der Extremisten zu befreien. Das Bündnis ist das Ergebnis einer neuen Syrienpolitik der USA. US-Medien hatten berichtet, Washington wolle im Nordosten Syriens eine Truppe von mehr als 20 000 Kurden und bis zu 5000 Arabern fördern und sie mit Waffen ausrüsten.
EU-Staaten uneins über Assads Zukunft
Assad trage die größte Verantwortung für das Blutvergießen in Syrien und die inzwischen 250.000 Toten des Bürgerkriegs. Ob man den Machthaber aus Damaskus in die Suche nach einer Lösung miteinbeziehen soll, darüber gehen die Meinungen der Europäer weit auseinander.
Deutschland und die Slowakei meinen, man müsse mit Assad reden. Frankreich und Großbritannien halten das für ein falsches Signal. Damit treibe man die gemäßigte Opposition nur in die Arme des IS. Luxemburg warnte vor einem politischen Vakuum in Syrien – wie seinerzeit in Lybien.
dpa/okr - Bild: John Thys (belga)